In nahezu allen bedeutsamen Branchen ist die Fähigkeit zur ingenieurmäßigen Entwicklung von zuverlässiger, adaptierbarer und dabei kostengünstiger Software zur entscheidenden Kernkompetenz geworden. Im Banken- und Versicherungsgeschäft beispielsweise stützt sich die komplette Informationsverarbeitung auf Software. Ist diese fehlerhaft, kommt es zum stundenlangen Stillstand mit millionenschweren Schäden, wie vor gut einem Jahr an der Börse in Tokio geschehen.
Das Marktvolumen der Produkte, die von der Softwareentwicklung abhängen, schätzte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bereits vor fünf Jahren auf 250 Milliarden Euro in Deutschland. In vielen Branchen, so die GfK, sei der gesamte Umsatz von der Softwareentwicklung abhängig.
Hochqualifizierte Mitarbeiter aber sind rar für diese Schlüsseltechnologie, die mittlerweile zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen geworden ist. "Wir suchen händeringend nach qualifizierten Softwareingenieuren", sagt Kerstin Aigner von der Materna GmbH. Dieses Schicksal teilt der Dortmunder IT-Dienstleister mit vielen anderen Unternehmen. Auf rund 15.000 technische Fachkräfte, darunter viele aus dem Engineering-Bereich, beziffert der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) den Bedarf der Unternehmen. Dem steht ein krasser Rückgang der IT-Studierenden gegenüber. Mit großer Sorge beobachtet daher die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) die inzwischen im sechsten Jahr in Folge rückläufigen Immatrikulationszahlen in der Informatik. Nach neuesten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes haben im Wintersemester 2006/2007 erneut 5 Prozent weniger junge Leute ein Studium der Informatik aufgenommen. "Dieser Rückgang ist dramatisch", warnt GI-Präsident Prof. Dr. Matthias Jarke.
Bereits jedes vierte deutsche Unternehmen hat erhebliche Schwierigkeiten, geeignete IT-Kräfte zu finden. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis kommt die aktuelle Studie "Recruitment Trends 2006" der europäischen Jobbörse StepStone. Die Branche wächst demnach dabei deutlich schneller als qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Dies untermauert auch die jährliche Analyse, die der Personaldienstleister Adecco für den Stellenmarkt 2006 erstellt hat. Sie konnte bei den Offerten für Softwareentwickler einen Zuwachs um ein Drittel feststellen. "Es ist fünf vor zwölf, wenn wir im Wettbewerb um die wichtigsten Software-Produktionsstandorte nicht verlieren wollen", sagt Prof. Dr. Dieter Rombach, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering mit erhobenem Zeigefinger.