iPhone-Killer?

”Hu.ma.ne” zeigt displayfreies Konzept

Seit 2002 schreibt Thomas Hartmann als freier Autor Artikel für die Macwelt. Schwerpunkte sind News über aktuelle Mac-Nachrichten und neue Programme sowie Recherchen zu Hintergrundthemen. Gern sieht er sich neuere Bildbearbeitungsprogramme unterhalb der Photoshop-Ebene an und berichtet regelmäßig über Spiele, die auf der Mac-Plattform erscheinen. Auch kleinere Tests von Mac-Programmen gehören zu seinem Repertoire. Dass er auch zu anderen Plattformen eine Affinität hat, zeigt seine frühere Windows-Kolumne auf Macwelt.de. Und um sich auch auf anderen mobilen Betriebssystemen auszukennen, nutzt er neben seinem iPad ein Android-Smartphone.
Mit Computer und KI agieren, ohne störende Tasten und Displays, besonders unterwegs – wie das geht, zeigt der ehemalige maßgebliche Apple-Designer Imran Chaudhri. Ist das ein ”Post-iPhone-Moment”?
Hu.ma.ne will die Interaktion zwischen Mensch und Maschine revolutionieren.
Hu.ma.ne will die Interaktion zwischen Mensch und Maschine revolutionieren.
Foto: Blue Planet Studio - shutterstock.com

Imran Chaudhri kann auf eine lange und sehr einflussreiche Karriere bei Apple vor allem im "Human-Interface"-Team zurückblicken, bis er die Firma 2017 verließ. Wie maßgeblich Chaudhri für die Entwicklung vieler Design-Entscheidungen und Benutzeroberflächen bei Apple auf dem Mac wie auch dem iPhone war, zeigt zusammengefasst dieser Artikel von Wikipedia, auch wir haben über den Ex-Apple-Designer berichtet. Nach dieser Zeit gründete er gemeinsam mit seiner Frau das eigene Unternehmen "Hu.ma.ne", dessen Webseite mit der Botschaft empfängt: "Good Ai is Humane." (gute künstliche Intelligenz ist menschlich).

Kein Display und keine Tasten sollen die Interaktion stören

Ziel ist es, so wenig wie möglich störende Elemente zwischen Technik und User zu bringen. Wie dies funktionieren soll, hat Imran Chaudhri nach diesem Artikel von "Cult of Mac" im Anschluss an Inverse nun öffentlich demonstriert. So sieht man ihn dort bei einem Telefonanruf, den er auf die Handfläche projiziert entgegennimmt. Oder er lässt die KI einen englischen Satz, den er spricht, auf Französisch übersetzen - diese reagiert kurz darauf mit der gewünschten Übersetzung, und zwar in der ebenfalls per KI modellierten Stimme von Imran Chaudhri selbst.

Dafür hat er bei der Präsentation lediglich einen kleinen Apparat an der Jacke hängen, die offenbar über Sensoren und eine Kamera verfügt. Chaudhri erklärt: "Dies ist eine neue Art von tragbarem Gerät und eine Plattform, die von Grund auf für künstliche Intelligenz entwickelt wurde. Und es ist völlig eigenständig. Man benötigt weder ein Smartphone noch ein anderes Gerät, um es zu koppeln." Auch die Frage, ob Chaudhri eine Schokoladenriegel aus gesundheitlichen Gründen essen und vertragen würde, beantwortet die KI. Sie rät ihm ab. Er sagt, "Ich esse ihn trotzdem", um damit seine Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit zu demonstrieren. Die KI wünscht ihm viel Spaß ("Enjoy it").

Etwas, das "radically different" ist

Nach seinen Worten "interagiert (es) mit der Welt, so wie man mit der Welt interagiert: man hört, was man hört, sieht, was man sieht, wobei die Privatsphäre an erster Stelle steht, es ist sicher und tritt völlig in den Hintergrund". Und dann sagt er etwas, was ähnlich von Steve Jobs hätte klingen können: "Damit sich die Beziehung zwischen Mensch und Technik jenseits von Bildschirmen tatsächlich weiterentwickeln kann, brauchen wir etwas radikal anderes" ("radically different").

Interessant ist auch die Frage, wie die auf die Handfläche projizierte Telefonfunktion arbeitet. Auf Inverse heißt es, der Designer Michael Mofina (der den TED-Vortrag live mitverfolgt habe, bevor der Link entfernt wurde), sagte zu dem Magazin: "Sobald [Chaudhri] seine Hand hob, zeigte das Gerät die entsprechende Schnittstelle für eingehende Anrufe an, ohne dass man durch ein Menü navigieren musste."

"Hu.ma.ne" versus Apple und iPhone?

Es ist unklar, wie weit die Entwicklung dieses Projekts in Richtung Marktfähigkeit schon fortgeschritten ist, um tatsächlich dem iPhone-Konzept mit Touch Screen und den anderen Funktionen Konkurrenz zu machen. Vielversprechend liest sich und klingt das auf jeden Fall. Apple selbst ist freilich auch nicht untätig, mit einer Apple VR/AR-Brille dürfte bald zu rechnen sein. Dennoch benötigt diese, wenn auch noch so gute, in den Alltag integrierte kleine Screens.

Was letztlich effektiver ist und sich im natürlichen Umfeld leichter bedienen lässt, dürfte eine der spannenden Fragen der nächsten Jahre sein, dazu, wie die unterschiedlichen Unternehmen KI wie ChatGPT & Co., die sich in rasendem Tempo entwickeln, integrieren können. Zum Vorteil der User, wie Imran Chaudhri es als oberste Priorität betrachtet. Doch trotz Chaudhris Beteuerungen dürften auch Bedenken wegen Datenschutz und der umfassenden Sammlung persönlicher Informationen durch die KI Fragen in einem bisher noch unbekannten Maß aufwerfen. Und auch Apple, das öffentlich großen Wert auf den Datenschutz seiner User legt, vor neue Herausforderungen stellen.

(Macwelt)

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