Die Garantie-Bearbeitung des Hürther IT-Distributors Astra Datentechnik GmbH gab den Fachhändlern laufend Anlass zu Klagen. "Am 27. September hatten wir zwei Prozessoren zur Garantieabwicklung an Astra versandt. Am 30. Oktober bekamen wir sie endlich zurück", schimpft Bernd Reipschläger von Tiedemann EDV in Hamburg. Die Retoursendung sei auch erst nach schriftlicher Mahnung erfolgt.
Ähnlich ging es ihm mit einem defekten 256-DRAM-Speicher, der über einen Monat lang unterwegs war. In den letzten sechs Garantiefällen sah sich der Händler jedes Mal gezwungen, schriftliche Mahnungen an Astra zu senden. "Wir sind natürlich kein großer Kunde bei Astra, aber ich bin der Meinung, das dürfte trotzdem nicht passieren", sagt Reipschläger. Er mutmaßt, dass das schnelle Wachstum des Distributors in den vergangenen Jahren der Grund für dieses Servicedefizit sein könnte.
Die Astra Datentechnik konnte in den vergangenen Jahren ein stabiles Wachstum vorweisen. Mitte 2001 erhöhte der Disti sein Umsatzziel von 383 Millionen Euro auf 409 Millionen Euro und wies nach Abschluss des Geschäftsjahres einen Gesamtumsatz von mehr als 462 Millionen Euro aus (siehe auch ComputerPartner 02/02, Seite 44). In den ersten Monaten dieses Jahres lagen die Erlöse nach Angaben von Mumm um rund 20 Prozent über Vorjahr.
"Kostenapparat deutlich unter fünf Prozent"
ComputerPartner gegenüber de-mentiert Astra-Geschäftsführer Guido Mumm, dass sich der Distributor mit seinem strammen Wachstum selbst in erhebliche Finanzprobleme gebracht habe. Angeblich sollen auch die Kreditversicherer den Distributor aus Hürth bei Köln mit besonderer Aufmerksamkeit beobachten. "Es freut uns natürlich, dass sich die großen Broadliner so intensiv mit uns beschäftigen. Aber diese Gerüchte sind Quatsch. Wir haben eine Marge von über sechs Prozent und einen Kostenapparat von deutlich unter fünf Prozent. Also, wo ist das Problem?" sagte Mumm im Gespräch mit ComputerPartner. Bei Astra steht in den nächsten Wochen eine Kapitalerhähung an.
Dennoch scheinen bei dem schnellen Wachstum die Kapazitäten für RMA-Abwicklungen nicht mitgewachsen zu sein. "Wir hatten in der Vergangenheit Probleme mit der Garantieabwicklung", gibt Guido Mumm, Geschäftsführer und Finanz-Chef der Astra Datentechnik GmbH, zu. Besonders während der Lagerumstellung auf die halbautomatische Kommissionierungsanlage und der damit verbundenen Umstellung des Warenwirtschaftssystems sei dieser Bereich in den Hintergrund getreten. Das war im Februar dieses Jahres. "Aber jetzt sind wir wieder up to date. Und so soll es auch bleiben", sagt Mumm und ergänzt: "Wir geloben nicht nur Besserung, sondern wir leben sie bereits."
Von der Handarbeit zur EDV-gestützten Abwicklung
Noch vor wenigen Monaten wurde die RMA-Abwicklung bei Astra per Hand erledigt. Mit der Inbetriebnahme der halbautomatischen Kommissionieranlage zusammen mit dem neuprogrammierten Warenwirtschaftssystems sollte zumindest dieser Teil des Warenaustausches schneller vonstatten gehen. Zudem habe man "an der Qualifikation der Mitarbeiter gearbeitet und das Personal aufgestockt". Bei Astra wird nun die Mehrzahl der Artikel per Seriennummer erfasst. Das heißt: bessere Verlaufskontrolle von gelieferten und zurückgenommenen Produkten.
Doch die EDV-gestützte Lagerkontrolle öffnete dem Disti auch die Augen: "Mit Einführung dieses Systems haben wir erst bemerkt, dass uns Teile zurückgeschickt wurden, die ein anderer Distributor geliefert hatte", sagt Mumm. In einem solchen Fall versichert der Astra-Chef jedoch, die Garantieabwicklung ohne Berechnung von weiteren Kosten für seine Kunden abzuwickeln.
Garantiefälle, die eigentlich keine sind
Mumm weist darauf hin, dass der Fachhandel an manch schwieriger Abwicklung nicht ganz unschuldig ist. "Wenn ein Kunde eine CPU zusammen mit einem Mainboard bestellt und diese dann montiert, obwohl er von unserem Verkaufspersonal darauf hingewiesen wurde, dass diese Komponenten nicht zusammenpassen, betrachte ich das nicht als RMA-Fall." Zudem gebe es laut Mumm Kunden, die eine Rücklastschrift "mangels Deckung" mit defekter Ware rechtfertigen. Astra bemühe sich dennoch, all diese Fälle so schnell wie möglich abzuwickeln. "Ich habe soeben in unser System geschaut. Der RMA-Rückstand ist gleich null", sagt Mumm stolz.
Auch die Garantiefälle von Herrn Reipschläger aus Hamburg sollten damit erledigt sein. "Wir werden es bei der nächsten Rücksendung ja sehen", sagt Reipschläger vorsichtig. www.astra-gmbh.de
ComputerPartner-Meinung:
Die Schwierigkeiten mit der RMA-Abwicklung bei Astra bestehen nicht erst seit gestern. Durch die Umorganisation und das Wissen um dieses Problem sollte der Distributor dies zu einer der Prioritäten machen. Denn eine lasche RMA-Abwicklung kann, schneller als man denkt, zur Beendigung einer Geschäftsbeziehung führen. (bw)