Bereits seit Anfang September 2019 steht Android 10 für zahlreiche Geräte zur Verfügung. Google hat seine Pixel-Geräte vom ersten Tag an mit dem neuen Betriebssystem versorgt.
Für alle, die bis jetzt nicht das Glück hatten, direkt vom Hersteller ein Update zu erhalten, gibt es einen alternativen Weg. Zahlreiche Entwickler haben es sich zum Ziel gesetzt haben, die neueste Android-Version auch für ältere Geräte zugänglich zu machen. Da der Programmcode von Android im Rahmen des AOSP (Android Open Source Project) allen Interessierten kostenlos zur Verfügung steht, ist das Angebot an Portierungen entsprechend groß.
Wir zeigen Ihnen auf den folgenden Seiten sieben interessante Umsetzungen von Android 10. Diese decken unterschiedliche Anforderungen ab: von sehr minimalistisch bis hin zu flexibel einstellbar. Mit dabei sind die Klassiker LineageOS und AOSIP, aber auch weniger bekannte Lösungen wie Bliss oder ColtOS.
Als Basis für die Installation kam ein Google Pixel 2 XL zum Einsatz. Auf diesem läuft die aktuelle Version 3.4 der Recoverylösung TWRP (Team Win Recovery Project), mit der wir das Aufspielen des alternativen Betriebssystems umsetzen. Auf die Installation von TWRP gehen wir in diesem Artikel nicht näher ein. Sie finden jedoch eine Schritt-für-Schritt Anleitung für Ihr Smartphone oder Tablet auf der TWRP-Website.
LineageOS - der Klassiker
LineageOS ist inzwischen in der fünften Version nach Cyanogenmod erschienen und basiert in der aktuellen Version 17.1 auf Android 10. Im Downloadbereich der Website von LineageOS finden Sie eine Übersicht aller unterstützten Geräte inklusive der notwendigen Installationsdateien und einer sehr detaillierten Installationsanleitung.
Taucht Ihr Gerät nicht in der Liste auf, ist das Forum von XDA Developers ein guter alternativer Anlaufplatz für die inoffiziellen Versionen. Dies gilt im Übrigen auch für alle anderen Custom-ROMs, die wir in diesem Artikel getestet haben.
Für die Ersteinrichtung steht Ihnen unter Lineage-OS ein Assistent, wie Sie ihn von Android wohnt sind, zur Verfügung. Mit diesem pflegen Sie die zentralen Eingaben etwa zu Sprache, WLAN-Verbindung oder Zeitzone ein. LineageOS orientiert sich sehr stark am Android-10-Standard; die Entwickler haben nur wenige Zusatzfunktionen wie die Einstellmöglichkeiten für die Statusleiste und die Funktionstasten integriert. Dafür fehlen wie gewohnt Googles eigene Programme. Und auch die Root-Option, die Sie in LineageOS 16 noch mittels ZIP-Datei aktivieren konnten, ist in LineageOS 17.1 nicht mehr vorhanden. Diese müssen Sie nun über Drittanbieter-Tools umsetzen.
Unsere Empfehlung: LineageOS eignet sich sehr gut für alle, die ältere Hardware besitzen, aber gerne Android 10 in einem performanten Zustand nutzen möchten. Der Anbieter veröffentlicht auf seiner Website nur Versionen, die auch wirklich stabil und in der Praxis nutzbar sind. Dank der regelmäßigen Updates erhalten Sie zeitnah alle verfügbaren Sicherheitsupdates und haben somit ein zuverlässiges und sicheres Betriebssystem.
AOSIP - das Custom-ROM mit der Eule
Vor einem Jahr war die Basis an unterstützten Geräten beim "Android Open Source Illusion Project" noch recht überschaubar. Inzwischen steht AOSIP auf der Website für mehr als 30 Smartphones zum Download bereit. Optisch erinnert AOSIP an einen Pixel-Startbildschirm: Am unteren Bildschirmrand ist das Google-Suchfenster integriert. Die wichtigsten Google-Apps wie der Play Store und der Chrome Browser sind bereits im Standard-Lieferumfang integriert.
Die wahre Stärke des Custom-ROMs wird aber deutlich, wenn Sie in den Einstellungen das "Eulennest" ("OwlsNest") aufrufen. Sie finden dort, ordentlich einsortiert unter acht verschiedenen Menüpunkten, die verfügbaren Konfigurationsmöglichkeiten. Diese gehen von der Statusleiste bis hin zur Gestensteuerung.
Unsere Empfehlung: Für alle, die an Ihrem Smartphone gerne alles individualisieren, ist AOSIP eine interessante Option. Die Auswahl der unterstützten Geräte ist breit gestreut und geht von einem Google Nexus 5X bis zu einem Poco F1.
BlissRoms - eine interessante Alternative
Bei BlissRoms fiel zu Anfang neben dem Funktionsumfang vor allem die individuelle Farbgebung auf. Diese wurde von den Entwicklern inzwischen angepasst und orientiert sich stark am Pixel Launcher. Die Entwickler beschreiben Ihr Custom-ROM auf der Projektwebsite bei Sourceforge selbst als Custom-ROM mit vielen Einstellmöglichkeiten und zusätzlichen Sicherheitsfunktionen. Diese sind unter dem Menüpunkt "Blissify" auf insgesamt neun Untermenüs verteilt - von der Statuszeile über Benachrichtigungen bis hin zu Animationen und den Schaltflächen. Zusätzlich finden Sie in den Apps noch die BlissPapers, über die Sie zusätzliche Hintergründe herunterladen können.
Unsere Empfehlung: Wenn Sie auf der Suche nach einem Custom-ROM mit schlichtem Aussehen sind, das im Standard auf alle Google-Tools verzichtet, trotz allem aber sehr viele Konfigurationsmöglichkeiten bietet, sind Sie beim BlissRom genau an der richtigen Stelle. Mit etwas Glück ist Ihr Smartphone auch eines der 56 Modelle, die aktuell unterstützt werden.
ColtOS - zwei Launcher und Google-Apps
ColtOS basiert direkt auf AOSP und hat die Grundfunktionalität laut Entwickler um viele wichtige Einstellmöglichkeiten erweitert. Auf der Sourceforge-Projektwebsite finden Sie für gut 30 Modelle ein aktuelles Release.
Als einziges Custom-ROM im Test haben Sie bei ColtOS die Auswahl zwischen zwei Launchern: Pixel und Lawnchair. Die Google-Standardapps sind bereits mit vorhanden und müssen nicht separat installiert werden.
Die Entwickler haben für die schnelle Navigation Omniswitch integriert. In den Einstellungen finden Sie die Konfigurationsmöglichkeiten, aufgeteilt in die vier Bereiche Statusbar, Buttons, Lockscreen und System. Darunter gibt es jeweils eine zweite Menüebene und teils mehrseitige Konfigurationsseiten - damit gehört die Suche nach dem richtigen Menü zur Tagesordnung.
Unsere Empfehlung: Beim Funktionsumfang ist ColtOS ganz vorne mit dabei: Zwei Launcher und viele Google-Apps werden von Haus aus mitgeliefert. Dafür wirkt das Custom-ROM etwas überladen - hier ist Suchen angesagt. Wenn Sie die notwendige Geduld mitbringen, ist ColtOS aber ein heißer Kandidat.
crDroid - ein Geheimfavorit, nicht nur für Xiaomi-Besitzer
Optisch erinnert crDroid an das Pixel-Layout; auf die Google-Suchleiste und die Temperaturanzeige wird im Auslieferungszustand jedoch verzichtet. Trotzdem ist alles Notwendige mit an Bord - inklusive Google Play Store und Chrome-Browser. Die Konfigurationsmöglichkeiten sind optisch seit Jahren unverändert. Sie finden sie verteilt auf insgesamt neun Registerkarten, die teilweise mehrere Seiten lang sind. Das Auffinden des gewünschten Punktes wird dank der integrierten Suche jedoch vereinfacht.
Insgesamt werden laut Website 77 Endgeräte offiziell unterstützt. crDroid 6, das auf Android 10 basiert, ist für alle Geräte verfügbar. Der Schwerpunkt der Umsetzung liegt auf Modellen des Herstellers Xiaomi.
Unsere Empfehlung: crDroid bietet eine stabile Umsetzung von Android 10 mit vielen Konfigurationsmöglichkeiten - gerade für Besitzer von Xiaomi-Geräten sicherlich eine interessante Wahl. Aber auch für viele andere Smartphones - vom Nexus 5 bis hin zum Motorola Moto G5 - werden viele, auch ältere Geräte unterstützt.
Havoc-OS - neuer Stern am Custom-ROM-Himmel?
Zum neuen Favoriten könnte sich Havoc-OS entwickeln. Laut Projektwebsite wurde das Custom-ROM, das für über 120 Geräte zur Verfügung steht, mehr als 35 000 Mal innerhalb einer Woche heruntergeladen.
Die Beliebtheit von Havoc OS erklärt sich schnell, wenn Sie sich das "Configuration Center" anschauen. Die Einstellmöglichkeiten lassen keine Wünsche offen, die Anordnung der Menüpunkte ist durchdacht. Der Startbildschirm des Custom-ROMs orientiert sich am Pixel Launcher und basiert auf AOSP.
Unsere Empfehlung: Für alle, die bei BlissRom und ColtOS nicht fündig werden und die das Letzte aus Ihrem Smartphone herausholen möchten, ist Havoc-OS unter Umständen die Lösung. Einen ersten und auch zweiten Blick ist das Custom-ROM auf jeden Fall wert - und einer unserer persönlichen Favoriten!
Evolution X - Havoc-OS dicht auf den Fersen
Auch die Download-Zahlen von Evolution X auf Sourceforge sind mit rund 25 000 Downloads pro Woche beachtlich. Dies hat das Custom- ROM mit der Unterstützung von insgesamt gut 50 unterschiedlichen Endgeräten erreicht. Die Entwickler von Evolution X preisen Ihr Custom- ROM als wahres Pixel-Feeling mit vielen weiteren Konfigurationsmöglichkeiten an. Die Oberfläche ist auch stark an den Pixel Launcher angelehnt, die Google-Programme werden in einer zweiten Zipdatei direkt für die Installation mitgeliefert.
Die Konfigurationsmöglichkeiten finden Sie in den Einstellungen unter dem Punkt "The Evolver" auf insgesamt neun Menüpunkte aufgeteilt. Anders als bei anderen Custom-ROMs sind alle Menüs vollständig ins Deutsche übersetzt. Sicherlich ist auch in diesem Custom-ROM das eine oder andere Mal die Suche nach dem passenden Menü angesagt - hier kommt Ihnen die Suchfunktion aber zuhilfe.
Unsere Empfehlung: Evolution X gliedert sich in die Reihe der leistungsfähigen Custom-ROMs ein. Wenn Sie eine Lösung mit vielen Konfigurationsmöglichkeiten suchen, stellt auch Evolution X eine gute Option dar.
Fazit
Die Custom-ROMs mit umfangreichem Funktionsumfang haben im letzten Jahr deutlich die Überhand gewonnen. Letzten Endes kommt es aber auf die Qualität der Implementierung an. Diese war durchgängig gut und stabil. Wird Ihr Smartphone von mehreren Lösungen unterstützt, können das Design und die Konfigurationsmöglichkeiten weitere ausschlaggebende Punkte sein. Letztere müssen Sie am Ende auch nicht zwingend nutzen - mit den Grundeinstellungen des Custom-ROMs können Sie problemlos Ihren Alltag gestalten.
(PC-Welt)