Viel Wachstum, wenig Gewinn

Das Geschäft mit der Cloud

12.06.2015
Cloud-Dienste, die Speicher, Rechenleistung und Software direkt aus dem Internet bieten, sind auf dem Vormarsch. Doch die Anbieter liefern sich einen Preiskampf, der die Gewinne drückt.

Die Tech-Branche ist im Wettlauf um das große Geschäft der Zukunft, die Cloud. Die metaphorische Datenwolke erfasst viele Unternehmen: Softwarefirmen, Anbieter von Speicherplatz im Netz sowie nicht zuletzt die Hardwarehersteller. Mit immer schnelleren Internetleitungen wandern immer mehr Daten auf zentrale Rechenfarmen und Speicher im Netz. Doch mit Cloud-Diensten Geld zu verdienen, ist nicht einfach. Das Geschäft wächst zwar rasant, aber die Preise stehen im heftigen Wettbewerb massiv unter Druck.

Die IT-Marktforschungsfirma Gartner rechnet in diesem Jahr mit einem 176 Milliarden Dollar (162 Milliarden Euro) schweren Cloud-Geschäft. In zwei Jahren soll der Markt gar auf rund 240 Milliarden anschwellen. Kein Wunder also, dass sich etwa Europas größter Softwarehersteller SAP seit geraumer Zeit viel Mühe gibt, über das Internet Software zu verkaufen, die aus seinen Rechenzentren heraus läuft.

Es ist die Hoffnung auf Einsparungen, die die Kundschaft der Cloud-Anbieter in die Wolke zieht. Die Rechnung geht so: Übers Netz können nahezu beliebig viele Kunden ein Angebot nutzen. Zusätzliche Kosten fallen kaum noch an - im Gegenteil: Die vorhandenen Investitionsausgaben verteilen sich auf mehr Schultern. Am Ende sinken die Kosten für Computer und Software drastisch. Das kommt etwa in der Industrie gut an.

Doch für die Anbieter der Cloud birgt die Wolke ein Problem: Noch ist nämlich überhaupt nicht klar, wie gut sich Geld sich mit der Rechenpower und dem Speicherplatz im Netz verdienen lässt. Branchenexperten wie Brice Prunas von der französischen Investmentbank Exane BNP zweifeln nach wie vor auch bei großen Playern am Erfolg des Geschäftsmodells: Er bleibe dabei, dass "das Cloud-Geschäft langfristig ein weniger attraktives Geschäftsmodell sein wird als fest installierte Software", schrieb der Analyst in einer Branchenanalyse bezüglich SAP.

Der Online-Händler Amazon, der mit seiner Tochter AWS auch ein Champion bei Cloud-Angeboten ist, enthüllte allerdings mit den jüngsten Quartalszahlen auch ein profitables Milliarden-Geschäft mit Diensten aus dem Netz. Der Umsatz des Bereichs schoss im ersten Quartal um fast die Hälfte auf 1,57 Milliarden Dollar hoch. Das Cloud-Geschäft verdient auch Geld, mit einem operativen Ergebnis von 265 Millionen Dollar.

Die großen Anbieter von Rechenleistung sind neben Amazon auch Microsoft, IBM oder Google. Laut Daten des Marktforschers Synergy Research war die Amazon-Cloudsparte mit ihrem Umsatz im ersten Quartal 2015 größer als die der nachfolgenden vier Tech-Riesen zusammen. Viele Startups sind mit ihren Daten und Apps in Amazons Serverfarmen zu Hause - ein Markt, den Microsoft mit teils kostenlosen Starterangeboten angraben will.

Das Ziel ist das gleiche wie bei Amazon: Schnell möglichst viele Kunden an sich binden. Doch das bringt die Preise unter Druck. In fast schon planbarer Regelmäßigkeit senkt Amazon marketingwirksam die Preise, die Konkurrenten ziehen oft nach. Laut Berechnungen der Experten von der US-Großbank Citigroup sind die Preise in der Branche in den vergangenen drei Jahren um ein Viertel abgerutscht. Analysten warnen vor einem "Race to Zero" - also einem Rennen, bis es gar nichts mehr kostet. Cloud-Dienste laufen damit Gefahr, zur Massenware werden - mit geringen Margen und kaum Gewinn.

Unterdessen nimmt selbst im datensensiblen Deutschland die Speicherung von Daten fernab der eigenen Rehner weiter Fahrt auf. "Die Akzeptanz der Cloud im deutschen Markt ist auf dem Weg nach oben", sagt Erik van der Meijden von der kleineren niederländischen Softwarefirma Exact.

Das auf kleine und mittelgroße Firmen spezialisierte Unternehmen kann als Beispiel für den turbulenten Wandel in der gesamten Branche stehen: Der Lizenzverkauf von Software für kleinere und mittelgroße Unternehmen schwächelte. Mehrere Geschäftsteile wurden verkauft, viele Mitarbeiter verloren zudem ihren Job. Dann griff der Finanzinvestor Apax für 730 Millionen Euro zu und nahm Exact Ende März nahezu komplett von der Börse.

Der Plan des neuen Eigentümers hat Methode: Auch bei kleineren Unternehmen zieht laut Daten vom Branchenverband Bitkom die Nutzung der Cloud spürbar an. "In den vergangenen drei Jahren sind wir in der Cloud um jährlich 45 Prozent gewachsen", sagt van der Meijden. (dpa/tc)

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