Der Händler zahlt drauf

Von Anfang an dabei: Rechtsanwalt Johannes Richard ist Partner der Kanzlei Richard & Kempcke und betreibt die Internetseite www.internetrecht-rostock.de. Dort geht es ausschließlich um das Thema Internetrecht, vor allem um den Internethandel, der aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Das gilt sowohl für die Anbieter als auch für die Kunden, die Angebote von Ebay, Internetshops oder Amazon nutzen. Seit Jahren ist das Thema Internethandel auch eng mit dem Thema Abmahnungen verknüpft. Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Markenrecht sind häufige Abmahnthemen. Rechtsanwalt Johannes Richard ist daher Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und auf Wettbewerbsrecht im Internet spezialisiert.
Rechtsanwalt Johannes Richard analysiert ein neues Urteil, demzufolge eBay-Kunden den Kauf widerrufen und die benutzte Ware zurücksenden können, ohne dass der Händler Wertersatz erwarten darf.

Die Frage der Geltendmachung des Wertersatzanspruches im Rahmen der Ausübung des Widerrufsrechtes bei eBay ist und bleibt weiter umstritten. Hintergrund ist, dass gemäß § 357 Abs. 3 BGB Wertersatzansprüche für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache durch den Unternehmer nur dann geltend gemacht werden können, wenn der Verbraucher bei Vertragsschluss in Textform über diese Rechtsfolgen informiert wird.

Ein eBay-Angebot ist kein Internet-Shop

Eine Belehrung in Textform bei Vertragsschluss ist jedoch bei eBay im Gegensatz zum ordnungsgemäß gestalteten Internet-Shop nicht möglich. Dass ein eBay-Angebot keine Textform darstellt, wird bis auf wenige Ausnahmen durch die meisten Gerichte angenommen, insbesondere durch das Kammergericht Berlin und das OLG Hamburg. Die Folgen für den Wertersatz haben letztlich den gleichen Ursprung wie die Diskussion, ob die Widerrufsfrist bei eBay zwei Wochen oder einen Monat beträgt. Die Monatsfrist hängt auch ausschließlich damit zusammen, dass eine Belehrung des Verbrauchers vor Vertragsschluss in Textform nicht möglich ist.

Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Punkt durch aktuelle Entscheidungen wieder in den Fokus rückt. Das Landgericht Flensburg hatte in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 23.08.2006 (Az: 6 O 107/06) noch angenommen, dass ein eBay-Angebot Textform darstellt. Diese Haltung war durch das Oberlandesgericht Schleswig gehalten worden, woraufhin das Urteil des Landgerichtes Flensburg rechtskräftig wurde.

Nunmehr ist diese Rechtsfrage bei den Gerichten angekommen, die ohnehin schon immer angenommen haben, dass ein eBay-Angebot keine Textform darstellt. Nur folgerichtig hat das Landgericht Berlin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beschluss vom 15.03.2007 (Az: 52 O 88/07) entschieden, dass bei eBay ein Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht geltend gemacht werden kann.

Obwohl es sich nur um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt, müssen wir zurzeit davon ausgehen, dass gerade vor dem Hintergrund der sehr strengen Rechtsprechung der nächsten Instanz, nämlich des Kammergerichts Berlin, diese Entscheidung gehalten wird.

Rechtliche und wirtschaftliche Folgen

Die rechtlichen wie auch die wirtschaftlichen Folgen sind für eBay-Händler immens. Die wirtschaftlichen Folgen bestehen in erster Linie darin, dass bei eBay aus einer reinen rechtlichen Förmelei heraus ein Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme im Falle des Widerrufes nicht geltend gemacht werden kann. Wenn man sich vor Augen führt, was eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme bei bestimmten Produkten eigentlich bedeutet, wird deutlich, dass eBay-Händler hierdurch so gut wie rechtlos gestellt werden.

Lebensmittel werden im Rahmen der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme verzehrt, Batterien benutzt, Druckerpatronen leer gedruckt. Für diese Nutzungen hätte der Verbraucher überhaupt nichts zu zahlen, er müsste eigentlich nur den Widerruf erklären, wobei man sich dann noch darüber streiten könnte, ob im Fall des Verkaufes von Lebensmitteln die leere Flasche überhaupt zurückzusenden ist.

eBay würde somit der größte kostenlose Selbstbedienungsladen Deutschlands werden. Über diese Folgen hat sich die Rechtsprechung jedoch naturgemäß keine Gedanken gemacht, abgesehen davon, dass wir diese Rechtsansicht auch nicht für zutreffend halten.

eBay-Händler zahlen drauf

Für den ohnehin durch die Rechtsprechung geplagten eBay-Händler bleiben somit nur zwei Alternativen: Entweder er verzichtet auf die Geltendmachung von Wertersatz, oder er lebt mit der Gefahr einer kostenpflichtigen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Wer sich in erster Linie dafür entscheidet, der Rechtsprechung Folge zu leisten, und auf den Wertersatz verzichtet, stößt auf weitere rechtliche Probleme:

Wenn man den Wertersatz aus den Widerrufsfolgen herausstreicht, ist die Abweichung vom amtlichen Muster erheblich. Jedoch birgt nur das amtliche Muster gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV die Vermutung in sich, dass die Belehrung vollständig ist. Vor dem Hintergrund, dass über den Fristbeginn schon länger nicht mehr im Rahmen des amtlichen Musters belehrt werden kann, dürfte es darauf wohl vorliegend kaum ankommen, da ein halbwegs ordnungsgemäßes Widerrufsmuster ohnehin nicht mehr dem entspricht, was der Gesetzgeber sich ursprünglich einmal gedacht hatte. Umso skandalöser ist es, dass der Gesetzgeber zurzeit keinen Anlass sieht, auf diese Problematik durch eine Gesetzesänderung zu reagieren.

Wertersatzausschluss schafft Probleme

Ein weiteres Problem ist eine Definition des bestimmungsgemäßen Gebrauches. Wir halten es für problematisch, den Wertersatz im Rahmen der Widerrufsbelehrung nur für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch auszuschließen, da die Fälle, in denen unabhängig vom bestimmungsgemäßen Gebrauch Wertersatz geltend gemacht werden kann, zum einen produktabhängig sind und zum anderen auf Grund der festgelegten Rechtsfolgen des Wertersatzes für den nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch nach unserer Auffassung kaum zu definieren sind.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin verdeutlicht, dass eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht zurzeit nicht rechtssicher möglich ist, sodass hier in erster Linie der Gesetzgeber gefragt ist oder eBay den Ablauf ändert. Bis hier eine Reaktion erfolgt ist - in beiden Fällen ist aktuell nichts zu erwarten - , bleibt dem eBay-Händler nichts anderes übrig, als eine Abwägung zu treffen zwischen einer möglichen Abmahnung und der Tatsache, dass er auf den Wertersatz verzichtet. MF

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