Prozessauftakt in Amberg

Abmahn-Trio vor Gericht

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Zwei IT-Spezialisten, und ein Anwalt die vermeintliche Konkurrenten massenweise wegen fehlender Facebook-Impressen abgemahnt hatten, müssen sich nun wegen gewerbsmäßigem Bandenbetrug verantworten.

Vor dem Landgericht Amberg hat nun der Prozess gegen die Geschäftsführer der mittlerweile insolventen Firma Revolutive Systems und deren Anwalt begonnen. Sie hatten im großen Stil angebliche Mitbewerber abgemahnt, weil diese auf ihren Facebook-Seiten keine korrekten Impressen vorweisen konnten.

Mit massenhaften Abmahnungen wegen fehlender Facebook-Impressen wurden von einem Rechtsanwalt und eventuell auch von seinen Auftraggebern mehrere tausend Euro eingenommen. Das Landgericht Amberg muss nun klären, ob dies als ''gewerbsmäßiger Bandenbetrug'' zu werten ist.
Mit massenhaften Abmahnungen wegen fehlender Facebook-Impressen wurden von einem Rechtsanwalt und eventuell auch von seinen Auftraggebern mehrere tausend Euro eingenommen. Das Landgericht Amberg muss nun klären, ob dies als ''gewerbsmäßiger Bandenbetrug'' zu werten ist.
Foto: zabanski - Fotolia.com

Zunächst erklärte das Landgericht Regensburg diese Abmahnungen als zulässig. Dieses Urteil erregte großes Aufsehen. Allerdings kassierte das Oberlandesgericht dann in einem Revisionsverfahren das Urteil. Da den Abmahnern durch die fehlerhaften Impressen kein nennenswerte Wettbewerbsnachteile entstanden war, seien diese rechtsmissbräuchlich, urteilte das Nürnberger Gericht.

Vorwurf des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs

Mittlerweile ermittelte auch die Staatsanwaltschaft in Sachen Revolutive Systems. "Gewerbsmäßiger Bandenbetrug" lautete der Vorwurf, der nun auch vor dem Landgericht Amberg verhandelt wird. Unter anderem geht es auch um die Frage, welche Absprachen es zwischen den zwei IT-Spezialisten und dem Anwalt gegeben hat.

Wie die Mittelbayerische Zeitung berichtet, haben von den rund 600 Abgemahnten 105 die verlangten "Gebühren" von 265,70 Euro bezahlt. 27 entrichteten Teilbeträge. Ein Großteil der Abgemahnten, die nicht bezahlt hatten, gaben aber eine Unterlassungserklärung ab. Insgesamt 32.000 Euro gingen so an den Anwalt aus Maxhütte-Haidhof. 22.000 Euro bezahlte der Anwalt an das Abmahn-Systemhaus in Regenstauf, was ziemlich genau zwei Drittel der eingenommenen Summe entspricht. Die Staatsanwaltschaft geht daher davon aus, dass das Trio die Einnahmen unter sich aufteilen wollte.

Dieser Darstellung widersprachen laut Mittelbayerischer Zeitung die Verteidiger beim Prozess. Der Betrag sei von Revolutive Systems für die "Digitalisierung der Kanzlei" in Rechnung gestellt worden.

Verurteilung könnte harte Folgen haben

Die beiden IT-Experten sind in Sachen Abmahnungen nicht ganz unbekannt: Für den durch Abmahnungen an Benutzer der Porno-Seiten "RedTube" aufgrund Urheberechtsverletzungen bekanntgewordene Rechtsanwalt Thomas Urmann hatten die beiden bis 2011 die entsprechenden Daten der Abmahnopfer beschafft. Aus dieser Zeit sollen noch Forderungen von einem der nun Angeklagten an den Anwalt in Millionenhöhe bestehen, was dieser aber gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung dementiert.

In den ersten Verhandlungstagen wurden auch Details der Durchsuchungen bei Revolutive Systems, der Anwaltskanzlei sowie den privaten Räumen der beiden ehemaligen Geschäftsführer bekannt. So wurden Computer, eine professionelle Kuvertiermaschine und Schriftverkehr zu den Abmahnungen sichergestellt. Unter anderem fanden die Ermittler auch unzustellbare Rückläufer der vom Anwalt versandten Abmahnschreiben.

Insgesamt plant das Gericht mit zehn Verhandlungstagen. Der Prozess soll Anfang Juli abgeschlossen sein. Im Falle einer Verurteilung könnte dies unangenehme Folgen für die Angeklagten haben: Neben längeren Haftstrafen für die Beteiligten könnte der Anwalt zudem seine Zulassung verlieren.

Zur Startseite