Microsoft ist offenbar bereitet, Microsoft Teams von Microsoft 365 zu entkoppeln, um einem 2020 vom US-Anbieter Slack angestrengten Kartellverfahren bei der EU-Kommission zu entgehen. Der hatte das Vorgehen von Microsoft bei Teams mit dem Verhalten des Konzerns bei der Bündelung seines Webbrowsers mit dem Betriebssystem verglichen. Anfang des Jahres hieß es aus Brüssel, das Verfahren werde demnächst aufgenommen. Jetzt berichtet die Financial Times unter Berufung auf Insider, Microsoft wolle dem zuvorkommen und habe die Entkopplung angeboten.
Kunden, die Microsoft Office-Suite buchen oder kaufen, sollen damit künftig die Wahl haben, ob sie Microsoft Teams zusätzlich haben wollen oder nicht. Wie das genau geregelt sein soll und vor allem, wieviel das dann kosten soll, ist noch unklar. Auch der für gewöhnlich gut informierte Microsoft-Beobachter Paul Thurott zitiert nur die Microsoft-Stellungnahme aus dem Artikel der Financial Times.
Demnach teilte Microsoft mit, es sei bereit, Bedenken der Europäischen Kommission auszuräumen. "Wir sind uns unserer Verantwortung in der EU als großes Technologieunternehmen bewusst. Wir arbeiten weiterhin kooperativ mit der Kommission bei ihren Ermittlungen zusammen und sind offen für pragmatische Lösungen, die ihre Bedenken ausräumen und den Kunden gute Dienste leisten." Auf eine Anfrage von ChannelPartner hat Microsoft in Deutschlandand noch nicht geantwortet. Das wäre allerdigs auch ungewöhnlich: Da solche Entscheidungen in der Zentrale in den USA getroffen werden, können die Landesgesellschaften in der Regel keine zusätzlichen Detailauskünfte geben.
UCC-Anbieter würden den Schritt begrüßen
Dennoch sehen andere UCC-Anbieter, von denen die meisten mehr oder weniger gezwungernermaßen und mehr oder weniger intensiv mit Microsoft zuammenarbeiten, den Schritt schon jetzt positiv. Martin Bitzinger, Senior Vice President Product Management bei Mitel, sagte auf einer Partnerveranstaltung seines Unternehmens in München, der Schritt werde den Markt "definitiv beleben". Auch Florian Buzin, CEO beim deutschen Anbieter Starface, kommentierte die Meldung knapp aber deutlich mit "Das finde ich gut!."
Generell sehen die Mitbewerber durch die Entkopplung die Chance, dass sich Unternehmen künftig bewusster mit der Frage beschäftigen werden, welche Kollaborations- und Kommunikationslösung sie einsetzen sollen und welche ihrem Bedarf gerecht wird. Bisher sei Teams sehr oft einfach genutzt worden, weil es "eh schon da war".
Spekulationen über die mögliche Umsetzung
Zur möglichen Umsetzung der Entkopplung hat Martin Geuß von der Seite Dr. Windows eine Vermutung. Er schreibt: "Für die Office-Suite wird ein 'Click to Run'-Installer verwendet, der alle Komponenten automatisch herunterlädt und installiert. Das beinhaltet auch Teams, eine Möglichkeit zur Abwahl ist nicht gegeben. Die 'Entkopplung' könnte also so aussehen, dass man bei der Installation ein Häkchen setzen muss, ob man Teams installieren will oder nicht."
Geuß verweist zudem auf das im Oktober 2022 vorgestellte Zusatzangebot "Microsoft Teams Premium". Seine Vermutung sei von Anfang an gewesen, "dass dies nicht nur der Gewinnmaximierung dient, sondern auch taktische Gründe hat, damit Microsoft den Kartellbehörden sagen kann: Seht mal, die Vollversion von Teams kostet doch schon extra."
Ob diese Art von Trennung allerdings den Kartellwächtern ausreicht und ob sie Kunden wirklich zu einer neuen Evaluation veranlasst, bezweifelt der Windows.Experte. Seinr Anscht nach ist die Verzahnung mit allen anderen Office-Komponenten und Microsoft-Diensten so eng, dass Teams auch dann für die meisten Unternehmen immer noch die naheliegendste Option wäre.
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