Rohde & Schwarz hat seine Mehrheitsbeteiligung an Lancom Systems Ende Juli 2018 auf 100 Prozent erhöht. Wir haben den Lancom-Gründer und frischgebackenen Leiter des neu geschaffen Geschäftsbereiches Networks & Cybersecurity bei Rohde & Schwarz, Ralf Koenzen, nach den Konsequenzen aus der Übernahme gefragt.
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Etwas gestresst aber bestens gelaunt erschien Ralf Koenzen in der ChannelPartner-Redaktion und stand uns Rede und Antwort. Vorweg nur so viel: die Marke Lancom Systems bleibt auf jeden Fall bestehen.
Weil Lancom Systems mit 330 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 70 Millionen Euro in etwa so groß ist wie Rohde & Schwarz Cybersecurity (370 Mitarbeiter, 50 Millionen Euro Jahresumsatz) - sind in dem neu geschaffenen Networks & Cybersecurity-Ressort von Rohde & Schwarz die Lancom-Leute dementsprechend gut vertreten. Denn auch Koenzens Compagnon Stefan Herrlich wird eine wichtige Rolle innerhalb des Konzerns einnehmen - als Mitglied des Aufsichtsrats der Rohde & Schwarz Cybersecurity GmbH. Daneben wird er gemeinsam mit Koenzen weiterhin die Geschäfte der nach wie vor existenten Lancom Systems GmbH führen.
Was die Channel-Aktivitäten des neue geschaffenen Networks & Cybersecurity-Ressorts betrifft, so wird hier laut Koenzen weitgehende das Lancom-Modell übernommen, also zum Beispiel der 2-Tier-Vertrieb über die Distribution. Bei Also und Allnet wurde das ganze schon glattgezogen, sprich: bei beiden sind nun sowohl alle Lancom- als auch alle Cybersecurity-Produkte von Rohde und Schwarz erhältlich, bei Ingram Micro und Tech Data ist dieser Prozess noch im Gange.
Lancom-Partner sollen Firewalls vertreiben
Auf jeden Fall wünscht sich Koenzen, dass seine annähernd 6.000 Vertriebspartner nun auch verstärkt die Next-Generation Unified Firewalls des Schwesterunternehmens Rohde & Schwarz Cybersecurity an ihre angestammte Klientel, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Fillialisten vertreiben. Damit kommt zu den drei Produkt-Säulen des Lancom-Channels: WAN, LAN und WLAN noch ein Security-Layer obendrauf.
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Sowohl Lancoms Netzwerkprodukte als auch die Firewalls von Rohde & Schwarz Cybersecurity werden vom 9. bis 11. Oktober 2018 auf der Nürnberger IT-Sicherheitsmesse it-sa zu besichtigen sein, dieses Jahr noch an zwei voneinander getrennten Ständen (Lancom: 402, Rohde & Schwarz: 112) in der Halle 10.0. Auf der Cebit im nächsten Jahr (24.-28. Juni 2019) werden beide Unternehmen gemeinsam mit einem einzigen Stand vertreten sein. Für die Messegesellschaft keine gute Nachricht, waren doch beide Unternehmen bisher getrennt auf der Cebit aufgetreten: Lancom in der Netzwerk-Halle 13, Rohde & Schwarz Cybersecurity in der "Gemischtwarenhalle" 12.
Neues Dashboard für Netzwerk und Security
Passend zu den nun vier Produktkategorien im Netzwerk (WAN, LAN, WLAN und Security) wird nun auch die Lancom Management Cloud-Lösung (LMC) um ein Gesamt-Security- und Compliance-Dashboard im November 2018 erweitert, so das der Lancom-Partner nicht nur die Netzwerk-Performance seines Kunden stets im Blick hat, sondern auch seinen Security-Stand.
In diesem Security- und Compliance-Dashboard sind nicht nur Lancom- sowie Rohde & Schwarz-Geräte sichtbar, sondern auch die Cloud-Security-Lösungen von Zscaler. Damit möchte Lancom auch die bisher nur Enterprise-Kunden vorbehaltene Security-Features auch dem Mittelstand zur Verfügung stellen.
Über das Security- und Compliance-Dashboar lassen sich via Software (SDN) Router, Switches, WLAN-Access Points und Firewalls überprüfen und bei Bedarf neu konfigurieren. Der Lancom-Partner sieht dort auch den aktuellen Firmware-Stand und Garantie-Status der Geräte, fehlende Lizenzen kann er ebenfalls rasch nachbestellen und zusätzlich benötigte Security-Features dazuschalten. Zudem dokumentiert das Dashboard alle unautorisierte Zugriffsversuche von außen.
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Koenzen ist von seiner Vision einer Company, die hochintegrierte Netzwerk- und Security-Lösungen aus einer Hand anbietet, überzeugt: "Hier nehmen wir alle Partner und Kunden mit, egal ob sie auf traditionelle Netzwerkarchitekturen setzen oder Software-definierte Netze aus der Cloud nutzen. Am Ende des Weges steht eine am Markt einzigartige Verschmelzung modernster Technologien 'Made in Germany'", so der Lancom-Chef.
Meinung des Redakteurs:
Das Zusammengehen von Lancom Systems mit Rohde & Schwarz Cybersecurity gibt Sinn. Netze und IT-Sicherheit gehören definitiv zusammen. Dass hier zwei Anbieter aus Deutschland kooperieren, macht diese Fusion zum Glücksfall. Denn mittelständische Kunden hierzulande bevorzugen nun mal oft "Network Security made in Germany".
Und deshalb kann Rohde & Schwarz Cybersecurity gemeinsam mit Lancom Systems schon bald ein ernsthafter Konkurrent für solche Netz-Security-Größen wie Cisco, Juniper oder Palo Alto Networks werden, vorausgesetzt, die Company setzt auf den Channel und reduziert ihren Direktvertrieb auf das unbedingt nötige Minimum.
Die Übernahme des 2-Tier-Vertriebsmodells von Lancom ist da schon mal der erste richtige Schritt zu einem europäischen Netzwerk-Security-Anbieter vom Rang. Bedeutende europäische Security-Anbieter gibt es mehrere: Avast, Eset, F-Secure, G Data und Kaspersky. Bei Netzwerk-Hersteller wird es schon dünn, eigentlich existiert neben Lancom nur ein bedeutenden Player in Europa: die spanische Teldat-Gruppe mit den deutschen Marken bintec und elmeg. Eine europäische Netzwerk-Security-Kombination, wie sie Rohde & Schwarz mit dem Lancom-Brand darstellt, hat in Europa (noch) ein Alleinstellungsmerkmal.