Eine bis auf den letzten Platz gefüllte Arena, tausende von Menschen sitzen dichtgedrängt auf den Rängen - ein Notfall kann hier schnell in einer Katastrophe enden. Versperrte Fluchtwege, Behinderung der Rettungskräfte und Massenpanik können auch bei kleinen Notfallereignissen zum unkontrollierbaren Desaster werden.
Damit diese Risiken auf ein Minimum reduziert werden, haben die Betreiber der Sparkassen-Arena in Kiel der Veranstaltungshalle ein komplett neues, digitales Rettungskonzept verpasst. Für Imagine Digit, einen auf Sicherheits- und Rettungstechnik spezialisierten Systemintegrator, war dies eine große Herausforderung. Die Halle wurde bereits in der 50er-Jahren unter anderem aus Resten eines alten Flugzeughangars erbaut und über die Jahre immer wieder umgebaut und erweitert.
Zudem bietet die Arena als Mehrzweckhalle eine große Bandbreite von Veranstaltungen mit unterschiedlichsten Bestuhlungsvarianten. Je nach Art der Veranstaltung passen bis zu 13.500 Zuschauer in die Arena. Rund zwei Jahre tüftelte ein Team von IT-Spezialisten und Brandschutzexperten an dem Rescue and Safety Control Systems (RASC) für die Kieler Halle.
Dynamisches Wegeleitsystem
Imagine Digit arbeitet eng mit den auf technische Gebäudeausrüstung, Lichtplanung und Brandschutz spezialisierten Spezialisten der Ingenieurgesellschaft Schlüter + Thomsen mit Hauptsitz in Neumünster zusammen. In die Planung grundlegend mit eingebunden war Acer, denn die Digital-Signage-Displays des Herstellers spielen im RASC-Konzept der Arena eine wesentliche Rolle.
Erik Burgemeister, Business Development Manager bei Imagine Digit, war maßgeblich an der Entwicklung und Implementierung der RASC beteiligt: "Wir haben eine Verbindung aus Informationssystem und dynamischen Wegeleitsystem geschaffen", erläutert er. Doch RASC ist weit mehr. Die Grundkomponenten bestehen aus der von Imagine Digit programmierten Software, die auf einem redundant ausgelegten Rechnersystem läuft, an Türen und Zugängen angebrachten, Door-Halos genannten LED-Leuchtbändern, Large-Format-Displays von Acer sowie Hardware-unabhängige Fernzugriffsmöglichkeiten.
Die Ausgänge der Sparkassen-Arena in Kiel sind mit LED-Lichtbändern (Door-Halos) ausgestattet. Diese können je nach Notfallereignis mit grüner oder roter Signalisierung zeigen, ob der Fluchtweg zugänglich ist.
Die überall in der Halle vorhandenen Signage-Displays können nicht nur allgemeine Informationen darstellen...
... sondern auch im Notfall wichtige Hinweise für die Zuschauer liefern.
In Verrauchungstests wurde die Sichtbarkeit der Door-Halos geprüft.
Auch bei starker Rauchentwicklung sind die Door-Halos noch zu erkennen.
Die Arena bietet eine Fülle von unterschiedlichen Bestuhlungsvarianten. In diesem Fall ist auf der Stirnseite ein Bühne aufgebaut.
Auf den Displays lassen sich mit Hilfe der RASC der jeweiligen Bestuhlungsvariante angepasste Rettungspäne angezeigen.
Für Devrim Yilmaz, Geschäftsführender Gesellschafter bei Schlüter + Thomsen, gehört die innovative und situative Steuerung und Leitung von Personen in Notsituationen zum Kernelement eines Rettungskonzepts: "Wir brauchen die richtigen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort", erklärt er.
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Gegenüber herkömmlichen Leitsystemen mit Schildern und Fluchtwegeplänen kann die RASC individuell auf unterschiedliche Szenarien reagieren. Dabei müssen beispielsweise die unterschiedlichen Aufbauten und Bestuhlungsvarianten der Halle berücksichtigt werden. Ist bei einem Rockkonzert die Stirnseite durch eine Bühne verbaut, kann diese nur bedingt als Rettungsweg dienen. Bei einem Handballspiel des THW Kiel sieht das Szenario wieder ganz anders aus. Durch die Signage-Displays und Door-Halos lassen sich Fluchtwege sperren, die entweder in eine Gefahrensituation führen, oder als Angriffsweg für die Einsatzkräfte freigehalten werden müssen.
Zertifizierte Brandschutzlösung
Gerit Günter, Head of Commercial Channel Sales bei Acer, sieht das RASC-Projekt in Kiel als Teil der Digitalisierungsstrategie seines Unternehmens. "Wir haben uns den letzten Jahren verstärkt im Bereich Digitalisierung engagiert", betont der B2B-Vertriebschef. Die Welt ändere sich gewaltig. "Wer das verschläft, wird nicht überleben", prophezeit Günter. Damit meint er nicht nur die Veränderungen durch Digitalisierung, sondern auch die Art und Weise, wie verschiedene Spezialisten und Firmen kooperieren und zusammenarbeiten. Ein Paradebeispiel ist für ihn die Entwicklung der RASC.
Die in der Sparkassen-Arena eingesetzten Acer-Displays mussten als Mindestanforderungen eine Bilddiagonale von 43 Zoll, Betrachtungswinkel von 178 Grad, definierte Helligkeit und Farbraum sowie Eignung für den Dauerbetrieb erfüllen. Das sind in der Signage-Branche keine unüberwindbaren Hürden für die Hardware. Vielmehr kommen hier die Flexibilität und die Bereitschaft des Herstellers zu tragen, unkonventionelle Wege zu gehen, sowie Zeit, Geld und Know-how zu investieren.
"Wir erwarten uns eine deutliche Signalwirkung, denn es handelt sich um die erste zertifizierte digitale Brandschutzlösung. Die Anwendung ist für viele Branchen und Gebäudetypen interessant", meint der Acer-Manager. So sind bereits Folgeprojekte in Aussicht. Derzeit laufen unter anderem Gespräche mit internationalen Museen. "Denkbar sind auch Installationen in Krankenhäuser, Hotels, Stadien oder großen Bürokomplexen - also überall da, wo Brandschutz gesetzlich vorgeschrieben ist", umreißt Günter die Einsatzmöglichkeiten von RASC.
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Systemhäuser können sich differenzieren
Der Acer-Vertriebschef will diese Expertise auch seinen Systemhauspartnern zugänglich machen: "Wir denken, dass die Digitalisierung des Brandschutzes für viele unserer Partner ein interessantes Geschäftsfeld werden kann. Mit RASC haben sie hier mittelfristig ein Alleinstellungsmerkmal", betont er. Auch Erik Burgemeister von Image Digit steht der Zusammenarbeit mit Systemhäusern positiv gegenüber: "Wir sind Rettungs- und Sicherheitsexperten. Systemhäuser kennen die IT-Infrastruktur ihrer Kunden genau und können vor Ort RASC ins Gespräch bringen", hofft er.
"Unser Digital-Signage-Spezialist Dirk Weltermann koordiniert die Anfragen und unterstützt bei der Projektierung", ergänzt Günter. So hoffen sowohl Imaging Digit als auch Acer auf weitere RASC-Projekte - nicht nur, weil dies ein lukratives Betätigungsfeld darstellt, sondern auch, weil gut gemachte Sicherheitskonzepte Leben retten können.