Der Begriff Digitalisierung ist aktuell in aller Munde und bietet einen breiten Spielraum für unterschiedliche Interpretationen. Vielfach wirft der Begriff deshalb eher Fragen auf. Diese reichen von: "Was ist Digitalisierung?", "Was bedeutet Digitalisierung für mein Unternehmen?" bis hin zu "Welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf mich?". Die meisten Leser haben sich diese und ähnliche Fragen bereits gestellt.
Es lohnt sich, einmal einen genaueren Blick auf die verschiedenen Arten von Digitalisierung zu werfen, sich zu fragen, wie sich der deutsche Mittelstand selbst bewertet. Oder aber zu betrachten, wie sich klassische Geschäftsmodelle durch neue Spieler auf dem Markt verändern und welche Chancen sich für Serviceanbieter ergeben.
Arten von Digitalisierung
Bevor man in die Details der Digitalisierung absteigt, ist es ratsam einen Blick auf die Relevanzentwicklung des Themas Digitalisierung zu werfen. Dabei wird deutlich: Digitalisierung ist kein neues Thema, sondern bereits seit Jahrzehnten relevant. War das Interesse an diesem Thema in den vergangenen zehn Jahren eher durchschnittlich, lässt sich seit Ende 2016 ein Anstieg des Interesses feststellen. Im Februar 2018 verzeichnete Google Trends das bislang größte Interesse an der Digitalisierung.
Digitalisierung ist aber nicht gleich Digitalisierung. Vereinfacht gesprochen lassen sich zwei Arten der Digitalisierung unterscheiden. Zum einen die wohl bekanntere und gleichzeitig ältere Art: die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Dabei ging und geht es Unternehmen primär darum, Kosten zu senken, die Effizienz zu erhöhen und damit die Produktivität zu steigern.
Über die Jahre hinweg hat sich die Dimension der Digitalisierung von der reinen Digitalisierung der Geschäftsprozesse in Richtung Digitalisierung des Geschäftsmodells verlagert. Damit kommen wir zur zweiten Art der Digitalisierung. Unternehmen begnügen sich nicht mehr nur damit, ein papierloses Büro zu schaffen. Vielmehr geht es ihnen darum, das eigene Geschäftsmodell komplett zu digitalisieren. Beispielsweise indem sie versuchen, ihr Angebot über eine Online-Plattform abzubilden.
Aktuelle Diskussionen fokussieren sich überweigend auf die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und den damit einhergehenden Chancen und Risiken.
Um als Service-Anbieter seinen Kunden einen echten Mehrwert liefern zu können, ist es wichtig, den aktuellen Stand der Digitalisierung zu kennen und zu verstehen, wie sich die Unternehmen im Markt selbst einschätzen.
Aktueller Stand der Digitalisierung
Ein Großteil der vom Bitkom befragten Unternehmen ist der Meinung, dass sich ihr Geschäftsmodell durch die Digitalisierung verändern wird. 57 Prozent der Unternehmen haben bereits begonnen ihre Dienstleistungen und Produkte anzupassen.
Gleichzeitig scheinen sich die meisten Unternehmen im Bereich Digitalisierung als Nachzügler zu betrachten. Dennoch erkennen viele mittelständische Unternehmen in der Digitalisierung und in neuen digitalen Technologien große Chancen. Die größte Auswirkung vermuten Unternehmen in der Beziehung und der Interaktion mit ihren Kunden.
Konsequenterweise gewinnen Partnerschaften mit IT-Unternehmen aktuell stark an Bedeutung. Um den Footprint im Bereich der Digitalisierung zu steigern, gehen manche Unternehmen sogar weit über Partnerschaften hinaus. So hat sich beispielsweise ProSiebenSat1 über die letzten Jahre in die digitale Ökonomie eingekauft. Die Sendergruppe übernahm im Jahr 2015 die Mehrheit an Amorelie und kaufte sich bei Flaconi, einer Online-Parfümerie, ein. Durch diese und weitere Zukäufe konnte ProSiebenSat1 seinen Digitalumsatz erheblich steigern.
Neue Spieler auf dem Platz
Für Unternehmen, aber auch speziell für Service-Anbieter wie Systemhäuser oder Service Provider bedeutet dies, dass neue Spieler den Platz betreten. Ein gutes Beispiel liefert hier der Online Modeanbieter AboutYou. Ursprünglich eine Online-Plattform für Mode wie Bekleidung oder Schuhe, drängt AboutYou in neue Bereiche vor. Mit dem Produkt BACKBONE bietet AboutYou beispielsweise seit Ende 2017 eCommerce Infrastructure as a Service an und ermöglicht es damit anderen E-Commerce-Plattformen, schneller zu expandieren und skalieren. Denn alle dafür notwendigen Dienste wie Stock- oder Logistics-Management werden durch die AboutYou Cloud angeboten und müssen somit nicht erst selbst entwickelt werden. Angaben von AboutYou zufolge sind weitere Cloud basierte Services in Planung.
Veränderung klassischer Geschäftsmodelle
Kaum ein Unternehmen steht so beispielhaft für die Digitalisierung von Geschäftsmodellen wie die Plattform "Schuhe24". Die Geschichte ist schnell erzählt: Nach dem Tod seines Vaters übernahm Dr. Dominik Benner das Familienunternehmen, das bereits seit 1882 Schuhe in der Rhein-Main-Region verkauft. Benner erkannte schnell, dass der stationäre Handel von der Digitalisierung bedroht war.
Nach einigen Gesprächen mit Kollegen aus der Branche entschied sich Benner zur Entwicklung der Online-Plattform "Schuhe24". Inzwischen bedient das Unternehmen laut eigenen nach Angaben annähernd 500 Schuhgeschäfte über diese Plattform. Im Jahr 2017 erzielte Schuhe24 einen Umsatz von rund 25 Millionen Euro.
Chancen für Systemhäuser und Service Provider
Die fortschreitende Digitalisierung trifft die ITK Branche auch selbst. Durch die Digitalisierung ihrer Kunden ergeben sich für Systemhäuser und Service Provider allerdings zahlreiche Chancen.
Eines der größten Hemmnisse, um die Digitalisierung weiter auszubauen ist für Unternehmen die mangelnde IT-Kompetenz (Quelle: Digitalisierung im Mittelstand: Status Quelle, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen, 18.08.2016, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH, S. 61ff.).
Das ist nicht verwunderlich, wenn man sich die zumeist heterogene IT-Landschaft in Unternehmen anschaut. Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, sind massive Investitionen notwendig. So kann es durchaus vorkommen, dass Unternehmen keine Zeit und kein Budget haben, sich mit Zukunftsthemen zu beschäftigen oder ihre Mitarbeiter in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Auch der Aufbau von komplexen Diensten kann so durch Unternehmen nicht mehr realisiert werden.
Genau an dieser Stelle können Serviceangebote von Systemhäusern und Service Providern ansetzen. Diese verfügen üblicherweise über gut ausgebildete Mitarbeiter, die sich nicht nur aus beruflichen Gründen mit Zukunftsthemen beschäftigen. Eine gezielte Förderung dieser Kompetenzen macht sich so schnell bezahlt: Zum einen dient es der Wertschätzung der Mitarbeiter und der Verbundenheit zum Unternehmen, zum anderen kann das gelernte Wissen eingesetzt werden, um Kunden passgenaue Managed-Service-Konzepte anzubieten. Diese wiederum profitieren von der Skalierung im eigenen Kundenstamm.
Beispielhaft lässt sich dies an SIEM (Security Information and Event-Management) erklären. Die Anzahl an SIEM-Anbietern ist vielseitig und die Installation der Lösungen zumeist relativ einfach. Die Schwierigkeit besteht selbstverständlich nicht in der Installation, sondern vielmehr in der richtigen Parametrisierung und Filterung der ganzen Meldungen, sowie dem eigentlichen Incident Management, sobald es Handlungsbedarf gibt.
Ein solch vermeintlich einfacher Dienst stellt sich so schnell als komplexes Unterfangen für viele mittelständische Unternehmen heraus. Zum einen fehlt ihnen das qualifizierte Personal, zum anderen können diese üblicherweise keinen 24x7 Betrieb sicherstellen. Ein idealer Ansatzpunkt für Serviceanbieter, die genau über diese Kompetenzen verfügen. Kunden können so einen bereits gut trainierten Dienst inklusive der personellen Ressourcen kaufen und ihre eigene IT-Landschaft professioneller aufstellen.
Ähnliches, wie bei der IT-Kompetenz, gilt auch bei der Datensicherheit. Viele Unternehmen sehen der Digitalisierung mit Schmerzen entgegen, da sie sich nicht in der Lage sehen adäquat mit den Risiken, die mit der steigenden Datenflut einhergehen, richtig umzugehen.
Einen echten Mehrwert bieten Service Anbieter auch dann, wenn sie es schaffen, ihre Kunden beim Wandel ihres Geschäftsmodells zu unterstützen und ihnen beim Weg in die Digitalisierung mit den richtigen Services zur Seite zu stehen.
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