Brücke zwischen Technologie und Nutzen

Channel steht für Change

Marc Paczian ist Head of Channel Solutions bei Dropbox in EMEA. Er berät fachlich wie auch technisch zu den heutigen Anforderungen an Arbeitsproduktivität. Marc verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der IT-Branche, speziell auf den Gebieten Digital Workplace, EIM, Collaboration und Firmenkultur. Marc Paczian ist im DACH-Gebiet Patron des 2020 vollständig überarbeitetet präsentierten Partner-Programms, das unter www.dropboxpartners.com zu finden ist.
Die Diskussion um die Zukunft der Büroarbeit während und nach der Corona-Pandemie ebbt nicht ab, doch selten wird die Rolle des Channels in dieser entscheidenden Phase der Transformation beleuchtet. Ein paar Anregungen dazu, wie der Channel die Situation neu interpretieren könnte und sich nicht nicht länger nur als Technologielieferant definieren sollte.
Verkaufen via Videokonferenz will gelernt sein.
Verkaufen via Videokonferenz will gelernt sein.
Foto: Ilona Titova - shutterstock.com

In der Pandemie wurde die wahrscheinlich wichtigste Aufgabe des Channels früh deutlich: Der Channel schlägt die Brücke zwischen den Technologien der Anbieter und den Anforderungen von IT-Abteilungen, Geschäftsführungen und den Nutzer. Doch dem Channel bieten die Pandemie und ihre Auswirkungen die Chance, endgültig weit über die Rolle als reiner Technologielieferant hinauszuwachsen.

Service ist kein Projekt, sondern eine Haltung

Während die Partnerlandschaft, Reseller und Distributoren früher sehr produktorientiert tickten, wurde nicht zuletzt durch die Pandemie-bedingten Erfahrungen 2020 klar, dass jedes Glied der Vertriebskette seine Kunden heute besser verstehen lernen muss. Erst dann können maßgeschneiderte Pakete angeboten werden, die optimal auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind.

Der Markt wird dominiert von SaaS-Angeboten (Software as a Service), was für die Kunden bedeutet, dass sie leicht ihren Anbieter wechseln können. Anstatt mithilfe aufwendiger Migrationsprojekte vollzieht sich der Wechsel von einem Anbieter zum nächsten heute quasi per Mausklick. Andererseits bietet diese neue Flexibilität Resellern und Systemhäusern die Möglichkeit, viel rascher neue Lösungen anzubieten und ihren Kunden zu mehr Agilität zu verhelfen.

Reseller müssen sich deshalb immer fragen, wie sie Lösungen und Services so kombinieren und fortlaufend verbessern, dass sie in ihren Märkten relevant bleiben, und ob sie z.B. statt einzelner Tools ein komplettes Desktop-Erlebnis liefern. Hier lohnt sich eine intensive Beschäftigung mit den APIs und existierenden Integrationen der Lösungen. So kann man Kunden "out of the box"-Szenarien bieten, die verschiedene SaaS-Lösungen wie Microsoft Teams, Slack, Zoom und Dropbox geschickt kombinieren.

Lösungen müssen global und maximal individualisierbar sein

Auch in den kommenden Monaten wird ein verstärkter Fokus auf Kollaborations-Tools und digitalen Arbeitsbereichen liegen, die verteiltes Arbeiten unterstützen. Mehrwerte schaffen kann der Channel hier, indem er Kunden dabei unterstützt, das Optimum aus ihren vorhandenen digitalen Lösungen herauszuholen. Für Plattformen, die eine holistische Sicht auf Workflows ermöglichen, indem sie die komplexe Landschaft an Werkzeugen, Produkten und Dienstleistungen zusammenführen, birgt das großes Potenzial.

Als vereinender Layer lassen sich diese in bestehende IT-Landschaften implementieren. Sie bilden einen zentralen Arbeitsbereich, der sich je nach Aufgaben individualisieren lässt. In Kombination mit einer umfassenden Bestandsaufnahme des Vorhandenen können Channel-Partner ihren Kunden so helfen, Geschäftsprozesse weiter zu vereinfachen, ohne ihr gesamtes digitales Ökosystem zu entwurzeln oder zusätzliches IT-Personal rekrutieren zu müssen.

Ein gutes Beispiel sind Elektronische-Signatur-Lösungen. Wird eine solche in Einzelfällen auch als Stand-alone-Lösung benötigt, entfaltet sie den größten Mehrwert in Kombination mit anderen Anwendungen wie beispielsweise ERP- oder CRM-Systemen. Im gleichen Atemzug kann man die Frage stellen, wo es im Unternehmen weitere "pen & paper"-Prozesse gibt, die man gleich mitdigitalisieren kann.

Digital verkaufen will gelernt sein

Corona hat nicht nur die Art und Weise der Arbeit und Zusammenarbeit geändert. Asynchron arbeitende Teams profitieren von einer viel größeren Flexibilität, selbst zu entscheiden, wie und wo sie mit ihrer Arbeit die besten Ergebnisse erzielen. Für den gesamten Vertriebsprozess ist es heute wichtiger denn je, unabhängig von klassischen Bürozeiten und Standorten zu operieren.

Während man vorher oft einen halben Tag beim Kunden verbracht hat, um alle Anforderungen zu verstehen und danach ein entsprechendes Angebot zu machen, ist das mit einer Videokonferenz nur schwer möglich. Faktoren wie "Zoom Fatigue" - also die erhöhte Belastung durch den rein digitalen Austausch - und die kürzere Fokuszeit auf Vertriebs- wie Kundenseite begrenzen die effektive Dauer von Videokonferenzen.

Hier kommt es darauf an, auch asynchrone Tools zum parallelen Arbeiten wie Sharepoint, GSuite oder Dropbox Paper zu nutzen und dann in einer kurzen und fokussierten Videokonferenz die vorbereiteten Inhalte abzustimmen. Über digitale Kommunikationswege interagieren und verkaufen zu können, ist und bleibt auch 2021 und darüber hinaus geschäftsentscheidend. Aus meiner Sicht ist das digitale Verkaufen ein "neuer" Skill, den viele Vertriebsprofis in der Vergangenheit nicht sehr intensiv trainiert haben. Da persönliche Treffen auch 2021 noch lange erschwert sein werden, wird diese Fähigkeit immer gefragter sein.

Wir werden digital enger zusammenrücken müssen!

Der Schlüssel für den Channel ist es, zu verstehen, was Unternehmen wollen, und auf die veränderten Bedürfnisse schnell zu reagieren. Ein echtes Verständnis davon, in welcher Situation der Kunde sich aktuell befindet, lässt sich jedoch nicht durch ein klassisches "Vertriebsgespräch" erreichen. Nur durch empathische Fragen und "echtes" Zuhören kommt man einander näher. Ist es in der aktuellen Zeit professionell, sich danach zu erkundigen, wie es meinem Geschäftspartner geht? Absolut! Wir befinden uns nach wie vor in einer Ausnahmesituation und hier sind - neben dem rein vertrieblichen beziehungsweise professionellen Interesse - Empathie und Nähe gefragt.

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