Gartner-Analyse

AWS drängt in den Datenbank-Markt

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs "CIO des Jahres". Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
In den jahrzehntelang festgefügten Datenbank-Markt kommt Bewegung. Laut einer aktuellen Gartner-Analyse schafft es Amazon Web Services (AWS) erstmals unter die Topanbieter. Zugleich stößt Microsoft den Erzrivalen Oracle vom Thron.

Langweilig, statisch, dominiert von den immer gleichen IT-Konzernen: So erschien der Markt für klassische relationale Datenbanken noch vor wenigen Jahren. Mit der wachsenden Akzeptanz von Cloud- und Big-Data-Konzepten in der Unternehmens-IT hat sich das Bild gründlich verändert. Das zeigt die aktuelle Gartner-Analyse "Magic Quadrant for Operational Database Management Systems". Von den Platzhirschen müssen dabei vor allem Oracle, IBM und SAP Federn lassen, Amazon Web Services darf sich künftig als einer der "Leader" betrachten.

Gartner analysiert in dem Report sowohl kommerzielle als auch Open-Source-Datenbankanbieter aus unterschiedlichen Segmenten. Dazu gehören neben traditionellen relationalen Datenbank-Management-Systemen (RDBMS) auch NoSQL- und In-Memory-Datenbanken. Auch hinsichtlich der Deployment-Modelle ist die Palette breit: Sie reicht von klassischer lizensierter Software über Public-Cloud-Angebote bis hin zu Datenbank-Appliances. Die Analysten untersuchten in diesem Rahmen mehr als 30 Anbieter. Die sehr detaillierte Analyse lässt sich in sechs Kernaussagen zusammenfassen.

1) Microsoft stößt Oracle vom Thron

Zum ersten Mal positioniert Gartner den langjährigen Herausforderer Microsoft vor dem Erzrivalen Oracle im "Leaders"-Quadranten. Ausschlaggebend dafür seien unter anderem Microsofts Investitionen in seine Data-Plattform, begründen die Analysten ihre Einschätzung. Dazu gehören etwa die NoSQL-Datenbanken "Azure DocumentDB" und "Azure Tables" sowie diverse Cloud-Angebote. Die "hybriden" Fähigkeiten von Microsofts klassischer relationaler Datenbank SQL Server spielten ebenfalls eine Rolle. Das System lässt sich sowohl on premise als auch in der Cloud nutzen. Im Vergleich zur Konkurrenz hebt Gartner den produktübergreifenden In-Memory-Ansatz sowie die "Cloud-first"-Strategie des Microsoft-Managements hervor.

Oracle dagegen habe im Cloud-Zeitalter zunehmend Schwierigkeiten, seine führende Position zu behaupten, so Gartner. Die Kunden forderten flexiblere Lizensierungsmodelle, um die Vorteile von Cloud-Konzepten nutzen zu können. Eine wachsende Anzahl von Anwendern sei unzufrieden mit den "drakonischen" Pricing- und Auditing-Praktiken der Ellison-Company. Darüber hinaus fürchteten sie eine wachsende Herstellerabhängigkeit, wenn Appliance-Angebote ("Engineered Systems") wie Oracle Exadata oder SuperCluster eingesetzt würden.

2) AWS wird zum Datenbank-Schwergewicht

Zum ersten Mal nimmt Gartner Amazon Web Services (AWS) in den Kreis der führenden Datenbankanbieter auf. Den etablierten Anbietern IBM, Microsoft und Oracle muss das zu denken geben. AWS offeriert derzeit zwei Datenbank-Varianten: Amazon RDS und Amazon DynamoDB. Über RDS können Kunden klassische Datenbanken wie Microsoft SQL, MySQL, Oracle, PostgreSQL und MariaDB als Managed Database in der Amazon-Cloud nutzen. Bei DynamoDB handelt es sich um eine NoSQL-Datenbank, die als Cloud-Service angeboten wird.

Mit Aurora hat Amazon darüber hinaus eine eigene Datenbank-Engine auf den Markt gebracht, die sich ebenfalls über RDS nutzen lässt. Die breite Palette an Optionen und die einfache Bereitstellung der Services haben AWS laut Gartner geholfen, eine führende Position im Markt zu erobern. Drei Viertel der befragten Kunden wollten in den kommenden zwölf Monaten weitere AWS-Services zukaufen.

Mit seinen Cloud-basierten Datenbank-Services schafft es AWS auf Anhieb in den Leaders Quadranten von Gartners Magic Quadrant 2015.
Mit seinen Cloud-basierten Datenbank-Services schafft es AWS auf Anhieb in den Leaders Quadranten von Gartners Magic Quadrant 2015.
Foto: Gartner

3) IBM verliert im Datenbank-Markt

Obwohl IBM sein Datenbank-Portfolio ausgebaut hat, verliert der Konzern kontinuierlich Marktanteile, kommentieren die Gartner-Experten. Mit DB2 hat Big Blue zwar nach wie vor eines der großen und etablierten RDBMS im Programm. Zudem ergänzte IBM mit dem Zukauf von Cloudant die Produktpalette um eine NoSQL-Datenbank und kündigte die Unterstützung von Apache Spark an. In puncto Performance erhalte der Anbieter aber von den befragten Kunden bemerkenswert schlechte Noten. Auch die Preismodelle kämen bei vielen Unternehmen nicht gut an.

4) SAP spürt den Gegenwind aus dem Cloud-Lager

Neben Oracle bekommt auch SAP den Konkurrenzdruck aus dem Lager der Cloud-Anbieter zu spüren. Die Walldorfer haben derzeit drei Angebote im Programm: SAP Adaptive Server Enterprise (ASE), SAP SQL Anywhere und SAP HANA. Über die HANA Cloud Platform (HCP) offeriert SAP die In-Memory-Datenbank HANA auch in einem Cloud-Modell. Nicht wenige Kunden aber hadern mit SAPs Strategie, HANA zu einer General-Purpose-Software-Plattform auszubauen, so Gartner. Im Zuge der Befragungen zum aktuellen Magic Quadrant hätten zudem mehr Kunden als bei allen anderen Anbietern von Softwarefehlern berichtet. Auch die Beurteilungen für den Support seien im Vergleich mit anderen Playern schlecht ausgefallen.

5) Big Data kommt mit Macht

Zu den Hadoop-Spezialisten, die es in Gartners Magic Quadrant geschafft haben, gehören Cloudera, Hortonworks und MapR. Bestehende Kunden dieser Anbieter planten weitere Investitionen in ihre Big-Data-Stacks, berichtet Gartner. So hätten etwa Cloudera-Nutzer angegeben, in den kommenden zwölf Monaten weitere Lizenzen, Produkte oder Features zu beschaffen. Auch Hortonworks habe sich eine starke Sichtbarkeit im Markt erarbeitet, während MapR seine Cloud-Angebote durch Trainings- und weitere Services ergänze.

6) Ausblick 2017: Der Markt konsolidiert sich

Wie wird sich der Datenbank-Markt bis zum Jahr 2017 entwickeln? Gartner rechnet damit, dass die führenden DBMS-Anbieter relationale und NoSQL-Datenbank-Engines in einer Plattform vereinen. Der Begriff NoSQL spiele dann kaum mehr eine Rolle, wenn es um die Differenzierung von Datenbank-Angeboten gehe. Durch Übernahmen, Fusionen und das Scheitern einiger Anbieter werde sich der Markt in den kommenden Jahren konsolidieren, so die Analysten. (wh)

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