Selbstorganisierte Teams sind heute vor allem im Bereich der Software-Entwicklung bekannt, in dem Agilität eine zentrale Anforderung darstellt, um neue oder veränderte Anwendungen schnellstmöglich ausrollen zu können. Das Agile Manifest, auf das sich viele Software-Entwickler stützen, stellt sogar fest "Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams". Das bedeutet zwar nicht, dass selbstorganisierte Teams immer zu optimalen Ergebnissen führen, aber die Erfahrung zeigt, dass häufig bessere Ergebnisse erzielt werden als in hierarchischen Organisationen und dass sie vor allem schneller erreicht werden.
Auch wenn die Software-Entwicklung sozusagen die Geburtsstätte der Agilität darstellt, sind agile Methoden heute im gesamten Spektrum des Wirtschaftens gefragt. Gerade im Business Development kann dabei die Selbstorganisation erfolgreich sein, da damit nicht nur Software-Projekte, sondern auch Geschäftsfeldentwicklungen schneller bewerkstelligt werden können.
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Selbstorganisierte Teams arbeiten deshalb effizient und effektiv, da Ideen unmittelbarer ausgetauscht werden und die Motivation der Mitarbeiter, neue Ideen zu generieren, zu erproben und am Ende vollständig umzusetzen, größer ist als in hierarchischen Strukturen. Entscheidungen und vor allem Begründungen werden offengelegt und somit nachvollziehbarer. Gerade in einem Umfeld, in dem Schnelligkeit eine enorme Bedeutung hat, ist dies ein Faktor, der erfolgsentscheidend sein kann.
Die Aktivitäten zur Durchführung von Business Development sind mit hoher Unsicherheit behaftet. So ist beispielsweiset die Entwicklung eines Business-Plans annahmenbasiert; Umsatzzahlen und erwartete Kosten zur Umsetzung des Vorhabens sind geschätzt. Ob die prognostizierten Zahlen zutreffen, wird sich erst später herausstellen. Untersuchungen zeigen, dass Schätzungen, die durch ein Team erfolgen, in der Regel näher an den zukünftig tatsächlich eintretenden Werten liegen.
eamarbeit und vor allem die Selbstorganisation können zudem dabei helfen, Kreativitätsprozesse in Gang zu setzen, Mitarbeiter dazu animieren über den Tellerrand zu schauen und so innovative Lösungen zu entwickeln.
Allerdings ist für die Arbeit in selbstorganisierten Teams ein kultureller Paradigmenwechsel von Nöten. Führungskräfte agieren hier nicht mehr als Entscheider, sondern als eine Art Dienstleister des Teams. Sie sollen in einer solchen Struktur dabei helfen, Prozesse zu moderieren, bei Problemstellungen zur Seite stehen und Werte des Unternehmens vermitteln.
Was bedeutet Selbstorganisation?
Im betriebswirtschaftlichen Sinne bedeutet Selbstorganisation Führung aus dem Team heraus. Nicht nur eine einzelne Führungskraft übernimmt die Führung eines Teams, sondern das Team organisiert sich selbst und übernimmt so gemeinsam die Führungsaufgabe. Entscheidungen treffen ist ein Bestandteil der Führung.
Trennt man die Entscheidung von der Durchführung, kann dies dazu führen, dass sich einzelne Mitarbeiter von der Arbeit entfremden, wenn die Durchführung beziehungsweise die Art und Weise der Durchführung ihnen als nicht nachvollziehbar oder unsinnig erscheint. Selbstorganisierte Teams erfordern bei Führungskräften und Teammitgliedern ein Umdenken, da diese Arbeitsweise meist ungewohnt ist - insbesondere in Situationen, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen, die mit hoher Unsicherheit behaftet sind.
Auf der einfachsten Ebene ist ein selbstorganisiertes Team eines, das nicht von einem Manager abhängt oder darauf wartet, dass dieser Arbeit zuteilt. Stattdessen finden diese Teams ihre eigene Arbeit und verwalten die damit verbundenen Verantwortlichkeiten und Zeitpläne. Zudem übernehmen selbstorganisierte Teams auch die Verantwortung für die Wahl der effektivsten und effizientesten Art und Weise, ihre Arbeit zu erledigen, und suchen regelmäßig nach Möglichkeiten, sich durch Experimente zu verbessern. Voraussetzung hierfür ist ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Verantwortungsbewusstsein bei allen Teammitgliedern.
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Ebenso wichtig ist, dass die Beteiligten intensiv kommunizieren und auf die Fähigkeiten aller Teammitglieder vertrauen. Diese Kompetenz ist von entscheidender Bedeutung, da die Teammitglieder nicht erwarten können, zu Beginn eines jeden Projekts von einem Manager klare Anweisungen zu erhalten. Ein selbstorganisiertes Team muss insgesamt einen hochgradig kollaborativen Arbeitsstil pflegen und als eine echte Einheit arbeiten. Dazu gehört auch, dass die Teammitglieder die Meinungen der anderen respektieren und zusammenarbeiten, um bei unterschiedlichen Ansichten tragfähige Kompromisse zu finden.
Commitment ist das A und O
Selbstorganisation führt nicht zur Abschaffung von Führung und auch nicht notwendigerweise zur Abschaffung von Führungskräften. Was in jedem Fall vorhanden sein sollte, ist die Rückendeckung der Führungskräfte, so dass Teams auch selbstorganisiert arbeiten können. Dazu müssen klare Regeln gelten. Diese können auch gemeinsam mit dem Team festgelegt werden. Ein nützliches Instrument zur Festlegung der Spielregeln ist das Planning Poker. Hier wird festgelegt welche Arten von Aufgaben ohne vorherige Abstimmung mit der Führungskraft durchgeführt werden können und welche in jedem Fall abgestimmt werden sollen. Sind also die organisatorischen Rahmenbedingungen abgestimmt und die Regeln festgelegt, kann selbstorganisiertes Arbeiten stattfinden.
Auch wenn selbstorganisierte Teams keinen Manager für ihre tägliche Arbeit benötigen, völlig auf sich allein gestellt dürfen sie auch nicht sein. Es genügt nicht, Teammitglieder zu bestimmen und ihnen dann ein Projekt zu übertragen, da diese extrem teamorientierte Arbeitsweise ungewohnt ist und die Mitarbeiter sie erst anhand konkreter Aufgaben verinnerlichen müssen. In der Entstehungsphase eines selbstorganisierten Teams ist daher unbedingt ein Gruppen-Coaching erforderlich, in dem ein Coach jeden Schritt begleitet und bei Bedarf Anleitung gibt.
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Während dieser Phase wird das Team einer Kreuzung aus einem traditionellen Team mit einem Manager und einem selbstorganisierenden Team ähneln, da der Coach bei Bedarf einspringen sollte, um Anleitung zu geben. Im Idealfall sollte die Rolle des Coachs im Laufe der Zeit abnehmen, wenn die Teammitglieder lernen, Verantwortung zu übernehmen und auf selbstorganisierende Weise miteinander zu arbeiten und einander zu vertrauen.
Auch im besten Team ist nicht immer eitel Sonnenschein, und daher sollte ein Coach das Team auch auf Konflikte vorbereiten. Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Arbeitsstilen passen sich normalerweise selbst an, aber nur eine Person, die nicht mitzieht, kann die positive Energie im Team stören. In diesem Fall sollte sich das Team keinesfalls an diese Person anpassen, sondern sich mit der Situation und der Person befassen. Ein Coach kann ihm dabei Anleitung geben, sollte aber letztlich dem Team die Entscheidung überlassen, wann und wie es auf Situationen oder Personen eingehen soll, die das Team stören.
Warum funktioniert Business Development mit Selbstorganisation?
Business Development hat eine strategische Bedeutung für Unternehmen. Letztlich geht es darum neue Märkte, Marktsegmente und Kunden zu erreichen, um die zentralen Ziele der Gewinnmaximierung oder der Steigerung des Unternehmenswertes zu verwirklichen. Wie erwähnt, sind selbstorganisierte Teams in der Lage, schnell Ideen zu entwickeln. Doch nicht jede Idee ist diesen übergeordneten Zielen dienlich. Methoden aus dem Business Development können helfen, diese Ideen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Mithilfe der Spieltheorie können außerdem unterschiedliche Szenarien bewertet und so eine Entscheidung für eine oder mehrere Varianten erleichtert werden.
Sind Führungskräfte in digitalen Teams obsolet?
Die Anlage liegt nun nahe, dass man keine Führungskräfte im herkömmlichen Sinn mehr benötigt. Auch wenn Selbstorganisation nicht gleichbedeutend mit absoluter Macht ist, ist es schwer vorstellbar, welche Rolle ein Manager in einem solchen Team spielen kann. Und dennoch gibt es eine gute Nachricht für Führungskräfte: Sie werden nicht obsolet - aber ihre Rolle wandelt sich.
So haben die selbstorganisierten Teams in der Regel ein konkretes Projekt, und das Team wurde so zusammengestellt, dass die dafür benötigten Skills und Kompetenzen vertreten sind - aber nicht unbedingt auch solche der Unternehmensführung. Auch muss zum einen das Projekt in die gesamte Unternehmensstrategie passen, und zum anderen muss jemand darauf achten, dass solche Projekte nicht aus dem Ruder laufen. Eine Führungskraft ist nicht mehr dazu da, die Menschen im Alltag zu führen, aber sie sollte Anleitung geben und über die Produktivität des Teams wachen. Wenn es irgendein Hindernis für die Selbstorganisation gibt, wird weiterhin ein Manager einspringen müssen - er sollte dies allerdings mit viel Fingerspitzengefühl tun.
Zudem wird auch bei selbstorganisierten Teams eine Person benötigt, die das Projekt definiert und entscheidet, wer in welches Team kommt. Ein Manager kann dem Team auch einige allgemeine Standards vorgeben, die den Ton für die zukünftige Teamarbeit bestimmen. Die neue Rolle des Managers besteht danach vor allem darin, das Team zu beobachten und auf indirekte Weise zu beeinflussen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. (bw)