Leserbriefe

17.06.1999

Der offene Briefwechsel zwischen ComputerPartner-Chefredakteur Damian Sicking und Sicos-Geschäftsführer Walter Kreisheimer (ComputerPartner 18/99, Seite 7, und 20/99, Seite 63) hat weitere Reaktionen hervorgerufen. Die eine stammt von Rainer Bachmann, Inhaber des RBC Computerbüros in Eschbach. Bachmann ist der Fachhändler, auf dessen Anfrage Kreisheimer nicht antworten wollte. Und die andere Reaktion stammt von Actebis-Geschäftsführer Michael Urban. Zuerst die Zuschrift von Bachmann, die ebenfalls in Form eines Offenen Briefes an den Sicos-Geschäftsführer gehalten ist:

Sehr gehrter Herr Kreisheimer,

Ihre Antwort in ComputerPartner Nr. 20 hat mich doch verwundert. Aber ich war froh, überhaupt eine Reaktion von Ihnen zu lesen. Haben Sie doch auf meine "zweite Anfrage" (nur an Sicos - 1 PC-System) gar nicht mehr reagiert.

Zum Glück hatte keiner der anderen angefragten Distributoren Probleme mit dem Verständnis meines Anliegens. Mit dem Wissen, daß Sie meine Anfrage nicht so verstanden haben, wie ich sie meinte - nicht 50 Kunden wollten jeweils einen PC, sondern ein einziger Kunde wollte 50 PCs -, kann ich Ihre Reaktion etwas besser verstehen. Aber genauso wie alle anderen Lieferanten hätten Sie mit mir in einen Dialog treten können. Damit wir (...) eine Möglichkeit schaffen, eine gemeinsame Lösung für meinen Kunden zu erarbeiten.

Von vier angefragten Firmen habe ich Angebote erhalten. Alle fanden meine Vorschläge (nicht Forderungen) Nr. 2 und 3 nicht sonderlich aufregend oder goldgräbermäßig. Drei der Firmen haben mir die Durchführbarkeit schriftlich und telefonisch mitgeteilt.

Als kleines aufstrebendes Unternehmen hätte ich mir von der Firma Sicos etwas mehr Unterstützung gewünscht. Statt dessen lehnen Sie meine Anfrage als Massenanfrage grundsätzlich ab. Nun weiß ich nicht, was Sie als solche definieren. Sind Ihnen 50 PCs auf einmal zu viel oder weitere fünf angefragte Mitbewerber?

Zur ersten Variante finde ich keine Antwort. Wenn eine Anfrage an fünf Firmen als Massenanfrage verstanden wird, muß ich mich fragen: (...) Haben wir freie Marktwirtschaft in Deutschland? (...)

Ich gewinne derzeit immer mehr den Eindruck, daß in der Computerbranche nicht der Service am Kunden oder die Dienstleistung für ihn als solche verstanden wird. Da hagelt es Ohrfeigen für eigentlich normale Abläufe, detaillierte Fragen und Anmerkungen werden mit "Kaufen Sie doch woanders!" beantwortet. Eine Bereitschaft, vom anderen zu lernen, läßt die Branche derzeit völlig vermissen (...)

Die Stärke des Distis ist unter anderem sein Fachhändler. Wenn er diesen entsprechend unterstützt und fördert, steht einer langen gemeinsamen erfolgreichen Zusammenarbeit nichts im Weg. (...) Aber hierzu ist ein Zusammenspiel notwendig. (...) Aber nun genug der Worte. In Zukunft werde ich mich an kooperative Firmen halten und dies vor einer Zusammenarbeit abklären.

Ich erwarte auch keine Antwort mehr von Ihnen. Aber ich wünschte, die Firma Actebis und die anderen betroffenen Firmen schreiben Ihnen nette Briefe. Vielleicht verlieren Sie dann Ihren Scheuklappenblick und besinnen sich auf alte Tugenden. Es würde mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Bachmann RBC Computerbüro

Dem Wunsch von Bachmann, daß Actebis Kreisheimer antwortet, kommt Geschäftsführer Michael Urban - nicht abgesprochen! - nach und schreibt:

Lieber Herr Kreisheimer,

es gehört ganz sicher nicht zu den Gepflogenheiten von Actebis, Zahlungsziele und sonstige Details der Geschäftsbeziehungen zu unseren Kunden zu publizieren. Da Sie dies aber offensichtlich wünschen: Seien Sie versichert, wir hätten Ihnen bei einem Auftragsvolumen von 100.000 Mark sicher ohne nähere Erläuterung Ihrerseits kein Zahlungsziel von 30 oder 40 Tagen eingeräumt.

Wie die Sicos Computer Deutschland GmbH ist auch die Firma RBC Computerbüro bei uns seit kurzem als Kunde gelistet. Allerdings haben wir weder mit Ihnen noch mit RBC Computerbüro bislang nennenswerte Umsätze getätigt, die eine Einräumung von Zahlungszielen und Lieferkonditionen, die Sie ja selbst als nur in den legendären "Goldgräberzeiten" möglich benennen, rechtfertigen.

RBC Computerbüro hatte auch bei uns ein Angebot von 50 PCs und 30 Monitoren erbeten. Dieses Angebot haben wir am 4. Mai 1999 abgegeben, mit einem Zahlungsziel von zehn Tagen. Ein Auftrag kam jedoch bislang nicht zustande.

Actebis ist übrigens durchaus bereit, auf Wunsch und im Auftrag unserer Fachhändler Lieferungen direkt an den benannten Endkunden des Händlers durchzuführen - auch wenn es sich bei einem Auftrag von 50 individuell konfigurierten PCs um 50 verschiedene Lieferadressen handelt, das ist alles schon vorgekommen und wurde auch zur allgemeinen Zufriedenheit erledigt.

Da wir als Distributor jedoch keinesfalls Geschäfte mit Endkunden abwickeln, lehnen wir es strikt ab, auch die Rechnung an den Endkunden zu schicken - denn das wäre letztlich nichts anderes, als ins Direktgeschäft mit dem Anwender einzusteigen. Wie sollte man es denn einem Endanwender, den man einmal direkt beliefert hat, zukünftig erklären, daß er seine Ware bitte schön beim Fachhändler erwerben soll? In diesen Teufelskreis wollen wir erst gar nicht geraten!

Außerdem sehen wir - bei allem Komfort, der sich bietet, wenn man als Fachhändler das Risiko einer unbezahlten Rechnung an den Distributor weiterreicht - in dem von Ihnen beschriebenen Geschäftsgebaren auch eine große Gefahr: Wenn ein Fachhändler seine Geschäftsabwicklung darauf reduziert, Endkundenaufträge an Distributoren - mit einer satten Provision und ohne Risiko - weiterzureichen, ohne ein Interesse an zusätzlichen Services und Dienstleistungen wie Installation, Schulung, Netzwerkanschluß oder Cross Selling und Folgegeschäften zu zeigen, dann rechtfertigt diese Vermittlungstätigkeit in meinen Augen nicht die Bezeichnung "Fachhändler", sondern eher die eines outgesourcten Endkundenvertriebs.

Daher kann ich Ihre Verärgerung gut verstehen. In einem Punkt muß ich Ihnen jedoch widersprechen: Wir bei Actebis sehen jede Anfrage als wichtig an. Auch Endkundenanfragen zum Beispiel zu Targa-Produkten bearbeiten wir gemeinsam mit unseren Fachhändlern. Jede Anfrage ist wichtig und kann für die Zukunft weitere Geschäftspotentiale aufzeigen.

Viele Grüße und gute Geschäfte

Ihr Michael Urban

Geschäftsführer Actebis Computer Deutschland GmbH

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