Den Begriff Blockchain haben inzwischen schon viele gehört. Doch was dahinter steckt, ist oft noch unklar. Auf dem Systemhauskongress CHANCEN werden Sie den Nebel etwas lichten. Was haben Sie mit den Teilnehmern vor?
Dirk Röder: Ich vermittele den Teilnehmern in Düsseldorf mit einem Best-of aus unserem Halbtages-Workshop einen ersten Eindruck über die Technologie. Viele Menschen reagieren zuerst ungläubig auf die Kernfunktionen, weil diese einfach nicht in unser Weltbild passen. Mein Anliegen ist, so viel Vertrauen für die Blockchain bei meinen Workshop-Teilnehmern aufzubauen, dass sie neugierig sind und mehr wissen wollen.
Warum ist es Ihrer Ansicht nach für Systemhäuser, ISVs und MSPs wichtig, sich mit der Blockchain zu befassen?
Dirk Röder: Heute würde niemand in Frage stellen, wieso sich ein IT-Dienstleister mit Cloud Computing oder dem TCP-/IP-Protokoll auseinander setzen sollte. Vor vielen Jahren, als die Technologien aufkamen, herrschte meist Skepsis vor. Der Markt hat das anschließend geregelt. Die Blockchain steckt gerade in dieser Anfangsphase, aber ich bin der Überzeugung: In ein paar Jahren ist sie Standard!
Und das Rennen hat schon begonnen. Bitcoin hat bereits eine größere Marktkapitalisierung als die von PayPal. Das Tolle daran ist: Niemand schreibt vor, ob man mit dem Geld kubanische Zigarren kauft oder Wikileaks Geld spendet - beides ist in Deutschland nicht illegal, aber einen USA-Urlaub würde ich damit möglicherweise gefährden…
Zudem vergeht keine Woche ohne Meldung von neuen, erfolgreichen Blockchain-Anwendungen oder branchenweiten Vorhaben. Am Ende handelt es sich hier um eine Technologie, die völlig neuartige digitale Prozesse ermöglicht. Das ganze Universum von Dienste-Anbietern bildet sich gerade heraus. Wer möchte da nicht vorne dabei sein?
Wie und wann sind Sie auf das Thema Blockchain gestoßen?
Dirk Röder: Vermutlich wie viele andere vor mir auch: Am 28. November 2013 durchbrach der Bitcoin erstmals die Schallmauer von 1.000 US-Dollar - und kollabierte in den folgenden Monaten. Für mich sah es damals wie eine Investmentmöglichkeit aus und ich begann zu Kursen von mehreren Hunderten Euros zu kaufen. Trotz der sinkenden Kurse verbilligte ich meinen Einstiegskurs und ergatterte am 14. Januar 2015 zum Kurs von 165 US-Dollar meinen günstigsten Bitcoin. Es sollte dann nochmal 24 Monate dauern, bis der Bitcoin-Kurs erneut die Grenze von 1.000 US-Dollar durchbrach. Der Rest ist fast schon Geschichte. In der Kryptowelt nennt man das HODL - und ich halte noch immer.
Was war Ihre spontane Reaktion, als Sie das erste Mal mit diesem Thema in Berührung kamen?
Dirk Röder: Mich haben die Argumente von Satoshi Nakamoto bei der Entwicklung der Währung angesprochen: Die Notenbanken und Politiker verfolgen eine Agenda, die nicht der Werthaltigkeit des Zahlungsmediums - aktuell der Euro - verschrieben ist. Deswegen meine Entscheidung, Bitcoins zu kaufen. Hier arbeitet eine Software stumpf Algorithmen ab, unabhängig von Ort und Zeit oder Nationalität, Hautfarbe, Religion oder Agenda der beteiligten Personen. Taucht man tiefer in die Technik ab, ergeben sich unzählige Anwendungsfälle, die Teilbereiche der heutigen Wirtschaft fernab von der Finanzwelt verändern.
Heute gelten Sie in der Branche als Blockchain Evangelist. Weshalb haben Sie bei MaibornWolff die diese Technologie von Anfang an so vehement verfolgt?
Dirk Röder: Ich habe das Thema vorangetrieben, weil ich an das disruptive Potenzial glaube. Bei MaibornWolff habe ich Mitstreiter und offene Ohren für das Thema gefunden.
Ich bin Mitte 2015 bei einem Start-up ausgestiegen, das ich mit zwei Freunden gegründet hatte. Durch Zufall lernte ich Volker Maiborn und sein Unternehmen MaibornWolff kennen. Sie suchten Mitarbeiter, die das Thema "digitale Disruption" verstehen. Davon ist die Blockchain letztlich ein Teil, und ich habe das Thema 2016 für MaibornWolff in einem F&E-Projekt entwickelt.
Gibt es bei MaibornWolff eine eigene Blockchain Unit? Wie ist das Thema im "IT-Diensleistungsalltag" bzw. in der Unternehmensstrategie verankert?
Dirk Röder: Mein Arbeitgeber ermutigt seine Mitarbeiter aktiv, sich außerhalb ihres Projekt-Alltags mit neuen Technologien oder Methoden zu beschäftigen. Diese Freiheit führt zu vielen tollen Innovationen und nebenbei zu einer sehr hohen Mitarbeiterzufriedenheit. Ich habe mich in das Thema Blockchain vertieft und es auf sein Geschäftspotenzial abgeklopft. Ergebnis der Entwicklung ist das Produkt "Blockchain Workshop". Es befriedigt das derzeit dringendste Marktbedürfnis, nämlich Antworten auf die Frage: Was ist Blockchain? Wie funktioniert sie? Und warum sollte ich mich damit beschäftigen?
In letzter Konsequenz entschieden sich mein Bereichsleiter Andre Mundo sowie die Geschäftsführung im März für eine Umbenennung unseres Fachbereichs in "Distributed Ledger Technologies". Das ist ein Bekenntnis, dass wir an die Möglichkeiten der Technik glauben, inklusive des daraus resultierenden Bedarfs für Beratungsleistungen und Software-Entwicklungsprojekte. Die Einheit hat bereits sieben Mitarbeiter.
Von der ersten Internetanwendung bis zum Einzug der Technologie in den Geschäfts- und Privatalltag dauerte es mehr als 20 Jahre. Warum sollte es bei der Blockchain anders sein?
Dirk Röder: Es ist schwer, genaue Prognosen abzugeben. Zwei Beobachtungen dazu: Innovationszyklen beschleunigen sich stetig; und: 2019 wäre bereits Halbzeit. Betrachtet man nun alleine die Entwicklungssprünge aus diesem Jahr, so erwarte ich eine erkennbare Verbreitung der Technik bis Ende 2019 in der Finanz-, Logistik-, Versicherungs- und Energiebranche.