Ein Notebook ist ein Notebook und eine Grafikkarte eine Grafikarte. Aber was ist Amazon Echo, dasseit Oktober 2016 auch in Deutschlandverfügbar ist? „Amazon Echo ist ein Lautsprecher, der ausschließlich über Sprache gesteuert wird. Amazon Echo greift auf den Alexa Sprachdienst zu, um Musik abzuspielen, Informationen, Nachrichten, Sportergebnisse oder das Wetter abzurufen und vieles mehr – und zwar unmittelbar. Sobald man das in der Alexa App festgelegte Aktivierungswort spricht, leuchtet Echo auf und es kann losgehen!“ Genug der offiziellen Erklärung: Wir folgen der Aufforderungen und legen los.
Test-Fazit: Amazon Echo
Die Hardware und die Spracherkennung des smarten Lautsprecherassistenten Echo, der nun auch in Deutschland erhältlich ist, funktionieren tadellos. Defizite gibt es noch bei den Antworten auf Wissensfragen sowie den Diensten und Anwendungen, die sich mit Echo steuern lassen. Hier hat Amazon versprochen, in den nächsten Monaten zu liefern. Der Charme des Systems liegt darin, dass man die Cloud-Spracherkennung Alexa ganz natürlich fragen und mit etwas beauftragen kann. Das Potential dieses persönlichen Assistenten ist jedenfalls gewaltig.
+ Spracherkennung funktioniert tadellos
+ einfache Steuerung von Musikdiensten wie Spotify
+ großes Potential für die Zukunft
- (noch) deutliche Wissenslücken bei Fragen
- Zahl der unterstützten Dienste bisher überschaubar
Ganz so einfach wie versprochen gestaltet sich die Einrichtung dann aber doch nicht. Denn nach der Installation der Alexa App aus dem Playstore muss man am Smartphone über ein separates zweites WLAN doch noch Hand anlegen. Hat man diesen manuellen Eingriff erst einmal vergegenwärtigt, ist der smarte Lautsprecher wirklich innerhalb von einer Minute startklar.
„Alexa, warum ist der Himmel blau?“
Selten bin ich als Redakteur gleichzeitig so gespannt, neugierig und skeptisch, was ein neues Produkt beziehungsweise ein neuer Dienst kann und leistet. Zwar gibt es mit Siri, Google Now und Cortana schon Assistenten fürs Smartphone und den PC, aber keine Stand-alone-Lösungen für Zuhause. UndGoogle Home, die smarte Lautsprecherkonkurrenz des Suchmaschinenkonzerns, wird in Deutschland voraussichtlich erst 2017 erhältlich sein.
„Alexa, warum ist der Himmel blau?“ Unabhängig davon, ob man nun tatsächlich eine Antwort auf genau diese Frage haben möchte, symbolisiert das Beispiel doch gut, wie man mit der neuen Mikrofon-Lautsprecherkombination kommunizieren kann: nämlich ganz normal!
Genau darin liegt auch der Charme. Abgesehen von einigen Signalwörtern wie der – analog zu „Mama“ oder „Papa“ – Zuhöraufforderung „Alexa“ (wahlweise auch „Amazon“ oder „Echo“) kann man Fragen stellen oder sprechen wie mit einer natürlichen Person: Wie wird das Wetter morgen? Spiel bitte „Beat it“ von Michael Jackson! Oder: Stelle den Wecker auf 6:30 Uhr.
Und funktioniert das denn auch? Jein! Denn während Amazons Sprachdienst in der Cloud viele Dinge korrekt ausführt und selbst auf ziemlich abgedrehte Fragen sinnvolle Antworten findet, patzt Alexa peinlicherweise anderswo: „Wann war der Zweite Weltkrieg?“ ist da nur ein besonders prominentes Beispiel. Manchmal liegt der Assistent auch einfach daneben (oder schaut nicht an der richtigen Stelle der Datenbank oder im Web nach), manchmal ist die Antwort auch unnötig kompliziert. Denn wer auf die Schnelle 46 Grad Fahrenheit in Celsius umgerechnet haben möchte, braucht vermutlich nicht acht Stellen nach dem Komma – maximal eine hätte durchaus genügt!
Nun ist der US-Hersteller keineswegs so vermessen zu behaupten, Alexa sei bereits perfekt. Im Gegenteil: Der Sprachdienst lerne immer dazu und erhalte dank Aktualisierung über die Cloud neue Funktionen und Fähigkeiten. Nun gut. Wünschenswert wäre immerhin eine kurze Erklärung, warum Echo eine Antwort gerade nicht kennt: Muss man vielleicht nur anders fragen im Sinne von „Ich verstehe die Frage nicht?“ oder kann der Dienst die Frage inhaltlich eben nicht beantworten – hier wäre ein Update wünschenswert.
Amazon Echo kostet 180 Euro, die Alternative Echo Dot nur 60 Euro
Andererseits kann Alexa bei allen Defiziten eine ganze Menge: So einfach und unkompliziert den Wecker zu stellen, so einfach und unkompliziert ein bestimmtes Album abzuspielen oder so einfach und unkompliziert den Verkehr auf dem Weg zur Arbeit abzufragen ist durchaus eine Leistung. Zumal das Gerät mit seinen sieben (!) Mikrofonen wirklich präzise und bemerkenswert gut auf Kommandos reagiert, selbst wenn diese aus dem Nachbarraum kommen oder man undeutlich spricht. Nur in richtig lauter Umgebung, wenn nach Kommandos wie „Alexa, lauter“ oder „Alexa, Lautstärke 8“ (von 10) bereits die Bässe des im Übrigen durchaus akzeptablen Lautsprechersounds wummern, geht das Mikrofon in die Knie.
Ach ja, die wichtigsten Infos zum Gerät: Nachdem Echo schon seit zwei Jahren in den USA verfügbar ist, bekommt man das System seit kurzem auch in Deutschland – wenngleich vorerst nur per „Einladung“. Übersetzt bedeutet dies, dass man nach Aufrufen von Echo auf der Webseite, Einloggen und Anklicken von „Einladung anfordern“ ein paar Wochen warten muss. Also anders, als man es sonst von Amazon gewohnt ist. Knapp 180 Euro kostet der zylinderförmige Assistent in der Größe einer 1-Liter-Flasche, wahlweise in weiß oder schwarz. Ein Netzkabel liegt dabei, sonst gibt es keinerlei Zubehör. Für den Internetanschluss benötigt man natürlich zuhause WLAN. Am Gerät selbst gibt es nur drei Bedienelemente: einen Drehring für die manuelle Lautstärkeregelung, eine Taste zum Stummschalten der Mikrofone und eine „Aktionstaste“, zum Beispiel um den Wecker oder Timer auszuschalten. Wirklich gebraucht haben wir diese Taste nicht, auch weil das Kommando „Alexa, stopp“ zuverlässig funktioniert.
Bisher ebenfalls nur per Einladung gibt es den deutlich günstigeren „kleinen Bruder“: Echo Dot kostet knapp 60 Euro und kann das Gleiche wie der hier getestete Echo, sieht man vom Lautsprecher ab. Echo Dot muss über Bluetooth oder über ein 3,5-mm-Audiokabel mit einem Lautsprecher oder einer Stereoanlage gekoppelt werden. Dass Amazon mit diesem billigeren Produkt ins ganze Haus will, zeigen die (bald) erhältlichen 6er- und 12er-Pakete.
Musik und Hörbücher, News, Verkehrs- und Wetterinfos, Smart Home …
Dass Sie Amazon Echo zum Abspielen von Musik inklusive Sprachsteuerung verwenden können, wissen Sie bereits. Neben dem firmeneigenen Prime Music werden TuneIn und Spotify unterstützt, vorausgesetzt man verfügt über einen kostenpflichtigen Premium-Account. Hörbücher von Audible werden ebenso vorgelesen wie die Tagesschau (ohne Bild), Infos von Spiegel online und manches andere mehr. Über die App kann man sich seine „tägliche Zusammenfassung“ von verschiedenen Diensten vorlesen lassen. Ist man also morgens nach dem Aufstehen noch verschlafen, reicht ein Sprachkommando, um die individualisierbaren Nachrichten zu hören – auf Wunsch inklusive der Ergebnisse des eigenen Lieblingsklubs. Auch das Kommando „Spiel Radiosender XY“ oder gezielte Abfragen von Wikipedia-Einträgen funktionieren zuverlässig.
Prinzipiell lässt sich Echo auch zum Steuern der Smart Home Geräte steuern, bislang werden die Geräte von einem knappen Dutzend Herstellern unterstützt, darunter das Philips-System Hue. „Alexa, dimme das Licht auf 40 Prozent“ oder „Alexa, stelle das Thermostat zwei Grad herunter“ sind zwei Beispiele für die Verwendung im Smart Home. Die Sprachbedienung des Amazon-eigenen Fire TV liegt zwar nahe, aktuell können die beiden Geräte aber noch nicht miteinander kommunizieren.
Bahnfahrer finden Auskunft von Zugverbindungen inklusive aktueller Verspätungen praktisch, welche aus der Zusammenarbeit von Amazon mit der Deutschen Bahn resultiert. Das Buchen von Tickets ist jedoch noch nicht möglich. Gut funktioniert im Prinzip auch der „Spracheinkauf“: Prime-Kunden können Waren per Mikrofon bestellen und die Dialogführung inklusive Kaufbestätigung in drei Schritten ist durchaus gut gemacht. Bestellung und Kauf tauchen anschließend wie jede andere Bestellung per App oder Webseite im Konto auf – bei unserem Testeinkauf allerdings im falschen. Denn mit den mehrfahren Kontowechseln während unseres Tests kam das System dann offenbar doch durcheinander. Immerhin lässt sich der Spracheinkauf mit einem vierstelligen Code sperren, so dass nicht Freunde, Familienmitglieder oder die Arbeitskollegen aufs Geratewohl ordern können.
Ein guter Anfang und die offene Frage nach dem Datenschutz
Noch ist das Angebot an steuerbaren Diensten und Anwendungen überschaubar, Alexa ist also alles andere als fertig. Die Echo-Hardware aber funktioniert ausgezeichnet, man muss weder übertrieben langsam noch deutlich sprechen, um verstanden zu werden. Manches lässt sich im Alltag also bereits bequem und ohne Einschränkung nutzen, beispielsweise das Hören von Musik und Radio. Wer einen anderen Musikdienst als die beiden oben genannten verwendet, kann den Lautsprecher Echo alternativ per Bluetooth mit seinem Smartphone koppeln.
Antworten wie „Entschuldigung, auf diese Frage habe ich leider keine Antwort“ oder „Das gehört zu den Dingen, die ich nicht weiß“ nerven dagegen gehörig. Denn schon bei vielen einfachen Fragen offenbart Alexa derzeit noch deutliche Wissenslücken. Dies erinnert an Schüler, die für eine Prüfung „auf Lücke gelernt“ haben. Amazon weiß das und verspricht „nachzusitzen“: Man kauft also eine Art Versprechen auf die Zukunft und kann nur hoffen, dass das Dienstangebot in nächsten Monaten tatsächlich ausgeweitet wird. Und für weitere Anwendungsszenarien wie im Auto ist Alexa geradezu prädestiniert.
Bleibt die Frage nach dem Datenschutz, schließlich holt man sich eine Art „Abhörstation“ ins Wohnzimmer. Amazon verspricht, die Cloud-Verbindung erst nach der ausschließlich lokal funktionierenden Erkennung des Signalwortes „Alexa“ zu aktivieren. Außerdem würden die Mikrofone vom Strom getrennt, sobald man die Stummtaste oben auf dem Echo-Zylinder drückt. Mit deutlicher Skepsis reagiert Andrea Voßhoff, die Bundesbeauftragte für Datenschutz, auf das neue Gerät: „Intelligente Sprachassistenten, die ihre Umgebung ständig belauschen, sind aus Sicht des Datenschutzes kritisch zu bewerten“, sagte sie dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel. Insbesondere bemängelte Voßhoff, dass es für Anwender nicht ausreichend nachvollziehbar sei, wie die erfassten Daten verarbeitet würden. Konfrontiert man Echo direkt mit der Frage „Alexa, hörst Du uns ab?“ gibt es die diplomatische Antwort „Das weiß ich leider nicht!“. (PC-Welt)