Als "Hidden Champions" oder auch heimliche Gewinner werden mittelständisch geprägte Unternehmen bezeichnet, die in Marktsegmenten, die eher weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen, Marktführer geworden sind. In Anlehnung an dieses Verständnis ist die Printing Industry in Summe als heimlicher Gewinner zu sehen. Sie ist über die letzten Jahrzehnte hinweg - im Vergleich zu anderen schillernden Industrien - oftmals still und im Hintergrund geblieben. Ohne breite Wahrnehmung ist die Druckerbranche über die letzten zwei Jahrzehnte zum Hidden Pioneer bzw. heimlichen Pionier geworden, die Geschäftsmodelle und Go-to-Market-Ansätze vor anderen, namhaften Industrien revolutioniert hat.
Hidden Champion und Hidden Pioneer
Das seit der Mitte der 1970er Jahre über der Printing Industry hängende Damoklesschwert des "papierlosen Büros" - dessen Etablierung damals für die Mitte der 1990er Jahre optimistisch prognostiziert wurde - hat die gesamte Branche dazu bewegt, sich frühzeitig mit der Zukunft des Druckens auseinanderzusetzen. Während viele Anbieter die Chancen skeptisch bewerteten und somit über die Jahre vom Markt verschwunden sind, haben die heute im Printing-Markt aktiven Unternehmen ihr Marktumfeld mehrmals stark disruptiv verändert, ohne jedoch groß darüber zu sprechen.
So wurde die einstige Hauptfunktion "Kopieren" mit der Funktion "Drucken" und "Scannen" ergänzt, neben schwarz-weiß wurde Farbe zum Standard, Miniaturisierung und attraktive Anschaffungspreise machten Printing für den Mittelstand wie für Privatpersonen erschwinglich, wodurch sich der adressierbare Markt vervielfachte.Längere Nutzungszyklen konnten durch die Marktausweitung kompensiert werden.
Die Kombination aus direktem und indirektem Vertriebsmodell führte im Channel zu vielen Diskussionen. Hersteller mussten teilweise nachbessern oder verblieben beim zweistufigen Vertriebsmodell oder kehrten zu einer entsprechenden Schwerpunktsetzung zurück. In Summe wurde aber ein Serviceansatz gefunden, der an beliebige vertikale Märkte angepasst werden kann. Die Gegensätzlichkeit Mittelstand versus Großunternehmen, die andere Industrien immer wieder vor Herausforderungen stellte und dies auch heute noch tut, war für die Printing Industry somit nie wirklich ein Thema.
Tinte und Toner sind Schmierstoffe für Produktivität
Diesem Innovationsprinzip folgend, ist es nicht verwunderlich, dass die Printing Industry als eine der ersten Industrien das Prinzip "Digitalisierung = Vernetzung" verstanden und aufgegriffen hat. Mit Managed Print Services (MPS) machte sie bereits frühzeitig den Schritt in Richtung Managed & Cloud Services, zu einem Zeitpunkt, als der Reseller-Channel seinen Service- und Dienstleistungsschwerpunkt im Bereich klassischer Services, Beratung und Installation hatte. Die sich in anderen Industrien bei Managed Service-Modellen ergebende fehlende Adressierung des Mittelstands konnte einerseits durch die Parallelexistenz von Cloud und On-Premise und andererseits durch die pragmatische Implementierung von "Ready-to-use" Technologien wie USB, WiFi oder Wireless Direct Printing vermieden werden.
Pandemie und Lockdown haben zu einer weiteren Belebung der Printer-Nachfrage aufgrund von zusätzlichem Replacement, der zum Teil über zehn Jahre alten installierten Basis und Neubedarf geführt. Home XXX (Homeschooling, Homeoffice, Homebanking, Homeshopping und vieles mehr) hat verdeutlich, was sich über das letzte Jahrzehnt bereits Schritt für Schritt entwickelt hatte: Druckbedarf und Druckmenge verlagern sich von zentralen Drucken in Unternehmen und dem anschließenden postalischen Versand hin zu dezentralem Drucken aufgrund der Kommunikation und Versenden von Belegen in digitaler Form. Die Multifunktionalität der Geräte (Scannen, Kopieren, Drucken) machten Home XXX für viele erst möglich. Tinte und Toner sind auch der Schmierstoff für Produktivität zu Hause.
Das Rockefeller-Prinzip
Vielen wurde aufgrund des pandemiebedingt gestiegenen Druckvolumens erneut bewusst, was in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten war und als Rockefeller-Prinzip bezeichnet wird. Eine Marktstrategie also, die sich dadurch auszeichnet, dass das Produkt selbst oftmals sehr kostengünstig angeboten wird, aber nicht zu unterschätzende Folgekosten aufgrund der erforderlichen Verbrauchsmaterialien auslöst. Das Rockefeller-Prinzip funktioniert weiter und ist zentraler Erfolgsfaktor der Printing Industry. Loyalität ist daher der zentrale Faktor für langfristigen Erfolg.
Printing Industry 4.0
Zukunft gestalten wird daher weiter die zentrale Aufgabe der Printing Industry sein. Das gedruckte Dokument wird auf absehbare Zeit trotz oder auch gerade wegen all der digitalen Möglichkeiten ein elementarer Faktor der Fakten-, Informations- und Wissensübermittlung im Berufs- wie Privatleben bleiben. Zwar wird der klassische Massendruck zurückgehen, individuelles Drucken wird aber in vielen Fällen erforderlich bleiben und sogar zunehmen.
Einfache Bedienbarkeit, beispielsweise bei der Integration ins Netzwerk oder beim Druck von mobilen Geräten aus, werden zentrale Erfolgsfaktoren der kommenden Jahre sein. Die Software-Steuerung und deren Einbindung in das vielfältige App-Ökosystem werden Innovationstreiber sein. Bleiben die Druckerhersteller in der anwenderfreundlichen Gestaltung der Print- und Scan-Software weiterhin innovativ, werden sie auch in Zukunft zu den Hidden Champions zählen!
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