Verantwortungsvolles Handeln, nachhaltige Produkte, Transparenz über Inhaltsstoffe und Materialien sowie Corporate Social Responsibility, also die soziale Verantwortung eines Unternehmens, zählen mittlerweile zu den Hauptargumenten im Kaufentscheidungsprozess von Konsumenten. Es gibt bereits einige Vorreiter, die sich dieser Verantwortung bewusst sind. Dennoch sind Kinder- und Zwangsarbeit, katastrophale Arbeitsbedingungen oder fehlende Nachhaltigkeit in der Lieferkette immer noch weit verbreitet.
Dank der Digitalisierung und modernen Prozessen können Unternehmen tiefe Einblicke in ihre Lieferkette und der ihrer Lieferanten und Partner gewinnen. Sie können das Risiko unethischen Verhaltens innerhalb der Supply Chain relativ einfach eliminieren. Im Folgenden soll Unternehmen ein Weg gezeigt werden, wie sie hohe soziale Standards bei der Herstellung von Waren etablieren und Umweltschutzbestimmungen sowie Arbeitssicherheitsvorschriften durchgängig einhalten können. Damit leisten sie ihren Beitrag für eine bessere Welt .
Rolle des Einkaufs und das Management der Lieferkette
Der Einkauf übernimmt neben der Sicherstellung der zeitgerechten Verfügbarkeit der zur Produktion benötigten Güter und Dienstleistungen in der vereinbarten Qualität eine weitere, unternehmensrelevante Aufgabe: die Sicherstellung der Nachhaltigkeit und Einhaltung von ethischen Grundsätzen für die Zulieferer entlang aller Stufen der Lieferkette. Die Einkaufsabteilung im Unternehmen fokussiert sich nicht länger nur auf Kosteneinsparungen, sondern die einzelnen strategischen Einkäufer und Warengruppenmanager werden geleitet von ihrem Gewissen. Zwar steht die Kostensenkung (sogenannte harte Einsparergebnisse) nach wie vor an erster Stelle der Prioritäten, aber in Umfragen geben 88 Prozent der Einkäufer bereits höhere Ziele als Teil ihrer Prioritäten an. Hierzu gehören das Gewissen und die ethischen Standards als Teil des Unternehmenszwecks, im Englischen als "Purpose" bezeichnet. Dazu gehören:
Beseitigung von Zwangsarbeit
sicherstellen der Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien, einschließlich der Vermeidung von Konfliktmaterialien
Bekämpfung von Armut und unethischem Verhalten in der Lieferkette
Sie sehen also im Einkauf das Potenzial, Gutes zu tun. Der strategische Imperativ, den Unternehmen definieren und umsetzen müssen, um den Forderungen der Kunden gerecht zu werden bedeutet, dass sie volle Transparenz über die Herkunft von Waren und Dienstleistungen bieten, aber auch über alle Informationen zu den einzelnen Produktionsschritten verfügen.
Innovationen verändern den Einkauf
Unternehmen setzen verstärkt auf Technologien, um diese Transparenz sicherzustellen und die digitale Transformation der Einkaufsfunktion voranzutreiben. Technologie verändert die Geschäftswelt insgesamt und stellt die einzelnen Unternehmensabteilungen vor neue Aufgaben bei der Nutzung und Anwendung von Innovationen. Die Bandbreite reicht von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Robotern, Drohnen, virtueller und erweiterter Realität bis hin zu Nanotechnologien, dem Internet der Dinge mit Industrie 4.0 oder auch Blockchain.
Besonders deutlich zeigt sich, dass die Anforderungen an die Unternehmensbereiche und insbesondere den Einkauf sich radikal verändern. Der Einkauf, meist als Zentralfunktion, ist nicht mehr nur eine überwiegend taktische Funktion, die auf Effizienz und Einsparungen fokussiert ist, sondern entwickelt sich immer mehr zu einer strategischen Kraft, die Innovationen - oftmals im Zusammenspiel mit Lieferanten - vorantreibt und messbare Wertbeiträge für den Unternehmenserfolg erzielt, aber auch das Risikomanagement gewährleistet und die Nachhaltigkeit der gesamten Lieferkette sicherstellt.
Intelligente Vernetzung der Lieferkette
Einkaufsleiter haben heute nicht nur schnellere, sondern auch intelligentere Informationssysteme zur Verfügung, die es ermöglichen, Daten über jeden einzelnen Schritt von der Herkunft bis zur Verarbeitung und letztendlich bis zum Verbraucher zur überwachen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen werden Systeme intelligenter und effizienter. Die zur Verfügung stehende Vernetzung in der Lieferkette mit vernetzten Modulen (Internet of Things) der Industrie 4.0, kann sicherstellen, dass der Einkauf die Transparenz von der Herkunft bis zur Verwendung von Waren - auch über Kontinente hinweg - erhält.
Dies ist nur ein weiterer Schritt zur Nutzung von intelligenten Maschinen, die Daten erheben, überwachen und daraus neuerdings Empfehlungen ableiten können, die es den Menschen entlang der Lieferkette erlaubt, optimale Entscheidungen zu treffen. Die Digitalisierung hilft bereits vielen Unternehmen, Geschäftsmodelle zu überdenken, Prozesse zu verschlanken und zu beschleunigen sowie die Arbeit zu modernisieren.
Geschäftsnetzwerke werden die Art und Weise, wie Geschäftspartner zusammenarbeiten, aber auch Waren und Dienstleistungen beschafft, verkauft und über alle Ausgabenkategorien gemanagt werden, neu definieren. Das bestätigen auch Einkaufsmanager laut einer aktuellen Studie, die die Hochschule Würzburg-Schweinfurt und SAP Ariba gemeinsam dfurchgeführt haben. Mehr als 60 Prozent der Befragten planen demnach Investitionen in Robotic Process Automation (RPA), (20 Prozent), künstliche Intelligenz/Kognitives Computing (17Prozent), maschinelles Lernen (15 Prozent) und Chat-Bots (9 Prozent).
Die Nutzung und Entwicklung von Geschäftsnetzwerken, die Käufer und Verkäufer effizient verbinden, steht hierbei erst am Anfang. Zwar sind soziale Netzwerke global verfügbar, allerdings sind sie nicht zur Abwicklung des Gesamtprozesses von der Suche, Bestellung, Analyse, Lieferantenauswahl, Ausschreibung, Vertragsmanagement und des Rechnungsprozesses bis hin zur Bezahlung geeignet.
Mensch vor Maschine
Auch wenn immer wieder zu lesen ist, dass Roboter einzelne Funktionen im Unternehmen ersetzen, sind diese meist bezogen auf die Annahme einer Projektion mit unverändertem Fortschreiten der technischen Möglichkeiten. Zum Teil wird nicht oder nur wenig berücksichtigt, welche neuen Arbeitskräfte in Unternehmen benötigt werden. Beispiele sind Entwickler von Smartphone Apps, Piloten für Drohnen, Programmierer für Cloud-Anwendungen, Techniker für die Vernetzung von Produktions- und Lieferketten usw.
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Mit dem technologischen Wandel werden in der Zukunft sicherlich Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzt. Dieser Wandel wird sich vor allem auf einzelne Arbeitsplätze bezogen vollziehen, allerdings auf die insgesamt benötigten Arbeitskräfte bezogen, also die im Unternehmen arbeitenden Menschen, ist davon auszugehen, dass neue Arbeitsplätze entstehen, deren Anzahl die der vom Abbau betroffenen Arbeitsplätze übertrifft.
Roboter und künstliche Intelligenz werden Einkäufer in absehbarer Zeit nicht ersetzen können. Allerdings wird sich die Einkaufsfunktion stark verändern. Administrative, operative und taktische Aufgaben werden zusehends automatisiert. Strategische Aufgaben können durch künstliche Intelligenz neu definiert werden. Hierbei werden Marktdaten, öffentlich und nicht-öffentlich zugängliche Daten sowie Risikoanalysen kombiniert und für den Entscheider im Einkauf nach Relevanz und Eintrittswahrscheinlichkeit aufbereitet, um daraus Risikoeinschätzungen sicherer zu treffen, aber auch Warengruppenstrategien neu zu definieren.
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Unternehmensnetzwerke bringen Transparenz in vernetzte Abläufe von Käufern und Verkäufern, wodurch Warengruppenmanager tiefe Einblicke in die Lieferkette erhalten. Dadurch sind sie in der Zukunft noch besser in der Lage, Engpässe oder Missverhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage oder ethische Probleme in der Lieferkette zu identifizieren und sie rechtzeitig zu entschärfen (oder im Idealfall ganz zu lösen), bevor es zu spät ist.
Das Potenzial von Business-Netzwerken
Mit Unternehmensnetzwerken, insbesondere solche mit kognitiven Anwendungen, können sich Einkäufer und Lieferanten nicht nur anhand traditioneller Kriterien wie Bestände, Zykluszeiten und Vertragsbedingungen gegenseitig bewerten, sondern auch überprüfen, ob ein potenzieller Handelspartner über die ethischen Werte verfügt, die mit den eignen Unternehmenswerten (meist definiert im Business Code of Conduct) übereinstimmen. Dazu gehört die Beantwortung folgender Fragen:
Verfügt ein potenzieller Partner über die notwendigen Governance-Strukturen, um Zwangsarbeit oder Menschenhandel aus seiner Lieferkette zu entfernen?
Ist der Zulieferer für einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen zertifiziert?
Ist sichergestellt, dass Frauen- und Minderheitenunternehmen bei Ausschreibungen angemessen berücksichtigt werden?
Ein Netzwerk kann all diese und jede Menge weitere Faktoren beleuchten. Investoren und Konsumenten fordern mehr denn je, dass die von ihnen unterstützten Marken nicht nur ihre eigenen ethischen und nachhaltigen Geschäftspraktiken, sondern auch die ihrer Handelspartner berücksichtigen. Nur die breite Sichtbarkeit, die durch ein Beschaffungsnetzwerk gewährleistet wird, kann sowohl das operationelle als auch das Reputationsrisiko senken.
Die neue Rolle des Einkaufs
Unternehmen werden auch in Zukunft nur so gut sein, wie die einzelnen Mitarbeiter, die sie beschäftigen. Die Entwicklung einer Talent-Management-Strategie zur Förderung von Rollen, Fähigkeiten und Wissen unter Einbeziehung der ethischen Standards, aber auch der Berücksichtigung von neuen Technologien ist daher unerlässlich.
Digitale Technologien werden die Einkaufsfunktion neu definieren und dadurch die Möglichkeiten für Talente, Experten und die in den Arbeitsmarkt verstärkt vorrückenden Millennials deutlich erweitern. Der Einkauf der Zukunft wird geprägt sein von digitalen Technologien und der intelligenten Nutzung von Daten, aber noch geführt von Menschen, die sich auf den Wertbeitrag, die Kollaboration mit Geschäftspartnern und den "Purpose" konzentrieren, um den Unternehmenserfolg sicherzustellen.