Auf seiner Hausmesse OVH Summit in Paris hat das französische Unternehmen OVH nicht nur zahlreiche neue Services und den Ausbau bisheriger Dienste angekündigt, sondern sich auch ganz klar als weltweite Alternative zu den drei großen US-Cloud-Anbietern AWS, Google und Microsoft positioniert. Dazu sieht es sich nach der Übernahme und der nun abgeschlossenen Integration des Cloud-Geschäfts von VMware in den USA und der in den vergangenen zwei Jahren verfolgten Expansionsstrategie, in deren Zuge es auch ein Rechenzentrum in Deutschland errichtete, nun in der Lage.
„Trotz der niederdrückend erscheinenden Übermacht der US-Cloud-Giganten haben wir keinen Grund zu verzweifeln“, erklärte Gründer und Vorstand Octave Klaba zum Abschluss seines Vortrags auf der Hausmesse. „Wir haben es als Europäer schwer, denn wir halten uns an die hier geltenden Gesetze und wir bezahlen hier unsere Steuern, während sie nur damit spielen“, griff der Manager die Konkurrenz offen an. Die Angebote seines Unternehmens seien aber gerade deshalb für viele Firmen interessant, weil die nicht fürchten müssten, dass OVH einmal mit ihnen in Wettbewerb tritt.
Bei AWS, Google und Microsoft sei das anders: „Deren Ambitionen sind unbegrenzt und sie greifen nach allem“, so Klaba, der sich seine Meinung durch eine kurze Abstimmung per Handzeichen im Publikum bestätigen ließ. Demnach sieht sich derzeit zwar nur ein kleiner Teil der OVH-Kunden durch die US-Giganten in seinem Geschäft bedroht, ein erheblicher Teil fürchtet aber, dass dies in den kommenden Jahren der Fall sein wird.
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Um Europa zu mehr Geltung im Web zu verhelfen, strebt Klaba eine lockere Allianz europäischer Firmen an. Wie genau die strukturiert sein soll, steht noch nicht fest. Sicher ist aber, dass die Zusammenarbeit nicht auf direkten gegenseitigen kommerziellen Verbindungen beruhen, sondern sich an den Prinzipien der Open-Source-Community orientieren soll. Mit denen hat OVH als der einer der größten OpenStack-Anwender weltweit ausreichend Erfahrungen.
Um sich seinem neuen Projekt widmen zu können und gleichzeitig das Wachstum der Firma weiter voranzutreiben, hat Klaba vor wenigen Wochen Michel Paulin als CEO geholt. Der hat jahrelange Erfahrung im Top-Management des französischen Telekommunikationskonzerns Orange mitgebracht. Nun soll er OVH zum Umsatzmilliardär machen. Ein IPO ist dazu nicht kategorisch ausgeschlossen, in den kommenden Jahren aber nicht fest eingeplant. Dank zwei Investoren sei das für die in Angriff genommene Expansion erforderliche Geld vorhanden. Für den Zeitraum 2016 bis 2020 sind dafür immerhin 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Zudem betreibt OVH das operative Geschäft profitabel.
Damit hat Klaba, der in seinem Heimatland eine der Stars der Digitalszene ist, Zeit für seine europäische Cloud-Revolution. Bei zahlreichen Treffen mit anderen Unternehmern habe er in den vergangenen Monaten bemerkt, dass man ähnlich denke und ähnliche Ziele habe. Gemeinsam sei der Wunsch, dass Europa in der IT und im Internet eine ernstzunehmende Rolle zufällt-nicht nur als Konsument amerikanischer Angebote. Um das zu erreichen, will Klaba 1000 Firmen in einem losen Bund zusammenführen. Durch die Kooperationen hofft er, dass in zehn Jahren daraus 100 Firmen mit mehr als einer Milliarde Umsatz entstehen.
„Sie glauben, ich bin ein bisschen verrückt? Das ist nicht das erste Mal“, so Klaba. „Das hat man mir auch bei der Gründung meiner Firma gesagt und als wir das Cloud-Geschäft von VMware in den USA gekauft haben. Aber das hat immer funktioniert. Warum sollte es diesmal nicht auch klappen“-sprach´s, nahm sich die E-Gitarre und spielte auf der Bühne den Metallica-Klassiker „Nothing else matters“.