Von Holm Landrock (Senior Advisor bei der Experton Group)
Im Anschluss an den vor einem Monat veröffentlichten ersten Verlgeich der Big-Data-Anbieter bewertet die Experton Group jetzt die Anbieter in der Kategorie "Operations". Diese Kategorie umfasst jene Hersteller, die für die Big-Data-Aufgaben der Anwender Dienstleistungen rund um den Rechenzentrumsbetrieb und den Betrieb von IT-Systemen anbieten.
Weil Big-Data-Projekte nicht einfach nur auf die schnellere Berechnung von KPIs und die Beschleunigung klassischer Business Intelligence (BI) abzielen, werden leistungsfähige IT-Systeme benötigt. Im Vorteil sind hier Anwender, die mit Supercomputing-Technologien vertraut sind. Anwender, die zwar von der Analyse komplexer Datenbestände profitieren wollen, aber die Investition in eine eigene Big-Data-Infrastruktur scheuen, können inzwischen auf recht attraktive Angebote von Dienstleistern zugreifen.
Unternehmen wie T-Systems, HP, IBM, Atos und Fujitsu (mit TDS) haben sich bei den im folgenden erläuterten Einzelkriterien immer wieder so gut entwickelt, dass sie sich im Leader-Feld platzieren. Erst die Gesamtheit der Kriterien zeigt ein realistisches Bild: Unternehmen, die beispielsweise durch Personalstärke oder große Investitionen stark sind, können mit Unternehmen mit einem guten Schulungsangebot in der gleichen Positionierung zusammentreffen.
- Erfahrungen beim Einsatz von Big-Data-Techniken
Es ist nicht so, dass noch niemand Big-Data-Projekte angegangen wäre. Es gibt sogar einige Beispiele von Unternehmen, die solche Projekte mit Erfolg absolviert haben. - Deutsche Welle
„Essenziell auch für Big-Data-Projekte sind eine klare Aufgabenstellung, Fokus auf die Lösung und die Nutzer dieser Lösung (weniger auf neueste Informationstechnik) und nicht zuletzt auch ein Gespür für Usability und Funktionsumfang eines Reporting-/Analyse-Dashboards. Weniger ist hier meistens mehr.“ - DeutschlandCard GmbH
„Nur ein minutiöser Migrationsplan mit mindestens einer kompletten Generalprobe inklusive Fallback-Test sichert die Betriebssicherheit einer solch komplexen Applikation mit ihren zahlreichen Schnittstellen zu externen Partnern.“ - Schukat Electronic
„Big Data Analytics ist nicht nur eine Herausforderung für Großunternehmen. Auch der Mittelstand muss sich immer mehr mit diesem Thema beschäftigen, um im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein. Das Anwendungsbeispiel verdeutlicht den Nutzen im Vertrieb. Aber beispielsweise auch in der Produktion mit Sensordaten etc. gibt es vielfältige Szenarien in den Fachabteilungen.“ - Otto Versand
„Wir haben erkannt, dass für unsere Anforderungen ein selbstlernendes System notwendig ist, das sich stetig ändernde Einflussfaktoren wie Ansprache und Artikel- Ranking oder im Printbereich Seitenanteil und Katalogausstoßmenge berücksichtigt. Damit steigt unsere Prognosequalität kontinuierlich, und die prognostizierten Absatzmengen werden immer präziser. Außerdem können wir uns frühzeitig auf künftige Entwicklungen einstellen.“ - Macy‘s
„Der Business-Nutzen zeigt sich erst, wenn Prozesse, die aufgrund fehlender Möglichkeiten bewusst eingeschränkt waren, verbessert werden. In diesem Fall ist es die früher gar nicht mögliche, sehr viel häufigere Preisoptimierung im Gesamtsortiment. Auch können nun sehr viel aktuellere Abverkaufszahlen mit in die Analyse einbezogen werden.“ - Telecom Italia
„Bestehende Segmentierungsmodelle können um rollenbasierte Modelle erweitert werden, indem der Einfluss auf das soziale Umfeld durch Leader, Follower etc. verdeutlicht wird. Leader gelten als Kommunikations-Hubs und haben einen starken Entscheidungseinfluss auf ihr Umfeld. Marketing- Strategien und Ansätze zur Kundenakquise können durch SNA optimiert werden. Eigenschaften der Communities, Wechsel zwischen den Communities und die Identifikation von Teilnehmern in Schnittstellenbereichen ermöglichen Rückschlüsse auf neue Kundensegmente und Zielgruppen.“ - Netapp
„Das auf Apache Hadoop basierende System arbeitet sicher, zuverlässig und höchst performant. Die Java-basierende Plattform verwendet offene Technologien und ist somit flexibel erweiterbar. Kunden vermeiden so bei niedrigen Betriebskosten (TCO) ein Vendor-Lock-in.“ - Semikron GmbH
„Big-Data-Projekte sind komplex. Oft sind Unternehmen nicht in der Lage, ihre tatsächlichen Datenbestände für die geplanten Projektvorhaben hinsichtlich ihrer Volumenentwicklung abzuschätzen. Bei Semikron hat sich beispielsweise gezeigt, dass sie von einem viel größeren Datenvolumen ausgegangen sind, als es tatsächlich der Fall war. Bei dem durchgeführten Proof of Concept stellte sich heraus, dass zwar die Vielzahl an Daten, die in den typischen Produktionsprozessen anfallen, sehr hoch ist, nicht aber das Datenvolumen.“ - Vaillant Group
„Allein die Umstellung der Systemlandschaft auf innovative Big-Data-Architekturen aus technischer IT-Perspektive ergibt belastbare Business Cases zur Reduzierung des TCO. Noch deutlich übertroffen werden für Fachabteilungen die Resultate aus dem Mehrwert der neuen Lösungen und Möglichkeiten in Verbindung mit der drastischen Reduzierung der Bearbeitungszeiten durch die Anwender.“ - TomTom
„Um die kompletten Anforderungen des Kunden in Big- Data-Projekten erfüllen zu können, ist übergreifendes Know-how erforderlich, das die Konfiguration von Hard- und Software, das Tuning und technisches Consulting umfasst.“ - United Overseas Bank (Singapur)
„Entscheidend ist das Denken in Geschäftsprozessen. Wird nur ein Teil beschleunigt, der Gesamtprozess bleibt aber unangetastet, so lässt sich der Vorteil nicht realisieren. Sowohl das Daten-Management im Vorfeld als auch die Echtzeit-Nutzung der Echtzeit-Ergebnisse sind bestimmende Faktoren für den erfolgreichen Einsatz dieser neuen Lösung.“ - Xing
„In kürzester Zeit stellten sich positive Effekte bei Xing ein, vor allem eine deutliche Verbesserung bei den Analysen. Prozesse können durch die neue Lösung schneller entwickelt und Ad-hoc Anfragen zügiger beantwortet werden. Es sind keine langen Workarounds mehr notwendig, alle BI-Mitarbeiter nutzen das neue System effektiv. Die Komplexität und die Wartung des Systems wurden merklich verringert. Bei der Arbeit mit der neuen Lösung konnte eine steile Lernkurve seitens der Anwender verzeichnet werden, auch wird spürbar produktiver gearbeitet.“ - In eigener Sache:
Mit diesen Anwenderzitaten wollen wir Ihnen Lust machen auf das nächste Heft in unserer vierteiligen Quadriga-Reihe. Titelthema ist Big Data. Anwenderbeispiele, visionäre Konzepte und Meinungen runden das Thema ab. Auch auf die Megatrends Mobility, Cloud Computing und Social Media werden wir wieder eingehen. Erscheinungstermin: 10. Juni 2013.
Kriterien für die Bewertung
1. Vision und Strategie
Für die Bewertung der IT-Operations-Dienstleistungen wurden vor allem auch die Vision und die daraus abgeleitete Strategie des Unternehmens stark in Augenschein genommen. T-Systems ist hier sicherlich hervorzuheben. Erst kürzlich hat T-Systems den Bau eigener Server für ihr Big-Data-Offering angeboten.
Diese Server werden in einer Kooperation mit Intel entwickelt und sollen T-Systems unabhängiger von Hardware-Partnerschaften machen. Dabei stehen Cloud-Services für "BI in the Cloud" und Big-Data-Analysen im Mittelpunkt. Im Big Data Vendor Benchmark konnte diese Ankündigung nicht mehr berücksichtigt werden, da sie nach dem Stichtag erfolgte.
2. Technologie und Funktionalität
Die Technologie und die Funktionalität der Lösungen, darunter auch die Benutzerfreundlichkeit, flossen ebenfalls in die Bewertung ein. Die Unterstützung der Softwarelösungen für die Aggregation großer Datenmengen, der Analyse und deren Syndizierung und Visualisierung bildete je eine Merkmalsgruppe. Neben Umsetzungsstärke, Branchenfokus und Preisen wurde beachtet, ob ein Unternehmen selbst oder über Partnerschaften Hardware anbietet, ob Anfragen zu Big Data als Cloud-Service bedient werden können oder ob das Unternehmen Big-Data-Offerings zu Produkten konfektioniert bzw. die Services auf Projektbasis bearbeitet und berechnet.
Das hat zum Beispiel auch HP erkannt und mit SAP zusammen ein Cloud-Offering erarbeitet, das zunächst in Australien und Neuseeland und später weltweit verfügbar sein soll. "SAP HANA aus der Cloud" heißt das Angebot, mit dem Unternehmen große Datenbestände schnell und ohne eigene Big-Data-Infrastruktur auswerten können. HPs SAP-HANA-aaS umfasst die Software-Lizenz, die Hardware und das Applikationsmanagement. Berechnungsbasis soll eine monatliche Gebühr sein.
Das ist ein guter Ansatz, um Anwender auf dem Weg zu einer Big-Data-Zukunft zu begleiten, also wenn es beispielsweise darum geht, BI oder Predictive Analytics im Multiterabytes-Bereich mit einer In-Memory-Datenbank zu beschleunigen.
SAP hat auch selbst noch einmal nachgelegt und die einzelnen Offerings in einer "Big-Data-HANA-Platform" zusammengeführt. Die gesamten Angebote, von HANA über Datenbanken und Applikationen, darunter Sybase IQ, und das Service-Offering, werden von SAP nun mit einem Plattform-Gedanken vermarktet, so dass Anwender sich mit der Big-Data-Vision von SAP und den dafür entwickelten Produkten und Dienstleistungen vertraut machen können.
- Die Hälfte der befragten Systemhäuser und Reseller (55%) hierzulande kennt das Thema Big Data. 45% der Befragten ist das Thema unbekannt.
- In Österreich und Schweiz zeigt sich, dass das Thema fast unbekannt ist. Von den hundert befragten Partnern kennen lediglich 10% das Thema. 90% der Befragten ist das Thema gänzlich unbekannt.
- Die Mehrheit der Befragten (54%) verbindet mit dem Thema Big Data die Schlagwörter große (unstrukturierte) Datenmengen mit dem Thema.
- Auf die Frage, welche Hersteller den befragten Systemhäusern und Resellern im Rahmen von Big Data spontan einfallen, nennen die meisten Partner IBM (30%). 2
- Lediglich 22% der Befragten bieten aktiv Lösungen im Bereich Big Data für Kunden an.
- Von den Partnern, die Big Data Lösungen in Ihrem Portfolio haben, bieten die meisten Dienstleistungen in diesem Bereich an (47%).
3. Abgrenzung zu Cloud-Angeboten
Eine Rolle spielt im Big Data Vendor Benchmark, wie die Unternehmen ihr Big-Data-Offering von einem Cloud-Offering unterscheiden und welche technischen Grenzen derzeit z.B. hinsichtlich der verarbeitbaren Datenvolumina bestehen. Die getroffenen Aussagen im Bereich Projects und Consulting zu den Services bzw. Maßnahmen rund um den Datenschutz, den Schutz der Privatsphäre (Anonymisierung und Pseudonymisierung der Quelldaten) gelten auch hier.
Folgende Anbieter wurden im Bereich Big Data Operations bewertet: Arvato, Atos, Capgemini, Computacenter, Fujitsu / TDS, HP, IBM, Realtech, Savvis, T-Systems.
Besonders auffällig ist das schmale Delta zwischen den Offerings. Tatsächlich beträgt die größte Spanne der Bewertungs-Scores nur 23 Prozentpunkte. Für Experton ist das eine Bestätigung für einen noch jungen Markt, und es lässt sich daraus ableiten, dass hier noch viele Unternehmen im Markt auftauchen können.
- 4 Kriterien, die für Big Data kennzeichnend sind (Quelle: IDC, 10/2012)
- Big Data Technologie-Stack (Quelle: IDC, 10/2012)
- Permanentes Datenwachstum (Quelle: IDC, 10/2012)
- Datenwachstum aus unterschiedlichsten Quellen (Quelle: IDC, 10/2012)
- Einschätzungen der Anwender zum Datenwachstum (Quelle: IDC, 10/2012)
- Herausforderung bei Datenmanagement und Datenhaltung (Quelle: IDC, 10/2012)
- Technologische Herausforderungen beim Datenmanagement(Quelle: IDC, 10/2012)
- Was ist neu an der Big-Data-Technologie? (Quelle: IDC, 10/2012)
- Neue Generation von Technologien und Architekturen(Quelle: IDC, 10/2012)
- Big Data: Lösungen und Technologie (Quelle: IDC 10/2012)
- Big Data - Herausforderungen aus Sicht der IT-Entscheider(Quelle: IDC, 10/2012)
- Potenzial von Big Data aus Business-Sicht (Quelle: IDC, 10/2012)
- Big-Data-relevante Geschäftsbereiche (Quelle: IDC, 10/2012)
- Organisationsmodelle für Big Data (Quelle: IDC, 10/2012)
- Welche Anbieter bevorzugen Anwender bei der Umsetzung von Big-Data-Projekten? (Quelle: IDC, 10/2012)
- Wie groß sind 1 Zettabyte? (Quelle: IDC, 10/2012)
IBM überzeugte
Die im Markt sichtbaren Unternehmen können sich im Wettbewerb neu positionieren und nach vorn rücken, z.B. durch spezifische ergänzende Leistungen zu den bisherigen Services - wie es HP, SAP und T-Systems ja derzeit vormachen.
IBM überzeugte vor allem mit der am deutlichsten herausgearbeiteten Big-Data-Strategie. Die Kernbestandteile sind die Big-Data-Implementation-Services, die neben den Lösungen von IBM auch die Lösungen unabhängiger Dritter, Architekturservices, Betriebsmodelle und ein Cloud-Offering enthalten.
HP hat mit der Big Data Discovery Experience - eine vorintegrierte, Cloud-basierende Lösung auf der Basis der Autonomy, Vertica und Hadoop - ihr Big-Data-Offering konkret benannt. Auch hier spielt es unterstützend eine Rolle, dass Hewlett-Packard als Komplettanbieter im Markt präsent ist. T-Systems hat die Unternehmens-Vision von Big Data schon umfassend in eine Strategie überführt und organisiert sich hinsichtlich der Big-Data-Bedarfe. Dies wird durch konkrete Projekte untermauert.
T-Systems benennt zudem konkrete Preise für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Big-Data-Projekten.
Fujitsu / TDS befindet sich ebenfalls im Leader-Quadranten und bietet über den Entwurf und Implementierung der zukünftigen Infrastruktur, automatisierte Prozesse, einem skalierenden und flexiblen Server-Portfolio bis hin zu einem kompletten Betrieb der Big-Data-Infrastruktur als "Managed Service" oder über die Cloud Plattform, alle Kernkomponenten, die für den Betrieb der Systeme für Big-Data-Aufgaben nötig sind. Bewertet wurde auch die Verfügbarkeit der Power Appliance für HANA. Atos gehört zu den Unternehmen, die ihre technische und fachliche Kompetenz für Big-Data-Aufgaben und die entsprechenden IT-Operations-Services nachweisen können, aber gegenüber dem Wettbewerb noch stärker wachsen könnten, um die Marktposition zu festigen. (rb)