Projektbericht: Archivierungslösung bei den Technischen Werken Friedrichshafen

04.09.2003
Im Zuge der weiteren Liberalisierung des Marktes für Energieversorger müssen sich diese noch mehr zu Service-Erbringern wandeln, wollen sie ihre Kunden nicht an die Konkurrenz verlieren. Hier kann eine runderneuerte IT-Infrastruktur gute Dienste leisten, wobei das Know-how der Implementierungspartner stärker nachgefragt wird.

Ende 2000 kontaktierte der Systemintegrator MSE die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF), um diesen Energieversorger für das Dokumentenmanagement-System (DMS) von Saperion zu begeistern. Nach ersten Telefonaten vereinbarte man den gemeinsamen Besuch bei einem bereits bestehenden Saperion-Kunden. Hierbei handelte es sich um die Stadtwerke Konstanz, also quasi um den "Nachbarn" vom Bodensee.

Offenbar gestaltete sich dieser Referenzbesuch positiv für MSE, denn man blieb in Kontakt, und der Dienstleister aus Ravensburg begann, mit den Friedrichshafenern zu verhandeln. Das Ganze zog sich fast über ein Jahr hin, aber es gab eben einen großen Diskussionsbedarf darüber, welche Dokumente elektronisch erfasst werden sollten. Unmittelbar nach dem Ende all dieser Vorüberlegungen begann die konkrete Planung. "Diese war bereits nach vier Wochen abgeschlossen", erinnert sich Frank Brauchle, Vertriebsleiter bei MSE.

Lange Vorbereitung - kurze Implementierung

So ging es dann schließlich im November 2001 los. Der Systemintegrator hat zunächst in den Technischen Werken Friedrichshafen das Dokumentenmanagement-System von Saperion installiert. Dabei handelte es sich um das Release 4.5, das dort noch heute seinen Dienst verrichtet. Die eigentliche Installation vor Ort nahm etwa drei Tage in Anspruch.

Danach sollte das System an die bestehende SAP-R/3-Software, Release 4.6c, angeschlossen werden. Ziel war es, SAP-Belege nicht mehr auf Papier zu archivieren, sondern ausschließlich in elektronischer Form in das Saperion-Archiv zu überführen. Hierzu mussten die MSE-Spezialisten die SAP-R/3-Schnittstelle, die von Saperion als "R/Link" bereits zur Verfügung gestellt wird, bei den Technischen Werken Friedrichshafen einrichten. Für diese Arbeit benötigte der Systemintegrator insgesamt rund sechs Tage. Vor allem die Übernahme aller R/3-Parameter gestaltete sich langwieriger als ursprünglich angenommen.

In diesem ersten Teilprojekt ging es darum, alle bei den TWF eingehenden Rechnungen elektronisch zu erfassen und auf diese Weise das bestehende Papierarchiv zu verringern. Mittlerweile werden alle bei den Stadtwerken per Briefpost ankommenden Rechnungen eingescannt und anschließend von der Software "Forms Rec Aida for Invoices" weiterverarbeitet. Dabei erfasst das System tatsächlich alle eingehenden Forderungen, angefangen von Handerwerkerrechnungen über die ausstehenden Zahlungen für die Gebäudereinigung bis hin zu den Rückständen bei den Büromittellieferanten oder den Belastungen beim IT-Ausstatter.

Die Rechnungserfassungslösung Forms Rec Aida, die mittlerweile von der Kleindienst-Gruppe vermarktet wird, dient dabei als Hilfsmittel, um sich die manuelle Eingabe von Daten ins SAP-R/3-System zu sparen. Die Software erkennt nämlich, wo genau auf dem eingescannten Dokument sich das Datum, die zu begleichende Summe, Kunden- und Artikelnummern oder das Adressfeld befinden und kann diese Informationen selbständig in SAP R/3 einpflegen. Außerdem führt die Software diverse Plausibilitätstests durch und prüft dabei, ob das Format für das Datum passt, die Währung bei der zu zahlenden Summe eingegeben ist und ähnliches.

"Wir wollten das neue Systeme leicht bedienbar haben, außerdem sollte es hinsichtlich der Anzahl an Clients in unserem Unternehmen keinerlei Beschränkungen aufweisen", lauteten die beiden Hauptanforderungen von Paul Ewald, seines Zeichens EDV-Leiter bei den Technischen Werken Friedrichshafen. Mittlerweile arbeiten dort rund 50 Personen mit dem erweiterten Dokumentenmanagement-System. Sie alle wurden von MSE hierfür entsprechend geschult. Ein Scanplatz für die Digitalisierung der eingehenden Rechnungen steht ihnen zur Verfügung.

Verbrauchsdaten online einsehen

Im zweiten Schritt sollten dann die Rechnungen über den Verbrauch an Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme ebenfalls elektronisch archiviert werden. Dieser Bereich stellt nämlich bei den Technischen Werken Friedrichshafen rund 70 Prozent des gesamten Schriftverkehrs dar. Nun gelangen diese Kundenabrechnungen über eine Cold-Schnittstelle (Computer Output to Laser Disc) in das digitale Archiv von Saperion. Dies geschieht quasi automatisch während des Druckvorgangs. Die Abrechnungsdaten kommen als Papierausdruck aus dem Printer, gleichzeitig sorgt der Saperion-Druckertreiber dafür, dass die Rechnungen im Cold-Format in das Archiv wandern. Bevor die Endkunden überhaupt ihre Strom-, Wasser- oder Gasabrechnung per Post erhalten, ist diese bereits elektronisch gespeichert.

Und noch ein weiterer Vorteil spricht für Cold: Diese Spezifikation benötigt weitaus weniger Speicherplatz als etwa das tif-Format, das für Dateien in elektronischen Archiven verwendet wird. Immerhin gilt tif als schwer manipulierbar. Derzeit arbeiten 15 Clients nach dieser Vorgehensweise, nach und nach sollen alle 150 TWF-Beschäftigten mit dieser Lösung Dokumente verwalten und archivieren.

Dabei ist das alte Host-System des Energieversorgers immer noch im Einsatz. So verwenden die Sachbearbeiter weiterhin die alte Maske, geben dort lediglich Datum, Abrechnungsart und Kundennummer ein, woraufhin alle weitere Angaben wie Name, Adresse und Zähleridentifikation von der Datenbank des Host-Systems automatisch ergänzt werden.

Unix-System sollte abgelöst werden

Außer dem erwähnten und in Betrieb befindlichen Host-System war noch eine ältere Unix-Lösung bei den Technischen Werken im Einsatz. Diese wollten die Oberschwaben unbedingt loswerden, und daher stand MSE vor der Aufgabe, eine Lösung zu finden, mit der die Finanzbuchhaltungsdaten aus dieser bereits außer Betrieb genommenen Unix-basierenden Verbrauchsabrechungssoftware in das Archivsystem von Saperion überführt werden können.

Der Systemintegrator ging hier einen ähnlichen Weg wie bei der Erstellung der Abrechnungen aus dem Host. Es galt, die Zeichenkette, die nach dem Druckbefehl aus dem Unix-Rechner zum Drucker geschickt wird, in ein Cold-konformes Format umzuwandeln. Hierfür mussten die MSE-Spezialisten eine spezielle Cold-Definition erstellen. Die Anpassung des entsprechenden Saperion-Moduls nahm etwa fünf Manntage in Anspruch. Eigentlich hoffte der Dientsleister, noch schneller fertig zu werden, aber die vom Druckertreiber generierte Zeichenkette war länger und komplexer als erwartet.

Die eigentliche Datenübernahme vom Unix-System ins Saperion-Archiv nahm der Kunde selbst vor. Dabei musste er alle Debitorenbuchungen, Vertrags- und Abrechnungsdaten der letzten zehn Jahre elektronisch erfassen. Dafür konnten aber die Technischen Werke Friedrichshafen diverse laufende Meter an Regalen von Ordnern befreien.

Nun sind die Abrechnungen von 35.000 Kunden der Stadtwerke direkt an PC-Clients der Sachbearbeiter abrufbar. Auch Mitarbeiter der Marketing- und Vertriebsabteilung erhielten nun über sieben Unterarchive schnellen Zugriff auf diese Daten. Alle einem Kunden zugeordneten Dokumente sind nun zu einem digitalen Schriftstück, der so genannten Digitalen Kundenkarte, gebündelt. So ist also etwa eine Adressänderung leicht realisierbar. "Nun können wir Anfragen unserer Verbraucher sofort bearbeiten und müssen sie nicht mehr lange vertrösten", so eine Mitarbeiterin des TWF-Kundenzentrums.

Es genügt die Angabe der Kundennummer oder seiner Adresse, und nach ein paar Sekunden liegen alle Verbrauchsdaten dem Betreuer vor. Er kann nun in sämtliche SAP/R3-Belege Einsicht nehmen. Zugriffsrechte auf diese personenbezogenen Daten sind im Archivsystem geregelt.

Die digitale Kundenkarte wird Realität

Noch sind nicht alle Belege digitalisiert. In einer weiteren Ausbaustufe planen die Technischen Werke Friedrichshafen die momentan nur in Papierform vorhandenen Pläne über die Hausanschlüsse für Wasser, Strom und Gas zu digitalisieren. Diese technischen Unterlagen nehmen derzeit noch sehr viel Platz im Papierarchiv der Stadtwerke ein.

"Die Hausanschlussakte ist oft eine vier Zentimeter dicke Mappe mit Plänen im DIN-A0-Format", erklärt Frank Brauchle von MSE. Oft benötigt der Techniker vor Ort aber nur einen kleinen Ausschnitt dieses Planes. Deswegen soll dieser analoge Datenbestand ebenfalls komplett digitalisiert werden. Dies soll aber nicht der Kunde selbst oder MSE tun, sondern ein Scan-Dienstleister. Die anschließende Überführung der eingescannten Daten ins Saperion-Archiv würde aber wieder TWF oder MSE obliegen. Das Ziel dieses ehrgeizigen Teilprojekts lautet, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass der Handwerker aus jedem Rohrgraben heraus alle Informationen zum Hausanschluss jederzeit per Internet abrufen kann. ComputerPartner-Meinung

Branchenkenntnisse sind immens wichtig. wenn es um Neukundenakquise geht. Dies belegt auch das vorliegende Projekt. Erst ein Referenzkunde aus dem Energieversorgungssektor öffnete MSE die Tür zu den Stadtwerken Friedrichshafen. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Technische Werke Friedrichshafen, Kornblumenstr. 7/1, 88046 Friedrichshafen, www.twf-fn.de; Ansprechpartner: Paul Ewald, IT-Leiter; Tel.: 07541 505-372, Fax: 07541 505-111, E-Mail: info@twf-fn.de

Problemstellung: Anbindung des DMS an SAP R/3; Integration des Rechnungslesers Forms Rec, Saperion und R/3; Fibu-Altdatenübernahme ab 1994 von einem Unix-System per Cold zur Gewährleistung der GOB.

Lösung: HP Netserver LC2000 als DMS-Server, HP Surestore 600mx-Jukebox für die DMS-Ablage, SAP R/3 Release 4.6C, Saperion Release 4.5, Forms Rec Aida , Windows-2000-Netzwerk

Dienstleister: MSE GmbH, Gartenstraße 30, 88212 Ravensburg, www.mse.ag; Ansprechpartner: Frank Brauchle, Tel.: 0751 3602-0, Fax: 0751 3602-90,E-Mail: fbrauchle@mse.ag

Subunternehmer: ABDM Ingenieurgesellschaft bR, Wilhelmstr. 2, 88069 Tettnang, www.abdm-ingenieur.de; Tel.: 07542 93942-0, Fax: 07542 93942-9, E-Mail: info@abdm-ingenieur.de

Technologielieferant: Saperion AG, Trappentreustr. 31, 80339 München, www.saperion.com; Ansprechpartner: Frank Zscheile, Tel./Fax : 089 78591991; E-Mail: frank.zscheile@saperion.com

Kontaktaufnahme: erster Kontakt kam telefonisch und daraufhin über einen Referenzbesuch bei den Stadtwerken Konstanz zustande

Verhandlungsdauer: ungefähr ein Jahr

größte Herausforderung: automatische Erfassung der Eingangsrechnungen

unerwartete Schwierigkeiten: bei der Erstellung der Cold-Schnittstelle für das Unix-System

länger in Anspruch genommen als vorausgesehen hat: die Altdatenübernahme aus dem Unix-System

Implementierungsdauer: etwa drei Monate

Arbeitsaufwand des Dienstleisters: zirka 600 aufgewendete Mannstunden

Kostenumfang des Projekts: rund 250.000 Euro

Projektaufteilung: Hardware 36 Prozent, Software 28 Prozent, Dienstleistung 36 Prozent

Service- und Wartungsverträge: Update-Vertrag mit Serviceerweiterungen abgeschlossen, Dienstleistungen werden durch MSE erbracht

Schulung: Schulungen der Anwender und des Administrators

Benefit für den Kunden: Durch die Integration mit SAP erhält der Kunde einen schnellen Zugriff auf alle Dokumente im Unternehmen aus der jeweiligen SAP-Applikation heraus; die automatische Erfassung der Eingangsrechnungen mit Forms Rec Aida verkürzt die Durchlaufzeiten und hilft, Skontofristen zu wahren.

Benefit für den Dienstleister: Mit TWF wurde ein weiterer wichtiger Kunde aus dem Kreis der Versorgungsunternehmen gewonnen, somit konnte MSE weiter an Profil innerhalb dieser Branche gewinnen; die Integration der DMS-Lösung mit SAP und Forms Rec runden das Lösungsportfolio des Dienstleisters weiter ab.

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