Kostenpflichtige Garantieleistungen unterliegen ab 1. Januar 2023 der Versicherungssteuer, das hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) klargestellt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf alle, die solche Zusatzleistungen vertreiben. In unserem Artikel "Stolperfalle Garantieerweiterungen", haben wir über die Probleme und Folgen berichtet. Auch bei den Herstellern weiß man oft noch nicht so recht, wie man mit der veränderten Rechtslage umgehen soll. Einige ziehen es zunächst vor, sich nicht zu äußern und erst einmal abzuwarten. Damit werden aber die Risiken auf die Partner abgewälzt. Michael Lang, Geschäftsführer von Lexmark Deutschland, hat sich aber den Fragen von ChannelPartner gestellt und erklärt, wie man bei Lexmark die Lage sieht und wie man reagiert hat.
Garantieerweiterungen unterliegen laut dem Bundesministerium der Finanzen der Versicherungssteuer. Dies bringt erhebliche Verunsicherungen und Probleme des Handels beim Vertrieb dieser Produkte mit sich. Wie löst man bei Lexmark das Problem?
Michael Lang: Wir haben Maßnahmen ergriffen und die vormals angebotenen Garantieverlängerungen aus der Angebotspalette gestrichen. Stattdessen bieten wir seit dem 1. Januar 2023 dem Fachhandel und den Endkunden ein neues Portfolio an Nachfolgeprodukten, den Lexmark Support- and Care"-Angeboten, an, die Vorgaben des Bundesministeriums für Finanzen erfüllen.
Diese neue Angebotspalette gewährt überwiegend - ähnlich einem Vollwartungsvertrag und je nach konkretem Angebot - dem Fachhändler oder dem Endkunden die Funktionalität der Druckausgabegeräte während der vereinbarten Vertragslaufzeit. Deren Betriebsbereitschaft wird umfassend erhalten. Unsere neuen Support- and Care-Angebote beinhalten neben klassischen Break-Fix-Leistungen, Wartungs- und Inspektionspflichten regelmäßig auch die Pflicht des Service-Partners, defekte oder vor einem Defekt stehende Teile auszutauschen. Dadurch soll ein Ausfall des Druckausgabegeräts verhindert werden. Gezahlt wird hierfür auf Basis eines eigenständigen Vertrages ein Pauschalpreis, mit dem die Betriebsbereitschaft der Druckausgabegeräte zu jedem Zeitpunkt sichergestellt wird.
Haben Sie als Hersteller versucht, auf die Problematik hinzuweisen?
Lang: Mit dem BMF-Schreiben vom 11. Mai 2021 und der dort vorgenommenen Bewertung, dass bestimmte Garantiezusagen der Versicherungssteuer unterliegen, haben wir uns in den zurückliegenden eineinhalb Jahren intensiv beschäftigt. Wir haben zunächst versucht, gerade unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten, die von uns als falsch empfundene Einschätzung des BMF abzuwenden, schließlich aber festgestellt, dass wir eigene Lösungen entwickeln müssen. Dieser Herausforderung haben wir uns im besten Interesse unserer Kunden und Handelspartner gestellt, nachdem absehbar war, dass seitens BMF keine Änderung erfolgen wird.
Lexmark hatte sich zuvor über die einschlägigen Verbände, insbesondere dem Bitkom, um eine Lösung der Problematik bemüht, welche unser Anliegen als Hersteller und das des uns unterstützenden Handels angemessen berücksichtigt. Nach wiederholten, verbändeübergreifenden Schreiben an das BMF kam jedoch schlussendlich die ernüchternde Rückmeldung von dort, dass an der bisherigen Einschätzung festgehalten werde und im Übrigen auch die geforderte Verlängerung der Anwendungsfrist über den 31. Dezember 2022 hinaus "nicht angezeigt" sei. So enttäuschend diese negative Haltung des BMF in Anbetracht der allgemeinen wirtschaftlichen und vor allem ökologischen Großwetterlage ist, uns blieb danach nur die Option, hausintern Lösungen zu entwickeln.
Glauben Sie, dass durch die neue Rechtslage künftig weniger Garantieerweiterungen vertrieben werden?
Lang: Nach reiflicher Überlegung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir unseren Fachhandelspartnern keine Sicherheit dafür geben können, dass Lexmarks bekannte und bewährte Garantieverlängerungen nach dem 31. Dezember 2022 weiterhin steuerrechtlich sicher zu vertreiben sind. Wir haben uns deshalb entschieden, Garantieverlängerungen aus unserer Angebotspalette zu streichen. Wir werden die Entwicklung weiter sehr genau beobachten und behalten uns vor, unser Portfolio zu gegebener Zeit erneut anzupassen, gegebenenfalls einschließlich solcher Angebote, die der Versicherungssteuerpflicht unterliegen. Derzeit ist dies jedoch nicht geplant.
Werden sich dadurch die Preise verteuern?
Lang: Angesichts von Inflation und der Notwendigkeit, eine nachhaltige Nutzung unserer Produkte zu fördern, kommt diese Entscheidung sicherlich zur absoluten Unzeit. Wir erleben derzeit nie gekannte Preissteigerungen in allen Branchen und bei praktisch allen Materialien. Durch die Versicherungssteuer auf Garantieerweiterung erfolgt eine weitere signifikante Verteuerung, da diese Form der Steuer keinen Vorsteuerabzug erlaubt.
Zudem befindet sich unsere Branche durch die stark gestiegenen Stromkosten, Lieferketten- und Verfügbarkeitsprobleme sowie die auf Corona und die fortschreitende Digitalisierung zurückzuführende Home-Office- und New-Work-Modelle bereits in einer Ausnahmesituation. Anstatt hier für Erleichterung zu sorgen, beschleunigt die Entscheidung des BMF das Inflationsgeschehen zusätzlich.
Wie könnte in diesem Fall das wegbrechende Zusatzgeschäft für den Handel kompensiert werden?
Lang: Unsere neuen Support- and Care-Angebote bieten in Bezug auf die Service-Bedürfnisse unseren Partnern und Kunden eine geeignete Lösung bei gleichzeitiger Sicherung des Geschäfts.
Was im Besonderen für unsere neuen Service-Angebote gilt, gilt im Allgemeinen auch für unsere innovativen Technologien, Produkte und Lösungen. Sie werden stets weiterentwickelt und tragen den sich wandelnden Markt- und Kundenanforderungen Rechnung.
So beobachten wir seit einiger Zeit, dass unsere Partner immer stärker in die Rolle der Berater hineinwachsen. Systeme von der Stange sind passé, maßgeschneiderte Lösungen sind gefragt, um sich stärker gegenüber dem Wettbewerb abzusetzen. Dafür brauchen sie uns, die Hersteller, und unseren modularen Baukasten an Hochpräzisions-Hardware mit flexiblen Cloud-Lösungen. Im Bereich der Managed Print Services kommen verstärkt aaS-Modelle, Abonnement-basierte sowie anpassbare Abrechnungsoptionen zum Zug. Sie sorgen für eine deutlich höhere Flexibilität und tragen somit den sich verändernden Rahmenbedingungen unserer Kunden besser Rechnung. Letzteres ermöglicht ihnen wiederum, sich bestmöglich zu diversifizieren und profitabel zu wachsen.
Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehende Garantieversprechen können dazu beitragen, dass Produkte länger genutzt werden, sei es, dass Hersteller sie von vorneherein langlebiger konzipieren, oder dass sie im Schadensfall wieder repariert werden. Könnte die neue Rechtslage negative Auswirkungen auf die Umweltverträglichkeit der Produkte haben?
Lang: Zum einen ist klarzustellen, dass Lexmark-Hardware auch weiterhin mit der bekannten und bewährten Lexmark-Herstellergarantie ausgestattet ist. Unser Herstellergarantieversprechen ist von der vom BMF unnötigerweise eingeführten Versicherungssteuer nicht erfasst.
Was dagegen die von uns abgekündigten Garantieverlängerungen anbelangt, ist unseres Erachtens die Entscheidung des BMF völlig verfehlt und trägt in keiner Form zu mehr Nachhaltig bei. Im Gegenteil: Sie konterkariert die an sich umweltfreundliche Ausrichtung unserer Ampel-Regierung komplett. Anstatt im Sinne der Nachhaltigkeit Garantieerweiterungen zu fördern, bewirkt die Versicherungssteuer auf Garantieverlängerungen unserer Ansicht nach genau das Gegenteil, nämlich die sogenannte geplante Obsoleszenz, also das bewusste Konzipieren von Geräten mit begrenzter Lebensdauer, die nach wenigen Jahren durch einen Neukauf ersetzt werden müssen. Das ist in Zeiten von immer dringlicher werdenden Klimawandel- und Umweltproblemen aus unserer Sicht eine völlig falsche Entscheidung. Man könnte sie sogar als anachronistisch bezeichnen.
Dass die sogenannte geplante Obsoleszenz ein Auslaufmodell ist, darüber herrscht seit einigen Jahren Konsens. Letzteres hat sich übrigens auch in der Gesetzgebung - gerade auf EU-Ebene - niedergeschlagen. So sollen Produkte so konzipiert werden, dass sie a) länger genutzt werden, b) leichter repariert, c) einfacher wiederaufbereitet und d) schlussendlich umweltfreundlich recycelt werden können. Dank unseres Intentional-Engineering-Ansatzes und unserer Metallrahmen sind Lexmark-Geräte besonders robust und für eine Lebensdauer von sieben Jahren und mehr ausgelegt. Mit den vormals angebotenen Garantieerweiterungen wurden unsere Geräte oftmals an die zehn Jahre von den Kunden eingesetzt. Wir wollen mit unseren neuen Lexmark Support- and Care-Angeboten an diesen Trend anknüpfen. Das ist nachhaltig und das Gebot der Stunde.
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