Die Stimmung in der Systemhauslandschaft changiert zwischen Gelassenheit und vorsichtigem Blick nach vorn, so das Ergebnis der jüngsten Umfrage der ChannelPartner unter den großen Systemhäusern in Deutschland.
Nur rund ein Drittel (33,9 Prozent) der Systemhäuser rechnet damit, dass sich das Investitionsklima in den kommenden Monaten verbessern wird. Das war im Vorjahr anders, damals sprühte die Branche vor Optimismus. Fast drei Viertel der Befragten (71,9 Prozent) sahen den kommenden Geschäften zuversichtlich entgegen.
Trübsal blasen die Systemhäuser aber auch heute nicht. Nur eine kleine Minderheit (6,7 Prozent) geht von einer verschlechterten Lage aus. Die meisten Unternehmen (59,4 Prozent) haben sich auf eine unverändert stabile Nachfrage eingestellt.
Umsatzerwartungen in den nächsten 12 Monaten
Diese Einschätzung spiegelt sich auch in der Umsatzplanung wider: Zwar rechnet keiner der befragten Anbieter mit schrumpfenden Einnahmen, doch die Zahl derer, die stürmisches Wachstum erwarten, ist leicht gesunken. Die Hälfte der Systemhäuser (54,3 Prozent) plant 2012 schneller als der Markt zu wachsen, 2011 lag dieser Anteil noch bei 65,4 Prozent.
Sogar deutlich schneller als der Markt glaubt ein Viertel zulegen zu können - etwa so viele wie im Vorjahr. Und 20,3 Prozent der in diesem Jahr Befragten gehen davon aus, sich mit ihren Wachstumsquoten auf dem Niveau des Branchendurchschnitts einpendeln zu können.
An Selbstbewusstsein mangelt es der Branche also weiter nicht, und einen Konjunktureinbruch erwartet eigentlich niemand. Dennoch haben Euro- und Finanzkrise sowie die Warnungen vor einem bevorstehenden Konjunktureinbruch, beispielsweise durch die aktuellen Frühindikatoren des Ifo Instituts, ihre Spuren hinterlassen.
Möglicherweise werfen aber auch schon die beginnenden Cloud-Geschäfte ihre Schatten voraus: Immerhin knapp 85 Prozent der Befragten betreiben bereits entsprechende Dienste. Die Investitionen, um in diesem Geschäft Fuß zu fassen, sind hoch, Umsätze und Erträge in den ersten Jahren dagegen gering, so dass die Investitionen in die Zukunft die Ergebnisse vorerst belasten.
Fachkräftemangel und Skepsis
Die Frage nach den größten Problemen der Systemhäuser belegt die derzeit widersprüchliche Stimmungslage zwischen erfreulicher Gegenwart und unsicherer Zukunft: Einerseits suchen sie händeringend Mitarbeiter, andererseits sorgen sie sich um die wirtschaftliche Entwicklung. 2011 bereitete den Häusern das Investitionsklima beispielweise noch kein Kopfzerbrechen, das Thema bildete mit einem Wert von 1,8 Prozent das Schlusslicht der Problemliste.
Dieses Jahr rangiert es mit 20,4 Prozent bereits auf Platz fünf. Die Sorge über sinkende Margen und steigende Kosten (37,4 Prozent) hat sogar die Furcht vor dem Direktvertrieb der Hersteller (28,9 Prozent) überflügelt. Der anhaltende Preisrückgang für Hard- und Software sowie die Nachfrageeinbrüche in angestammten Kernsegmenten - allen vor-an Desktops und Server - begleiten die Branche schon seit Jahren, sind aber immer wieder häufig genannte Gründe dafür, dass die Anbieter ihre Ertragslage gefährdet sehen.
Die größte Gefahr sehen die Systemhäuser aber im anhaltenden Fachkräftemangel (90,1 Prozent). Viele Anbieter hatten bereits im vergangenen Jahr gestiegenen Bedarf an IT-Profis, und die meisten (88,3 Prozent) wollen auch 2012 weitere Mitarbeiter einstellen, wenn sie denn genügend qualifiziertes Personal finden.
Erhebungen des Bitkom zufolge hat der Expertenmangel bereits im ersten Quartal 2012 dazu geführt, dass Aufträge abgelehnt wurden oder nicht abgeschlossen werden konnten. Im Durchschnitt verlieren die Unternehmen 8,5 Prozent ihres möglichen Umsatzes, schätzt der Branchenverband. Die Sorgen um Einnahmeausfälle infolge fehlender Mitarbeiter, verbunden mit den offensiven Personalplanungen der Unternehmen, zeugen immerhin von einer guten Auslastung.
Kooperation im Mittelstand
Ein Mittel, fehlendes Know-how zu beschaffen, wäre die Akquisition eines Unternehmens; immerhin knapp 29 Prozent der befragten Manager können sich die Übernahme eines Konkurrenten vorstellen.
Im Kern bauen aber wie schon in den Vorjahren nahezu alle Systemhäuser (98,6 Prozent) darauf, aus eigener Kraft zu wachsen. 79,8 Prozent der Befragten (rund zehn Prozent mehr als 2011) rechnen damit, dass sich das Anbieterfeld infolge von Insolvenzen und Akquisitionen lichten wird. Die zahlreichen Übernahmen im ersten Halbjahr 2012 bestätigen den Konsolidierungstrend.
Auffallend hoch im Kurs steht eine weitere Maßnahme, die in diesem Jahr erstmals in die Umfrage von ChannelPartner eingeflossen ist: die Kooperation mit anderen Systemhäusern (18,7 Prozent). Erfahrungsgemäß sind es stark spezialisierte Unternehmen, die den Schulterschluss zu Wettbewerbern mit ergänzenden Kompetenzen suchen, um Kunden gemeinsam ein breiteres Portfolio sowie zusätzliche Dienstleistungen anbieten zu können und den eigenen Kundenkreis zu erweitern.
Gerade die zunehmende Komplexität von Lösungen für den Rechenzentrumsbetrieb, aber auch der Trend zum Cloud Computing dürfte diese Entwicklung weiter beflügeln. Zu verstärkter Konsolidierung in der Systemhauslandschaft dürften diese Kooperationen allerdings nicht führen, denn keines der befragten Systemhäuser plant, die Zusammenarbeit mit anderen Vertriebspartnern in eine Fusion münden zu lassen.
Die Kooperationsbereitschaft erstreckt sich über die gesamte Breite des Anbieterfeldes. Es ist keineswegs so, dass nur die kleinen Systemhäuser eine Zusammenarbeit anstreben. Auch sehr große Anbieter, beispielsweise T-Systems, arbeiten häufig mit lokal starken, mittelständisch geprägten Partnern zusammen. Überwiegend tun sie das im Rahmen mittelgroßer Projekte. Das ist ein Indiz dafür, dass der Mittelstand wichtigster Wachstumsmotor bleibt.
Lokale Systemhäuser gewinnen an Gewicht
Die Frage nach den wichtigsten Wettbewerbern zeigt eine deutliche Verschiebung weg von den großen, marktbeherrschenden Systemhäusern, hin zu kleineren Anbietern. Die regional aktiven Systemhäuser haben 2012 erstmals die Bechtle-Gruppe von Rang eins der stärksten Konkurrenten verdrängt, und auch Computacenter hat in der Liste der größten Mitbewerber an Bedeutung verloren.
Doch nicht nur lokale Anbieter, auch überregional aktive Systemhäuser, die kleiner sind als die Platzhirsche der Branche, gewinnen - wie schon in den vergangenen Jahren - weiter an Einfluss. Erstaunlicherweise geht diese Entwicklung nicht mit einem sich verschärfenden Wettbewerb einher: Nur 22 Prozent der befragten Häuser, vier Prozent weniger als im Vorjahr, rechnen damit, dass die Konkurrenz mit härteren Bandagen kämpfen wird.
Direktvertrieb der Hersteller
Auffallend widersprüchlich bewerteten die Systemhäuser in diesem Jahr auch die Rolle der großen ITK-Hersteller als Wettbewerber im umkämpften Markt. So bereitet den Vertriebspartnern der Direktvertrieb der Hersteller einerseits weniger Sorgen (28,9 Prozent) als noch im Vorjahr (40,4 Prozent). Andererseits bezeichneten spürbar mehr Systemhäuser (34 Prozent) die Hersteller als ihre wichtigsten Wettbewerber. Im Vorjahr waren nur 28,1 Prozent der Befragten dieser Meinung. Das ist ein neues Phänomen, denn in den Jahren zuvor hatten sich diese beiden Werte stets übereinstimmend nach oben oder unten bewegt.
Dieses Umfrageergebnis legt den Schluss nahe, dass die Systemhäuser zwar immer häufiger mit den großen Herstellern im Wettbewerb um große Projekte liegen, sich deswegen aber nicht mehr so viele Sorgen machen. Sie sehen ihre Geschäfte durch diese Konkurrenzsituation nicht bedroht. Möglicherweise haben sie erlebt, wie die Hersteller in der Kundenakquise scheiterten, weil sie nicht eng genug dran waren oder nicht das nötige Know-how mitbrachten.
(rb)