Die Anbieter von Firewalls entdecken den indirekten Vertrieb

16.08.1996
Unternehmen in aller Welt stürmen das Internet. Auf dem virtuellen Marktplatz will jeder dabei sein. Wie aber schützt man sein LAN vor finsteren Datenlangfingern? Die Lösung bietet ein brandneuer Softwaremarkt mit dem Namen "Firewalls".

Dem Netz der Netze kann sich keiner entziehen. Selbst die gestrengen Regierenden in Peking nicht, die ihre Volksgenossen eigentlich vollständig von der westlichen Infoflut abschotten wollten. Ihr Ausweg: die ganze Volksrepublik China soll ein gigantisches Intranet werden - mit streng kontrolliertem Internet-Zugang. Dies dürfte eine Traumvorstellung sein für diejenigen Softwareanbieter, die eben das anbieten: Firewalls, also Mauern und sichere Schleusen zwischen LANs und WANs.

Marktführer bei Firewall-Lösungen ist mit 40 Prozent laut einer Studie der International Data Corporation (IDC) das 1993 von Gil Shwed gegründete israelische Unternehmen Check Point Software Technologies. Der nächste Mitbewerber, das kanadische Unternehmen Border Network Technologies, liegt bei einem Marktanteil von neun Prozent.

Erfolg dank konsequentem indirekten Vertrieb

IDC führt den rasanten Aufstieg von CheckPoint in erster Linie auf seinen konsequenten indirekten Vertrieb zurück: CheckPoint vertreibt seine Lösung "FireWall-1" ausschließlich über OEMs wie Sun, Hewlett-Packard, und Oracle, sowie weltweit zirka 40 Distributoren und VARs. In Deutschland kümmern sich bisher nur Integralis und The Bristol Group um den Vertrieb von FireWall-1. "Wir suchen noch zwei bis drei weitere Distributoren in Deutschland - plus einer entsprechenden Anzahl an Händlern", erklärt Check-Point-Vize Marius Nacht.

Die Vermarktung von Firewall-Systemen ist jedoch trotz des Internetbooms beileibe kein Selbstläufer. Zwar ist kaum etwas im Umfeld des Internets so heiß begehrt wie das Thema Sicherheit, trotzdem sind viele potenzielle Kunden zurückhaltend. Kaum jemand in den Unternehmen hat eine konkrete Vorstellung von den Sicherheitsrisiken und wie ihnen durch Firewalls begegnet werden kann. Verstärkt dann noch eine Angstkampagne vieler Firewall-Anbieter diese Unsicherheit, geht der Schuß laut IDC oft nach hinten los: potenzielle Kunden halten ihr Unternehmensnetz gleich ganz fern vom Internet.

Neues Feld für Lösungsanbieter

Check Point setzt bei seinen Produkten daher auf Transparenz, einfache Bedienung und ein Höchstmaß an Kompatibilität und Ausbaufähigkeit. Den Kunden soll ein Produkt geliefert werden, das sich nahtlos in bestehende Unternehmensnetze und Sicherheitskonzepte integrieren läßt.

Hier öffnet sich ein neues Betätigungsfeld für Systemhäuser und andere Lösungsanbieter. Bisher haben die meisten der jungen Firewall-Hersteller Marketing und Distribution zugunsten von Forschung und Produktentwicklung vernachlässigt. Inzwischen folgen Anbieter wie Border Network Technologies, Raptor Systems und Trusted Information Systems dem Beispiel von Check Point und bauen ihre indirekten Vertriebsstrukturen aus.

Vertriebspartner sind auch bitter nötig. Der Umsatzsprung der kommenden Jahre wird sich auf einen noch stärkeren Anstieg der verkauften Stückzahlen verteilen, und zwar von zirka 10.000 im vergangenen Jahr auf mehr als anderthalb Millionen im Jahr 2000. Dass mit Firewalls ein Geschäft zu machen ist, beweist das Engagement von Microsoft. Der Softwareriese hat seine eigene Lösung für Windows NT bereits angekündigt. Codename: Catapult.

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