Es ging durch alle Medien, als der neue Vorstandsvorsitzende John Cryan kurz nach seinem Amtstritt harsche Kritik an der internen IT übte. Es werde bei der Deutschen Bank zu viel Geld für ein lausiges IT-System ausgegeben, die interne IT-Organisation sei zudem ineffizient. Cryan zeigte sich als Mann der Tat: Mit Kim Hammonds wurde eine neue Group-CIO berufen, mit René Keller kürzlich auch ein neuer CIO für den Unternehmensbereich Private, Wealth & Commercial Clients (PW&CC) eingesetzt. Seinen Vorgänger Wolfgang Gaertner schickten die Frankfurter in den Ruhestand.
Wie ernst es dem Konzern mit dem digitalen Aufbruch meint, wurde nun auch auf dem Journalisten-Workshop in Frankfurt deutlich. Nachdem die Banker bereits in Berlin, London und Palo Alto Innovation Labs unterhalten, um Digitalisierungstrends zu erforschen und neueste Technologien der diversen Fintechs zu analysieren, kommt nun eine Digitalfabrik hinzu. Dort sollen Entwickler, IT-Spezialisten und Bankexperten aus dem PW&CC-Bereich gemeinsam digitale Produkte und Services entwickeln.
Kernkompetenzen: Beratung und digitale Angebote
Die Zukunft der Deutschen Bank fuße auf der traditionellen Beratungsstärke und der konsequenten Investition in die Digitalisierung, sagte Sewing. Außerdem wolle man die Initiative der hessischen Landesregierung unterstützen, in Frankfurt "gemeinsam mit den Finanzplatzakteuren einen starken FinTech-Sektor entstehen zu lassen."
Die Banker haben offenbar begriffen, dass Geldinstitute im Kern IT-Unternehmen sind. Markus Pertlwieser, Chief Digital Officer des Unternehmensbereichs PW&CC, sagte: "Gemeinsam mit den Labs für Innovation in Berlin, London und Palo Alto bildet die Digitalfabrik den Kern unserer bankeigenen Forschung und Entwicklung." Ein institutionalisierter F&E-Bereich sei für die Bankenwelt etwas Neues.
750 Millionen Euro für IT
Die Banker wollen in ihrem Unternehmensbereich PW&CC bis 2020 rund 750 Millionen Euro in die Digitalisierung investieren. Schon in diesem Jahr sollen dafür 200 Millionen Dollar ausgegeben werden - eine Menge Geld für ein Unternehmen, dessen Vorstandsvorsitzender erst vor wenigen Wochen sagte, die Profitabilität sei das kritische Thema für den Konzern. Ziel der Bank ist es, Retail-Kunden, anspruchsvolle Privatkunden und Mittelständler online, in den Filialen und auf mobilen Endgeräten mit digitalen Produkten und Dienstleistungen zu erreichen.
Dazu gibt es einen detaillierten Fahrplan für die kommenden zwölf Monate, in denen zahlreiche digitale Innovationen eingeführt werden sollen. Am 26. April etwa soll die neue Banking-App herauskommen, die Peer-to-Peer-Geldtransfers mit Freunden und Bekannten ermöglichen und das kontaktlose Bezahlen in Geschäften selbstverständlich machen soll. Die aktuelle Version sei bereits 1,5 Millionen Mal heruntergeladen worden, hieß es.
Viele Kooperationen mit Fintechs
Zudem arbeiten die Frankfurter mit einer ganzen Reihe von Fintech-Unternehmen zusammen. So wird gemeinsam mit figo eine "Multi-Bank-Aggregation" erarbeitet, mit der Kunden vom Herbst 2016 an ihr Gesamtvermögen, Liquidität, Umsätze und Kredite über das Online- und Mobile-Banking der Deutschen Bank verwalten können, auch wenn die Konten bei anderen Banken liegen.
Neu ist auch, dass Kunden der Deutschen Bank noch in diesem Jahr ihr Konto vollständig im Internet eröffnen können sollen. Dabei soll das Konto noch am gleichen Tag funktionstüchtig sein. Das System für die eindeutige Legitimation der Kunden und für dessen elektronische Signatur kommt von webIDsolutions. Die Banker wollen ihren Kunden außerdem Termingelder von Drittanbietern zugänglich machen, so dass Kunden europaweit unter Fest- und Tagesgeldangeboten auswählen können. Hier kooperieren die Hessen mit dem Fintech Deposit Solutions.