In Redmond müssten angesichts der letzten iPhone-Präsentation eigentlich die Champagnerkorken geknallt haben. Wann, wenn nicht jetzt, waren für Microsoft die Chancen besser, verlorenes Terrain im Smartphone-Markt wieder gut zu machen? Blackberry, der einstige Star unter den Smartphones und lange das Non plus ultra für Unternehmenskunden schwächelt weiter und Apple, das Smartphones erst zu einem Massenmarkt machte, verliert die Innovationskraft. Eine Lücke, die Microsoft/Nokia mit ihren Lumias füllen könnten.
Das poppige Farbdesign, mit dem Apple nun beim 5C aufwartet, haben die Lumias bereits. Allerdings mit dem feinen Unterschied, dass sie deutlich weniger als ein iPhone 5C kosten. 599 Euro für ein Smartphone mit Technik aus dem letzten Jahr zu verlangen, kann man nur als dreist bezeichnen. Dass die einstige Edelmarke Apple dabei auch noch auf Plastik als Gehäusematerial setzt, entbehrt nicht einer gewissen Komik: In den letzten Jahren wurde immer wieder besonders betont, dass man - im Gegensatz zur Konkurrenz aus Korea - nicht auf billiges Plastik setze, sondern wertigere Materialien verbaue. Gleichzeitig dürfte es mit diesem Gerät kaum gelingen, in den immer wichtiger werdenden Märkten der Schwellenländer zu punkten. Will Apple diese Märkte wirklich kampflos der Konkurrenz überlassen?
Auch das neue 5S ist leider kein Hort der Innovation. Schnellere Prozessoren verbauen andere Hersteller in ihren neuen Modellen auch. Und ein Fingerscanner ist nun wirklich nichts Neues. Damit erlitt Toshiba schon 2007 mit dem Portégé G500 Schiffbruch, da die User dieses Features schlicht nicht wollten. Zudem muss die Frage erlaubt sein, wie der Fingersensor ein Sicherheits-Features sein soll, wenn ihm die Lebenderkennung fehlt. Wie solche Sensoren mit Tesafilm und Co. ausgetrickst werden, wurde schon zur Genüge demonstriert.
Absolut nicht verständlich ist, warum Apple noch immer keinen NFC-Chip verbaut - und das in Zeiten, wo alle Welt vom Zukunftsmarkt Mobile Payment spricht. Das Argument der Apple-Jünger, NFC brauche kein Mensch, da es eh keine Anwendungen gebe, sticht langsam nicht mehr. Messen wie der Mobile World Congress zu Jahresanfang zeigen zur Genüge, was mit der NFC-Technik alles machbar ist. Und sieht man einmal über den Apple-Tellerrand hinaus und blickt nicht nur auf Deutschland, dann finden sich Städte wie Nizza, wo NFC im öffentlichen Nahverkehr, in Museen etc. längst zum gelebten Alltag gehört.
Zudem dürfte es die zahlungskräftige iPhone-Klientel künftig sicherlich nicht cool finden, wenn die Freunde mit Android-Gerät im Hotel ihre Zimmertüre per Smartphone öffnen und sie selbst noch eine der altmodischen Schlüsselkarten benötigen, weil ihr Handy kein NFC spricht.
Unter dem Strich bleibt Apples iPhone-Vorstellung eine Enttäuschung: Innovativ ist etwas anderes und potenzielle Sicherheitsprobleme (laut Berichten eines deutschen Nachrichtenmagazins witzelt man bei der NSA über iPhone-Benutzer als Zombies, weil der remote Zugang zu den Geräten so einfach ist) werden totgeschwiegen. Die Situation erinnert ein wenig an den Niedergang von RIM/Blackberry.
Sich auf ihren Lorbeeren ausruhend verschliefen die Kanadier ebenfalls aktuelle Markttrends. Als das Management dann aufwachte, war es bereits zu spät und Blackberry spielte im dynamischen Smartphone-Markt keine Rolle mehr. Immerhin gibt die nächste iOS-Version 7 Anlass zur Hoffnung, da sie mit einigen interessanten Features aufwartet - und an einem möglichen Duopol aus Android und Windows Phone kann nun wirklich niemand Interesse haben, denn Innovation wurde bislang immer durch Konkurrenz und Wettbewerb gefördert.