Fast die Hälfte der Entscheider in Deutschlands unternehmen geht davon aus, dass in Zukunft mehr Jobs im Niedriglohnsektor entstehen werden. Gemeint sind damit vor allem Tätigkeiten, die direkt oder indirekt mit der Zunahme des E-Commerce zusammenhängen, etwas in Call Centern oder Logistikzentren.
Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, bei der Forsa im Auftrag der IT-Managementberatung kobaltblau 200 Entscheider der ersten und zweiten Führungsebene zu den Folgen der Digitalisierung befragte.
Schere bei Einkommen öffnet sich weiter
Zugleich werde sich die Schere bei den Einkommen weiter öffnen. Davon gehen auch die Experten von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles aus, wie dem kürzlich veröffentlichten Weißbuch "Arbeiten 4.0" zu entnehmen ist.
Der Arbeitsmarkt, so die Prognosen, teilt sich in zwei Lager teilen: hochqualifizierte und hochbezahlte Wissensarbeiter auf der einen und reine Hilfsarbeiter, die sich mit Niedriglöhnen zufrieden geben müssen, auf der anderen Seite.
Noch mehr Austauschbarkeit
Die Frage ist, ob es sich bei dieser Vorhersage um eine gute oder um eine schlechte Nachricht handelt. Denn einerseits sorgt es natürlich nicht für mehr sozialen Frieden, wenn große Teil der Arbeitnehmerschaft noch austauschbarer werden als bisher. Andererseits kann niemand etwas dagegen haben, eine ganze Reihe von geringqualifizierte Arbeiten zu erhalten, will sagen nicht durch Maschinen zu ersetzen, weil sich die Automatisierung bei ihnen nicht lohnt beziehungsweise weil sie nicht möglich ist.
Fest steht, dass "die Polarisierung des Arbeitsmarktes, die mit der industriellen Revolution begonnen und sich durch den flächendeckenden Einzug des Computers in die Berufswelt verstärkt hat, durch die Digitalisierung noch einmal an Dynamik gewinnt", so Hans-Werner Feick, Geschäftsführer von kobaltblau.
Jobs der Einkommens-Mittelschicht verschwinden
Was daran liege, dass Produktions- und Geschäftsprozesse in Zukunft so weit digitalisiert werden wie irgend möglich. Die Folge: Es verschwinden langfristig auch Routinearbeiten, die die Einkommens-Mittelschicht ausführt - zum Beispiel Sachbearbeitung, Kundenservice oder Maschinensteuerung.
Auch für einfache IT-Jobs, Administratoren zum Beispiel, wird die Luft künftig dünner. Menschliche Arbeit ist in immer mehr Bereichen im Vergleich zu Maschinenarbeit zu teuer. Und wer nicht direkt durch ein Computerprogramm ersetzt wird, dessen Arbeit erledigt häufig die höchsthöhere Managementebene mit.
Auch die mittleren Jobs sind in Gefahr
Was bedeutet, dass die mittlere Beschäftigungsebene immer weiter zurückgedrängt wird. Übrig bleibt die Nachfrage nach geringqualifizierten Arbeitnehmern, zum Beispiel für logistische Tätigkeiten, die auch durch den wachsenden E-Commerce weiter gebraucht werden.
Jedenfalls wenn nicht auch diese Jobs wegdigitalisiert werden - zum Beispiel durch Drohnen. Die Macher der zitierten Studie sprechen von einem zunehmenden Wettbewerb zwischen Mensch und Maschine. Und wer diesen Kampf nicht verlieren will, der wird sich mit niedrigen Löhnen zufriedengeben müssen.
Die Lohnabwärtsspirale würden auch geringer Qualifizierte in Ländern zu spüren bekommen, in die Unternehmen aus Deutschland heute noch Arbeit auslagern, China zum Beispiel oder Indien. Denn langfristig könne Digitalisierung im Sinne von Robotik auch eine echte Alternative zum Outsourcing sein, ausgelagerte Funktionen sogar zurückgeholt werden.