Die Nachfrage nach Digital-Imaging-Produkten ist ungebrochen. Das zeigte die Photokina 2008 deutlich, die vom 23. bis zum 28. August in Köln stattfand. Obwohl die Ausstellerzahl gegenüber 2006 von 1.579 auf 1.523 leicht sank, fanden mit 169.000 Besuchern rund 7.000 Interessierte mehr als vor zwei Jahren den Weg auf das Messegelände. Rund 110.000 davon waren Händler oder professionelle Anwender.
Der Besuch lohnte sich, denn die Hersteller präsentierten eine Vielzahl neuer Kameramodelle, die Kaufanreize für jeden Geldbeutel bieten. Bei Kompaktkameras sind Auflösungen von 14 Megapixeln und mehr, größere, besser auflösende und blendfreiere Displays, Touchscreens, echtes Weitwinkel, HD-Video, intelligente Gesichtserkennung und GPS-Integration Verkaufsargumente. Ähnlich sieht es im Segment der digitalen Spiegelreflexkameras aus. Canons EOS 5D Mark II und Nikons D90 bieten als erste DSLR-Modelle HD-Video-Aufzeichnung, Sony feierte mit 24,6 Megapixeln in der Vollformatkamera Alpha 900 neue Auflösungsrekorde.
Ein völlig neues Kamerasystem stellten Olympus und Panasonic mit dem Micro-Four-Thirds-Standard vor. Das Format ermöglicht den Einsatz von Wechseloptiken an kleinen Gehäusen ohne Spiegelsystem und bringt so die Philosophie einer digitalen Messsucherkamera wie der Leica M8 in bezahlbare Regionen.
Für Aufsehen sorgte aber vor allem das neue S-System von Leica, war es doch die einzige Neuvorstellung auf der Messe, die nicht schon im Vorfeld zumindest gerüchteweise bekannt war. Mit dem S-System beschreitet Leica einen Mittelweg zwischen Kleinbild und Mittelformat, der Reminiszenzen an das 645-Format weckt. Der von Kodak stammende CCD-Sensor im sogenannten Leica-Pro-Format misst 30 x 45 Millimeter und bietet 37,5 Megapixel Auflösung.
Das erste Kameramodell, die Leica S2, ist nur unwesentlich größer als eine professionelle Kleinbild-DSLR und wie diese gegen Staub sowie Spritzwasser geschützt. Der in Kooperation mit Fujitsu entwickelte Prozessor soll eine Serienbildgeschwindigkeit von 1,5 Bildern pro Sekunde bei voller Auflösung ermöglichen. Für das System wird es völlig neu gerechnete Objektive geben, die zum Teil mit Zentralverschluss ausgerüstet sind. Da der Sensor größer ist als das Kleinbildformat, hat das Normalobjektiv zirka 70 Millimeter Brennweite. Wann Kamera und Linsen auf den Markt kommen und was sie kosten werden, stand bis Redaktionsschluss nicht fest. Die Preise dürften sich aber im Bereich anderer Mittelformatsysteme bewegen.
Fachhandel profitiert nicht vom Boom
Auch die GfK-Zahlen zeigen den ungebrochenen Boom im Digital-Imaging-Markt: Im August 2008 wurden in Deutschland 528.000 Digitalkameras verkauft - acht Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gewinner dieser Entwicklung sind im Wesentlichen die Flächenmärkte und der Online-Handel. Der stationäre Fachhandel musste dagegen Verkaufseinbußen von 19 Prozent hinnehmen. Für ihn ist der Preisverfall im Kamerasegment besonders problematisch. Gab ein Käufer in Westeuropa 2004 durchschnittlich 263 Euro für eine Digitalkamera aus, waren es 2008 nur noch 167 Euro.
Wer schuld am Preisverfall ist, darin sind sich die Marktteilnehmer nicht einig. "Die Marktstörungen sind nicht von der Distribution verursacht", sagt Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter bei dexxIT. "Die Hersteller könnten zumindest einen Teil der Probleme abstellen, sofern sie Inhaber ihrer Marken sind." Auch Stephan Leonhard, Vertriebsleiter bei ComLine, sieht die Hersteller in der Pflicht: "Durch den Internethandel wird die Marge vernichtet, das ist ein Fehler der Hersteller." Keine Einflussmöglichkeiten macht dagegen Andrea Berndt aus dem Canon-Marketing aus: "Man kann nur Marge anbieten. Ob sie genommen wird oder nicht, entscheiden nicht wir."
Auch wenn mit den Kernprodukten kaum Geld zu verdienen ist: Der Digital-Imaging-Markt ist für den Fachhandel nicht verloren, auch das zeigte die Photokina deutlich. Da ist beispielsweise der ungebrochene Trend zur digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR), den neue Modelle im Einsteigersegment wie die Canon EOS 1000D oder die Pentax K-m ebenso beflügeln wie die bereits erwähnten HD-Video-fähigen Modelle von Nikon und Canon. Rund 28 Prozent Wachstum konnte das Segment im ersten Halbjahr 2008 laut GfK verzeichnen.
Während bei den Kameras die Preise unter fast demselben Druck wie im Kompaktsegment stehen, sieht es beim Zubehör viel besser aus - und davon benötigt der DSLR-Nutzer eine ganze Menge. Angefangen von Objektiven, die gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zulegen konnten, über Speicherkarten mit etwa 20 Prozent Wachstum bis hin zu Stativen, Blitzgeräten, Taschen, Pflegezubehör und Software reicht das Spektrum. Der absolute Renner sind derzeit digitale Bilderrahmen, die weltweit Wachstumsraten von über 90 Prozent aufweisen. Neben dem Zubehör werden aber auch Dienstleistungen rund ums Bild für den Fachhandel immer wich-tiger. Der Umsatz mit Fotobüchern soll sich in den kommenden zwei Jahren fast verdoppeln, die Zahl mobiler Druckstationen, sogenannter Kioske, um rund 50 Prozent zulegen.
Das sagt die Distribution
Den Trend zum Zubehör bestätigen auch die auf der Photokina vertretenen Distributoren. "Viele Kunden entdecken durch DSLR erst die Freude am Fotografieren. Mit neuem Zubehör kann man dieser Freude immer wieder neue Impulse geben", sagt Michael Binkert, Geschäftsführer von BHS Binkert. Das Unternehmen gehört zu den größten Canon-Distributoren in Deutschland und betreut neben dem klassischen Fotohandel auch UE- und IT-Reseller. Sinnvolle Paketangebote aus Kamera und hochwertigem Zubehör sind nach Ansicht von Binkert der Schlüssel zum Erfolg: "Objektive, Filter, Taschen, Speichermedien und energieeffiziente Akkus - das sind die Zusatzprodukte, die auch in Zukunft Marge bringen."
Das sieht Hans-Jürgen Schneider von dexx-IT ganz ähnlich: "Im DSLR-Bereich sind Sie ohne Zubehör gar nichts." Der Distributor hat zur Photokina die neue Eigenmarke "Camgloss" gelauncht, eine Serie hochwertiger Pflege- und Reinigungsmittel für Displays und Objektive. "Wir adressieren damit das Premium-Segment, die Qualität der Camgloss-Produkte soll die Wertigkeit des Equipments widerspiegeln", erklärt Schneider.
Wertiges Equipment ist auch die Spezialität von Bogen Imaging, der hauseigenen Distribution der Vitec Imaging Division, die Premium-Marken wie Multiblitz, Manfrotto, Gitzo oder Katta im Portfolio hat. "Solange Kameras verkauft werden, wird auch Zubehör verkauft", ist sich Michaela Dietrich sicher, die bei Bogen Imaging für Marketing und Kommunikation zuständig ist. Neue Produtklinien wie die Stativreihe Modo von Man-frotto oder die DSP-Taschenserie von Katta sollen die Marken für eine größere Käuferschicht erschwinglich und damit für den breiten CE- und IT-Handel attraktiv machen. Darunter solle jedoch weder die Qualität der Produkte noch die Betreuung im Fachhandel leiden: "Wir bieten nicht nur Rabatte, sondern auch immer ein komplettes Verkaufskonzept", sagt Dietrich. (haf)