Das Internet der Dinge steckt immer noch in den Kinderschuhen, aber hat sich bereits einen Ruf als ausgewachsenes Sicherheitsrisiko gemacht. Ob Router, Drucker, Smart-TV, Spielzeug oder Waschmaschinen - vernetzte Geräte werden für Cyberkriminelle zum Werkzeug für illegales Krypto-Mining, DDoS-Angriffe bis hin zur Lösegelderpressung durch angedrohte Datenlöschung, wie im Fall des Spielzeugherstellers Spiral Toys. Dessen Datenleck machte 2017 Schlagzeilen, bei dem mehr als 800.000 Nutzer betroffen waren.
Die IoT-Malware-Landschaft entwickelt sich stetig weiter, während die Sicherheitsvorkehrungen meist noch rudimentär sind. Das Anfang des Jahres entdeckte Botnet "Hide and Seek" bettet, im Gegensatz zur berüchtigten DDoS-Mirai-Malware, eine Vielzahl von Befehlen wie Datenexfiltration, Code-Ausführung und Interferenz mit dem Betrieb des Geräts ein.
Die Sicherheitsrisiken im IoT-Bereich sind Großteils auf das rasante Tempo zurückzuführen, mit dem IoT-Devices weltweit implementiert werden - 20 Milliarden installierte Geräte sind nach Schätzungen von Gartner bis Ende 2020 zu erwarten. Im hart umkämpften Technologiesektor hat der Eifer, als erster mit erschwinglichen IoT-Geräten auf den Markt zu kommen, dazu geführt, dass viele Hersteller selbst einige der grundlegendsten Sicherheitsprinzipien zugunsten schneller Entwicklungszyklen außer Acht gelassen haben.
Hinzu kommt, dass die Kombination aus übertriebener Kostenkontrolle und dem Streben nach Benutzerfreundlichkeit noch weniger Raum für robuste Sicherheitsmaßnahmen lässt. Viele IoT-Geräte verwenden extrem preiswerte Verarbeitungseinheiten. Diese Geräte sind oft speicher- oder eingabebeschränkt, was wohl eine einfache Funktionalität ermöglicht, aber wenig bis gar keinen Platz für zukünftige Updates oder Patches lässt. Da die Lebensdauer dieser Devices oft bei über zehn Jahren liegt, stellen sie vor dem Hintergrund immer neuer Bedrohungen ein ernstzunehmendes Sicherheitsproblem dar.
- IoT-Security - was die Hersteller davon halten
Vertreter führender Security-Anbieter diskutierten mit ChannelPartner über Stand, Entwicklung und Perspektiven für den Channel bei IoT-Security. Ihre Vertreter entsandten unter anderem Sophos, WatchGuard, ESET, Trend Micro, Avast, G Data sowie Link11. - Sven Janssen, Sophos
"In Firmen geht es zunächst einmal darum zu schauen, was überhaupt für ein Risiko entstehen kann. Partner können bei dieser Bestandsaufnahme helfen, darauf hinweisen, dass und warum IoT-Geräte potenzielle Sicherheitslücken sind und Bewusstsein dafür wecken, dass dieser Aspekt in eine Security-Strategie eingebunden werden muss". - Richard Werner, Business Consultant bei Trend Micro
"Bei hochpreisigen Geräten hat der Hersteller ein Interesse daran, die so sicher wie möglich zu machen. Da haben wir unsere Lösungen. Für den Home-User wird der Ansatzpunkt nach wie vor der Router sein." - David Beier, Partner Account Manager bei Avast
"Im Konsumentenbereich ist es schwer, alle Geräte abzudecken, sehe auch eher den Ansatz, dass die Security-Hersteller mit den Endgeräteanbietern kooperieren." - Tim Berghoff, Security Evangelist bei G Data
"Den Endanwender sollte man so weit wie möglich von der Aufgabe entbinden, für IT-Security selber aktiv werden zu müssen", empfiehlt. - Maik Wetzel Channel Sales Director DACH bei ESET
"Bei Smart TVs gibt es unterschiedliche Betriebssysteme. Manche Hersteller - und das ist der spannende Ansatz - nutzen Security als zusätzliches Verkaufsargument für ihre Geräte. Da fängt es an interessant zu werden - auch für uns als Security-Hersteller." - Hagen Renner, Link11
"Partner für IoT-Security brauchen spezielles Know-how, um auf andere Ansprechpartner bei den Kunden zuzugehen. Es gibt bisher eine kleine Anzahl von Partnern, die sich damit befassen und spezielles Know-how aufbauen. Das sind dann aber auch diejenigen, die von den Kunden nach Unterstützung gefragt werden." - Thomas Huber, Nutanix
"Wenn jeder seine eigenen Lösungen baut, wird es wesentlich unsicherer bleiben, als wenn wir uns in der IT-Security-Branche zusammen als 'die Guten' verstehen und überlegen, wie wir gemeinsam vorgehen können." - Michael Haas, Area Sales Director Central Europe bei WatchGuard
"Kaum ein Heimanwender wird seinen Fernseher in Bezug auf IT-Sicherheit konfigurieren wollen. Dafür wird es gemanagte Services geben. Ähnlich wird es im SMB-Markt aussehen." - Peter Neumeier, Head of Channel Germany bei Kaspersky Lab DACH
"Auf Seite der Entwickler und Anbieter ist es wichtig, dass sie von Beginn an IT-Sicherheits- und Datenschutzaspekte bei ihren Produkten integrieren. Das Stichwort hier wäre Security-by-Design." - Torsten Harengel, Leiter Security, bei Cisco Deutschland
"Wenn Unternehmen kontinuierlich mit hoher Priorität ihre Systeme auf einem aktuellen Stand halten und Patches so schnell wie möglich einspielen, verringern sie die Risiken eines Angriffs deutlich." - Michale Veit, Security-Experte bei Sophos
"Die meisten IoT-Geräte werden nicht mit dem Fokus auf Sicherheit hin entwickelt ."
Sieben Punkte zur Verbesserung der IoT-Sicherheit
1) Geräteauthentifizierung und -identität
Die korrekte und sichere Authentifizierung mit individueller Geräteidentifikation ermöglicht den Aufbau einer sicheren Verbindung zwischen den Geräten selbst und den Backend-Steuerungssystemen. Wenn jedes Gerät seine eigene eindeutige Identität hat, können Unternehmen schnell bestätigen, dass das kommunizierende Gerät tatsächlich dasjenige ist, das es vorgibt zu sein. Dazu ist eine individuelle Geräteidentifikation auf Basis von Lösungen wie Public Key Infrastructure (PKI) erforderlich.
Roundtable: IoT-Security steht erst am Anfang
2) Physische Sicherheit
Die physische Sicherheit ist von größter Bedeutung. Deshalb sollte die Integration von Sicherungsmaßnahmen gegen Manipulation in Gerätekomponenten bei Entwicklern im Vordergrund stehen, um zu verhindern, dass sie dekodiert werden können. Darüber hinaus sollte dafür gesorgt werden, dass Gerätedaten im Zusammenhang mit Authentifizierung, Identifikationscodes und Kontoinformationen gelöscht werden können, wenn ein Gerät gefährdet ist, um Datenmissbrauch zu verhindern.
3) Verschlüsselung
Beim Einsatz von IoT-Lösungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass der Datenverkehr zwischen Geräten und Backend-Servern ordnungsgemäß verschlüsselt ist. Die Sicherstellung der Verschlüsselung von Befehlen und die Überprüfung der Befehlsintegrität durch Signierung oder starke Kodierung sind entscheidend. IoT-Geräte sollten auch alle gesammelten sensiblen Benutzerdaten verschlüsseln, um die Datensicherheit zu erhöhen.
4) Firmware-Updates
In der Eile, neue IoT-Produkte auf den Markt zu bringen, bauen Hersteller manchmal Geräte ohne Firmware-Update-Fähigkeit. Ein konsistenter Prozess, der eine flexible Firmware-Bereitstellung bietet, ermöglicht die Entwicklung neuer Produkte. Gleichzeitig ist garantiert, dass wichtige Sicherheitsfixes universell über bestehende Produktlinien verteilt werden können.
Lesetipp: Was bedeutet eigentlich Cyber Security?
5) Sichere Kodierung
IoT-Entwickler müssen sichere Kodierungsverfahren implementieren und diese im Rahmen des Software-Build-Prozesses auf das Gerät anwenden. Die Konzentration auf Qualitätssicherung und die Identifizierung und Behebung von Schwachstellen als Teil des Entwicklungszyklus optimiert die Sicherheitsbemühungen und trägt dazu bei, Risiken zu minimieren.
6) Schließen von Backdoors
Der Bau von Geräten mit Backdoors, sei es zu Überwachungs- oder Strafverfolgungszwecken, ist alltäglich geworden. Diese Vorgehensweise beeinträchtigt jedoch die Integrität und Sicherheit des Endbenutzers. Hersteller müssen dafür Sorge tragen, dass weder bösartiger Code noch Backdoors eingeführt werden und die UDID (Unique Device ID) des Geräts nicht kopiert, überwacht oder erfasst wird. So wird vermieden, dass, wenn sich das Gerät online registriert, der Prozess nicht abgefangen wird oder anfällig für rechtswidrige Überwachung ist.
Lesetipp: Die Top 3 IoT-Security-Trends
7) Netzwerksegmentierung
Wenn ein Netzwerk in sichere Segmente unterteilt ist, kann im Fall eines kompromittierten IoT-Geräts dessen Segment vom Rest des Netzwerks isoliert werden. Sollte das Gerät kompromittiert werden, sind nur Geräte in diesem Netzwerksegment betroffen. Die Zone kann unter Quarantäne gestellt, und es lassen sich Abhilfemaßnahmen ergreifen, ohne Risiken für andere Systeme.
Da sich bereits viele IoT-Geräte im Einsatz befinden, die praktisch unmöglich zu aktualisieren sind, erleben wir wahrscheinlich auch zukünftig DDoS-Angriffe durch kompromittierte Geräte und das Auftreten von IoT-orientierter Ransomware. Bemühungen um gemeinsame IoT-Sicherheitsstandards gewinnen jedoch an Fahrt, und wir werden in den oben genannten Bereichen bald auch deutliche Verbesserungen sehen. (rw)