Enges Beziehungsgeflecht aufbauen
Der Kunde wird sich im Erstgespräch meist nicht dazu durchringen, Sie als weiteren Lieferanten zu engagieren. Hierfür ist die Vertrauensbasis noch zu klein. Deshalb sollten Sie in diesem Gespräch auch auf keinen Fall Preise und Konditionen erörtern. Denn so lange zwischen Ihnen und Ihrem potenziellen Kunden noch keine gewachsene Beziehung besteht, nutzt er diese Infos nur für die Verhandlungen mit seinem bisherigen Lieferanten. Das von Ihnen angestrebte Gesprächsziel sollte sein, eine Absprache zu treffen, die sicherstellt, dass Sie und Ihr potenzieller Neukunde im Kontakt und Gespräch bleiben. Vereinbaren Sie mit ihm zum Beispiel regelmäßige Treffen, um sich über die Markteinwicklung auszutauschen. Oder laden Sie ihn zur Besichtung Ihres Werks oder Forschungs- oder Logistikzentrums ein. Achten sollten Sie dabei darauf, dass nicht nur zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner eine immer engere Beziehung entsteht. Vielmehr sollte sich ein immer engeres Beziehungsgeflecht zwischen den Mitarbeiter Ihrer Organisation und der Organisation des Kunden entwickeln. Beziehen Sie also auch Ihre Servicetechniker, Entwickler und Logistikfachleute in den Beziehungsaufbau ein. Denn je enger und vielfältiger die persönlichen Bande zwischen Ihrem Unternehmen und der Kundenorganisation sind, um so eher entscheidet sich der Neukunde für Sie.
Zum richtigen Zeitpunkt in die Offensive gehen
Wenn Sie (und Kollegen/Mitarbeiter von Ihnen) im regelmäßigen Kontakt mit dem Zielkunden stehen, dann erfahren Sie auch, wann sich bei ihm technisch, organisatorisch, personell etc. etwas ändert. Und: Sie erhalten auch Infos über Ihre Konkurrenten. Zum Beispiel, dass er sich mit einer Problemlösung schwer tut. Oder, dass ihn wichtige "Schlüsselpersonen" verlassen. Oder dass er ein neues Logistiksystem einführt. Solche Veränderungen führen meist zu Irritationen beim Kunden. Also ergeben sich hieraus für Sie Ansatzpunkte, um bei Ihrer Kontaktperson zum Beispiel mit dem Vorschlag vorstellig zu werden: "Was halten Sie davon, wenn sich die Personen a, b und c aus Ihrer Organisation und die Personen x, y, und z aus unserer Organisation zu einem Spezifikationsworkshop treffen, um gemeinsam zu schauen, wie ...". Wenn beim Ziel-Kunden ohnehin Veränderungen anstehen, sind Ihre Chancen, zum Ziel zu kommen. groß: Nun können Sie gezielt darauf hinarbeiten, dass Sie den gewünschten Erstauftrag erlangen oder Ihr Kunde den Lieferumfang erhöht, sofern er Ihnen bereits erste Kleinstaufträge erteilte. Sie können ihm aber auch, wenn er zum Beispiel über lange Rüstzeiten und steigende Energiekosten klagt, sofern Ihre Beziehung schon so weit gediehen ist, den Vorschlag unterbreiten: "Ich könnte mir als Lösung vorstellen, dass .... Hieraus müssten nach meiner Schätzung 20 Prozent kürzere Rüstzeiten und 15 Prozent niedriger Energiekosten resultieren. Was halten Sie davon, wenn Ihnen unsere Techniker mal einen Vorschlag unterbreiten wie ..."
Wenn Ihr Gesprächspartner das Gefühl hat "Der will mit mir langfristig ins Geschäft kommen. Entsprechend bemüht er sich um mich", sind die Chancen gut, dass er sich auf Sie einlässt. Jetzt Sie sind an dem Punkt, dass Sie mit dem Zielkunden nicht mehr über Möglichkeiten der Zusammenarbeit, sondern über reale Projekte sprechen - und zwar solche, bei denen die Frage, wer den Zuschlag erhält, noch (oder wieder) offen ist. Deshalb ist die Chance groß, dass Sie den Auftrag erhalten - und zwar zu marktgerechten statt zu Dumpingpreisen.
Noch ein Tipp: Konzentrieren Sie beim Versuch, Wettbewerbern Kunden abzujagen, Ihre Energie nicht auf deren Top-Kunden. Denn dann werden diese fuchsteufelswild und setzen alles daran, dass Sie nicht zum Zug kommen. Anders ist es, wenn Sie deren Kunden im unteren A- und im oberen B-Kunden-Segment umgarnen. Sie stehen nicht so stark im Fokus der Key-Accounter. Deshalb können Sie mit ihnen, bevor Ihre Wettbewerber Ihre "Charme-Offensive" registrieren, oft so enge Kontakte aufbauen, dass es zum Abwehren Ihres Angriffs bereits zu spät ist. (mf)