Gesetz stärkt Händlern den Rücken

Zweifelhafte Zeitwertgutschrift bei Rückabwicklung

16.12.2009
Zeitwertgutschrift heißt das Zauberwort, mit dem viele Distributoren versuchen, die Kosten für die Rückabwicklung eines Kaufvertrages auf den Fachhandel abzuschieben. Das Gesetz stärkt Händlern den Rücken.
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Wer steht eigentlich dafür gerade, wenn ein Kunde innerhalb der Garantie den Kaufpreis eines defekten Produktes zurückerstattet haben will? Diese Frage tauchte im geschlossenen Händlerforum CHIC auf channelpartner.de auf, wo Händler ihre negativen Erfahrungen zur RMA-Abwicklung mit der Distribution beschrieben. So berichtete eines der Forumsmitglieder: "Wir haben 2 GeForce 8800Ultra eingeschickt. Beide Karten wurden knapp zur selben Zeit gekauft und haben Garantie/Gewährleistung. Es handelt sich bekanntermaßen um eine recht teure High-End-Karte, zurzeit vergleichbar mit einer GTX 295. Vom Distributor kam eine Zeitwertgutschrift, erstellt über rund 160 Euro. Für die an Amazon zurückgesandte Karte erhielten wir die volle Gutschrift des Kaufpreises in Höhe von 559,90 Euro plus 6,90 Euro Rückporto.

Was mir nicht in den Kopf will: Wir als Händler müssen dem Kunden Ersatz leisten und werden zugunsten der RMA-Abteilung des Distis benachteiligt. Rein rechtlich muss ich als Händler dem Kunden Ersatz liefern oder den vollen Kaufpreis zurückzahlen. Hier handelt es sich ja um einen Rückabwicklung des Kaufvertrages. Eine sogenannte Zeitwertgutschrift muss ein Endkunde ja nicht akzeptieren. Die Distis machen es sich da ja leider recht leicht. Wir lassen uns mit fadenscheinigen Zeitwertgutschriften abspeisen und müssen dann für die Folgekosten geradestehen. Vor allem: wer definiert den sogenannten Zeitwert eines Produktes? Das scheint sich ja jeder so hinzubasteln, wie er mag. Und wir als kleine Händler sind dieser Willkür einfach ausgeliefert."

ChannelPartner wandte sich mit dieser Frage an Rechtsanwalt Johannes Richard*. Das Gesetz stärkt dem Einzelhandel auch durch bereits rechtskräftige Urteile den Rücken, wie aus den Ausführungen des Anwalts auf den kommenden Seite ersichtlich wird.

"Großhändler kommt aus seiner Verpflichtung nicht heraus"

Ist ein von einem Händler an einen Endkunden verkauftes Produkt mangelhaft, hat der Kunde gemäß § 439 BGB einen Anspruch auf Nacherfüllung. Nach Wahl des Kunden kann die Nacherfüllung in Form der Beseitigung des Mangels oder in der Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt werden. Die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung kann gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigert werden, wenn sie nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, beispielsweise die Lieferung einer mangelfreien Sache für den Verkäufer kostengünstiger ist als eine Reparatur. Der Verkäufer hat gegenüber dem Endkunden gemäß § 439 Abs. 2 BGB die erforderlichen Aufwendungen zu tragen, insbesondere Transportwege, Arbeits- und Materialkosten.

Damit der Verkäufer auf diesen Kosten nicht sitzen bleibt, gibt es eine Regelung in § 478 BGB (Rückgriff des Unternehmers). Im Rahmen der Lieferkette kann der Verkäufer von seinem Großhändler den Ersatz der Aufwendungen verlangen, die ihm bei Mängeln im Verhältnis zu seinen Endkunden entstanden sind. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.11.2008, Az.: VIII ZR 200/05, entschieden, dass im Fall der Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund eines Mangels der Verkäufer für die Nutzung der Sache in der Gewährleistungszeit keinen Wertersatz verlangen darf.

Händler muss sich nicht mit Zeitwertgutschrift einverstanden erklären

Dies wird auch im Rahmen des Regressanspruches gemäß § 478 BGB zu berücksichtigen sein, hat sich jedoch bei vielen Großhändlern bisher entweder nicht herumgesprochen, oder diese setzen sich bewusst über diese Vorschrift hinweg. Für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Rückabwicklung eines Kaufvertrages gegeben sind (hier muss immer beachtet werden, dass der Kunde zunächst einmal ein Recht auf Nacherfüllung hat und nicht auf Rückgabe), muss sich der Händler mit einer "Zeitwertgutschrift" somit nicht einverstanden erklären. Auch der Kunde muss eine Zeitwertgutschrift nicht akzeptieren. Im Zweifel wäre somit zu überlegen, dass der Händler gegen seinen Großhändler diese Frage einmal rechtlich klären lässt. Hier kommt insbesondere hinzu, dass sich die Regressansprüche gemäß § 478 BGB zwischen den Händlern rechtlich in der Regel nicht abbedingen lassen.

Der Großhändler kommt somit aus seiner Verpflichtung, seinen Händler von entsprechenden Ansprüchen aufgrund von Mängeln freizustellen, in der Regel nicht heraus. Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Händler nur gegenüber dem Großhändler oder Hersteller seine Ansprüche geltend machen kann, mit dem er auch einen Vertrag hat, das heißt, von dem er auch die Ware bezogen hat. (bw)

Rechtsanwalt Johannes Richard

*Johannes Richar arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er hat sich auf die Bereiche Internet- und Online-Recht sowie Wettbewerbsrecht spazialisiert.

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