Offener Brief des Bundesverbands der IT-Anwender

Anwender rufen EU-Kommission gegen VMware zu Hilfe

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Der Bundesverband der IT-Anwender (VOICE e.V.) hat in einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das missbräuchliche Marktverhalten von VMware und seiner Mutter Broadcom deutlich kritisiert und Veränderung der Lizenzbedingungen in acht Bereichen gefordert.
VMware versucht die Vereinfachung seiner Lizenzpolitik in den Vordergrund zu stellen, viele Anwneder sehen vor allem höhere Kosten auf sich zukommen - und fühlen sich vom Hersteller über den Tisch gezogen.
VMware versucht die Vereinfachung seiner Lizenzpolitik in den Vordergrund zu stellen, viele Anwneder sehen vor allem höhere Kosten auf sich zukommen - und fühlen sich vom Hersteller über den Tisch gezogen.
Foto: T. Schneider - shutterstock.com

Nach Abschluss der Übernahme von VMware hat Broadcom sehr schnell die Lizenzbedingungen geändert. Der neue Besitzer weist vor allem auf die deutlich einfacher und übersichtlicher gewordenen Lizenzpakete hin - und hat dabei nicht Unrecht. Allerdings bringt die Vereinfachung für viele Unternehmen auch erhebliche Kostensteigerungen mit sich. Weil VMware in seinem Marktsegment eine dominierende Stellung einnimmt, hat sich im April bereits die EU-Kommission eingeschaltet.

Jetzt hat sich der Bundesverband der IT-Anwender (VOICE e.V.) erneut an die Kommission aufgefordert. In einem offenen Brief fordert die Interessenvertretung die Kommission auf, Broadcom/VMware zu Veränderung der Lizenzbedingungen in acht konkreten Bereichen zu bewegen. Aus Sicht des Verbandes "diktiert VMware seinen Kunden Lizenzbedingungen, die ihnen gravierende Nachteile und erhebliche Kostensteigerungen einbringen. Beispielsweise wurden viele bisher einzeln beziehbare Applikationen und Services so gebündelt, dass Anwenderunternehmen teilweise vor Preiserhöhungen von mehreren 100 Prozent stehen."

Der Verband kritisiert auch, dass Broadcom/VMware Kundenkategorien eingeführt hat, für die das Unternehmen den Zugang zu den geschaffenen Service-Bundles entweder einschränkte oder enorm verteuerte: "Nach Auffassung von VOICE und seinen Schwesterverbänden aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden (Beltug, Cigref, CIO Platform Nederlande) nutzt Broadcom/VMware hier seine Marktmacht missbräuchlich aus."

Die Interessensvertretung fordert die Kommission deshalb in einem offenen Brief (PDF) dazu auf, von Broadcom/VMware folgende acht konkrete Veränderungen in ihrer Lizenzpolitik zu verlangen. Außerdem behält sich der Verband, der über 440 Mitglieder zählt und 3.000 Unternehmen vertritt, rechtliche Schritte vor.

  • 1. VMware-Produkte für Server-, Speicher- und Netzwerkvirtualisierung (vSphere/vCenter, vSAN, NSX) werden (auch) einzeln ohne kommerzielle Bündelung untereinander oder mit anderen Produkten (wie Aria) verkauft.

  • 2. Sämtliche VMware-Kunden können sämtliche VMware-Produkte ohne Einschränkungen in Bezug auf Kategorisierungen wie Kundengruppen uund so weiter erwerben.

  • 3. Rabatte werden auf alle Produkte gewährt, ohne dass eine eindeutige Bevorzugung vorliegt, so dass kein der Bündelung gleichwertiger Effekt erzielt wird.

  • 4. Broadcom/VMware gewährt die vertraglich vereinbarten Verlängerungsklauseln zum Ende der Vertragslaufzeit (sogenannte "outyear renewal clause").

  • 5. Bestehende unbefristete Lizenzen werden beim Erwerb von Abonnementlizenzen angemessen kompensiert.

  • 6. Die Anforderung von mindestens 16 Cores pro CPU bei der Ermittlung der Lizenzkosten wird ersatzlos gestrichen.

  • 7. Alle Verträge, die bereits unter dem von Broadcom eingeführten Lizenzsystem abgeschlossen wurden, werden rückwirkend auf das unter Ziffer 1 bis 8 beschriebene System umgestellt, so dass die Kunden auch rückwirkend die gewünschten Produkte individuell ohne kommerzielle Bündelung auswählen können.

  • 8. Mehrkosten für Verträge, die bereits nach dem neuen Lizenzsystem abgeschlossen wurden, werden umgehend erstattet.

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