Project Apex

Dell bläst zum Angriff auf HPE Greenlake

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Mit Project Apex will Dell On-Demand-Angebote von Storage über Server, Networking, HCI bis hin zu PCs stärker in den Vordergrund rücken. Bei HPE hat man das mit Greenlake schon länger getan - und sieht sich dem Wettbewerb weit voraus.
Geschickter Schachzug von Dell: Das bisherige On-Demand-Angebot wird jetzt unter dem Begriff "Project Apex" in ein as-a-Service-Angebot umgewandelt und deutlich erweitert. Ziel ist es, den Rivalen HPE und dessen as-a-Service-Modell "Greenlake" zu übertrumpfen.
Geschickter Schachzug von Dell: Das bisherige On-Demand-Angebot wird jetzt unter dem Begriff "Project Apex" in ein as-a-Service-Angebot umgewandelt und deutlich erweitert. Ziel ist es, den Rivalen HPE und dessen as-a-Service-Modell "Greenlake" zu übertrumpfen.
Foto: Dima Sobko - shutterstock.com

Apex (auch Acetonperoxid) ist unter anderem die Bezeichnung für einen hochexplosiven Sprengstoff sowie den gedachten Zielpunkt der Bewegung eines Gestirns, vor allem im Zusammenhang mit unserer Sonne. Ob das Unternehmen Dell Technologies eher an den Sprengstoff oder die beeindruckende Größenordnung astronomischer Vorgänge gedacht hat, als es sein jetzt vorgestelltes IT-as-a-Service-Angebot "Project Apex" genannt hat, ist unklar. In beiden Fällen stünde der Name jedenfalls in krassem Gegensatz zu dem Ruhe, Gelassenheit und stille Einkehr ausstrahlendem Begriff "Greenlake", den der Konkurrent HPE für sein IT-as-a-Service-Angebot gewählt hat. Und dann passt es ja wieder, den Apex ist nichts anderes als ein forscher Angriff und mutiger Gegenentwurf zu HPE Greenlake.

Ziel von Project Apex ist es Dell zufolge, für Kunden und Partner den Zugang zu On-Demand-Angeboten deutlich einfacher zu machen. Das gilt für Storage, Server und Networking aber auch hyperkonvergente Infrastruktur (HCI) und PCs. Das Fundament bildet die ebenfalls neu vorgestellte "Dell Technologies Cloud Console". Diese Online-Plattform dient der Verwaltung der gebuchten Cloud- und as-a-Service-Produkte. Außerdem ermöglicht sie den Zugriff auf einen Marktplatz für Cloud-Services und -Angebote und sie hilft, die ausgewählten Produkte bereitzustellen. "Mit wenigen Klicks könnten Sie die Ausführung von Workloads anstoßen, ihre Multi-Cloud-Ressourcen verwalten, ihre Kosten in Echtzeit überwachen und benötigte Ressourcen hinzufügen", wirbt Dell.

Project Apex, StaaS und DTCP

Im ersten Halbjahr 2021 soll ein Angebot für Storage-as-a-Service (StaaS) auf den Markt kommen. Die Storage-Produkte stehen dabei im Rechenzentrum der Kunden, werden aber auf Basis der Nutzung abgerechnet. Auch das StaaS-Angebot kann über die "Dell Technologies Cloud Console" verwaltet werden.

Ab dem 9. November 2020 wird zudem die Dell Technologies Cloud Platform (DTCP) in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zur Verfügung stehen. Sie wurde gemeinsam mit VMware entwickelt und ist das Hybrid-Cloud-Angebot von Dell. Sie soll für eine enge Integration zwischen VMware Cloud Foundation und VxRail sorgen und Unternehmen helfen, auf einer Plattform neben Legacy-Anwendungen auch Cloud-native Anwendungen zu entwickeln, zu testen und auszuführen.

Bis zu 20 Prozent Rabatt für Channel-Partner

DTCP wird gemeinsam mit der "VMware Cloud Foundation" (aktuell Version 4.0) ausgeliefert, die damit auch eine VMware Tanzu Kubernetes Grid-Integration mit vSphere 7 umfasst. Ergänzt wird das Angebot mit "Dell Technologies Cloud Powerprotect für Multi-Cloud" um einen gemanagten Service, der Unternehmen dabei unterstützt, Daten und Anwendungen aus unterschiedlichen Public Clouds zusammenzuführen. Um Kosten zu sparen, führen die dazu eingesetzten "Powerprotect"-Appliances eine Deduplizierung durch. Der Abruf von Daten aus Microsoft Azure zur Sicherung ist zudem kostenfrei.

Ebenfalls zum 9. November in Deutschland eingeführt wird ein "Flex on Demand Pricing" genanntes Modell zur Preisgestaltung. Hier räumt Dell seinen Channel-Partnern einen Rabatt von bis zu 20 Prozent ein. Aber ansonsten ist derzeit bei Dell so wie bei der Einführung von Greenlake bei HPE die Frage noch weitgehend ungeklärt, welche Rolle den Partnern dabei zukommt.

Hase- und Igel-Rennen zwischen Dell und HPE

HPE hat schon 2019 angekündigt, sein gesamtes Portfolio bis 2022 nicht mehr nur zum Kauf, sondern auch im Rahmen von Service-Angeboten anzubieten. Allerdings wird HPEs Hardware und Software darüber hinaus auf Wunsch auch noch zum Kauf und als Lizenz Kunden angeboten. Bis aus dem ursprünglich nur für ausgewählte Großkunden verfügbaren Miet-Service ein Cchannel-taugliches Angebot geworden war, dauerte es bei HPE bis zur Version 3.0. Bis dann in der Gestalt von Ingram Micro auch die Distribution an Bord geholt wurde, vergingen noch einmal zwei Jahre.

Kein Wunder deshalb, dass HPE in einer Stellungnahme gegenüber US-Medien erklärt: "Mit Project Apex reagiert Dell endlich auf die Strategie, die HPE schon vor über drei Jahren eingeschlagen hat, als wir unser Greenlake-Business aufgebaut und angekündigt haben, ab 2022 das gesamte Portfolio als Service anzubieten".

Das wollte Dell so nicht stehen lassen und wies seinerseits in einer Stellungnahme darauf hin, dass es flexible, verbrauchsbasierende Abrechnung schon seit über einem Jahrzehnt anbiete und Project Apex lediglich das nächste Kapitel in der Entwicklung sei. Als Beleg führt Dell an, dass seine Cloud-Angebote, etwa die Dell Technologies Cloud, zum Beispiel von IDC als führend im Bereich Cloud-IT-Infrastruktur angesehen würden. Project Apex fasse die nun jedoch unter einem Dach zusammen.

Wo Dell und HPE bei As-a-Service-Modellen stehen

Für HPE ist jedoch die eigene, nach der Übernahme von Cloud Cruiser vor drei Jahren in Greenlake eingeführte Fähigkeit ausschlaggebend, die tatsächliche Nutzung abzurechnen. Es sei wichtig, zwischen dem von Dell eingeschlagenen Weg, der lediglich eine neue Art der Finanzierung von Infrastruktur darstelle, und der von HPE gebotenen, echten Cloud-Erfahrung im eigenen Rechenzentrum zu unterscheiden.

Vergleicht man die jeweiligen Firmenangaben zum Umfang des umstrittenen Geschäfts, liegen die beiden Firmen Kopf an Kopf. HPE hat für Greenlake über 850 Kunden, die Aufträge im Wert von rund vier Milliarden Dollar abgegeben haben. Bei Dell trugen die mit gut 2.000 Kunden existierenden As-a-Service-Verträge im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 1,3 Milliarden zum Umsatz bei. Das war rund ein Drittel mehr als im vergleichbaren Quartal des Vorjahres.

Allerdings hat HPE bereits umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um seine Channel-Partner von Greenlake profitieren zu lassen. Bei Dell steht derzeit erst einmal das Bekenntnis zur Höhe der Rabatte im Raum. Wie genau Verkauf, Abrechnung und Provisionierung ablaufen werden, das muss Dell noch erklären. Außerdem muss er Anbieter - erneut - unter Beweis stellen, dass Partner bei Project Apex mehr sein können als Vermittler und Befürchtungen zerstreuen, dass die "Cloud-Erfahrung" dazu führt, dass sich Kunden direkt beim Hersteller bedienen wollen. Bei HPE hat das wie gesagt über drei Jahre gedauert. Als erster Herausforderer, dem wahrscheinlich bald weitere folgen, muss das bei Dell schneller gehen.

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