Urteil zum Wettbewerbsverbot

Zur Wirksamkeit von Handelsvertreterverträgen

09.10.2013
Eine für viele Handelsvertreter interessante Entscheidung hat der Bundesgerichtshof am 21.3.2013, VII ZR 224/12 getroffen. Stefan Engelhardt stellt sie vor.
Foto: Fotolia, Anchels

Geklagt hatte eine Gesellschaft, die für andere Unternehmen Versicherungen, Bausparverträge und Kapitalanlagen vermittelt. Im August 2004 war ein formularmäßiger Finanzdienstleistungsvermittlungsvertrag abgeschlossen worden, nachdem die Beklagte als Handelsvertreterin für die Klägerin tätig werden sollte.

Dieser Vertrag enthielt ein vertragliches Wettbewerbsverbot sowie eine Regelung über ,,Vertragsdauer, Kündigung, Vertragsbeendigung", wonach eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von drei Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres zulässig war.

2007 schlossen die Parteien im Rahmen eines formularmäßigen Zusatzvertrages auch eine Vereinbarung über einen Vertragsstrafenanspruch der Klägerin bei Wettbewerbsverstößen des Handelsvertreters. Hiernach sollte der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe unabhängig von seinem Verschulden verwirken.

Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten für August 2010 bis Dezember 2011 Auskunft darüber, wie viele konkurrierende Versicherungs- und sonstige Anlageprodukte die Beklagte im genannten Zeitraum für die Konkurrenz vermittelt hatte.

Das Landgericht hatte dem Auskunftsanspruch teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht gab der Klage insgesamt statt, auf die Revision der Beklagten hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurück.

Nach Meinung des Bundesgerichtshofes stand der Klägerin der geltend gemachte Auskunftsanspruch für den gesamten begehrten Zeitraum nicht zu, weil die formularmäßige Vereinbarung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Jahresende unwirksam war.

Diese Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Absatz 1 BGB und hielt der Inhaltskontrolle nicht stand. Eine solche Vereinbarung benachteiligt die für die Klägerin im Nebenberuf tätigen Handelsvertreter entgegen des Gebotes von Treu und Glauben unangemessen.

Nach dem gesetzlichen Leitbild soll ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis zügiger beendet werden können, als das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters im Hauptberuf, für den bei vergleichbarer Vertragsdauer von über fünf Jahren eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonates maßgeblich wäre.

Keine geringe Schutzbedürftigkeit

Wenn das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung ausgeführt hat, dass ein Handelsvertreter im Nebenberuf eine geringere Schutzbedürftigkeit aufzuweisen hat, so kann dem nicht gefolgt werden. Außerdem kann ein Handelsvertreter im Nebenberuf durch die lange Kündigungsfrist in unbilliger Weise daran gehindert werden, einen existenzsichernden Hauptberuf bei einem konkurrierenden Unternehmer zu ergreifen. Somit konnten der Klägerin gegen die nebenberuflich tätige Beklagte nur Ansprüche für den Monat August 2010 zustehen.

Auch die Vertragsstrafenvereinbarung war am Maßstab des § 307 Absatz 1 BGB zu messen und hat einer Prüfung ebenfalls nicht standgehalten. Eine Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden kann, benachteiligt diesen unangemessen.

Der Autor Stefan Engelhardt ist Landesregionalleiter "Hamburg" der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt:
Roggelin & Partner, Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaft, Alte Rabenstraße 32, 20148 Hamburg, Tel.: 040 769999-21, E-Mail: stefan.engelhardt@roggelin.de, Internet: www.roggelin.de

Aktuelle Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 6
Mit falschem Ausweis iPad-Käufer getäuscht
Mit einem gefälschten Ausweis versucht eine unbekannte Person in betrügerischer Absicht Kunden zu täuschen. Die Polizei in Kassel warnt nun vor der Masche.
Wenn Gehwege zur Stolperfalle werden
Welche Verkehrssicherungspflicht Städte und Gemeinden haben und welche rechtlichen Konsequenzen schlimme Straßenzustände haben, erklären die Arag-Experten.
Urteil zur Nachbesserung
Der Käufer eines Neuwagens verlangt die Beseitigung von Mängeln und lehnt anschließend die Abnahme des Fahrzeugs ab.
Geld auch für nicht angeordnete Überstunden
Sind Überstunden notwendig, um anfallende Arbeiten zu erledigen, bedarf es keiner besonderen Anordnung des Arbeitgebers für die Leistung von Überstunden.
"Keine Angst vor dem Shitstorm"
Schon bei nichtigen Anlässen kann es zu einer Empörungswelle in sozialen Netzwerken kommen. Firmen können aber einiges tun, damit die Wogen nicht zu hoch schlagen oder die öffentliche Entrüstung erst gar nicht entsteht.
Führerschein mit Befristung
Die neue Führerscheinrichtlinie ist in Kraft getreten und mit ihr einige Änderungen der Fahrerlaubnisklassen. Wer wann von welchen Änderungen betroffen ist, sagen die Arag-Experten.
Verschlüsselung ist nicht mehr sicher
Geheimdienste wollen selbst verschlüsselt kommunizieren, doch sie hassen es, dass auch ihre Gegner diese Werkzeuge nutzen. Nach neuen Unterlagen aus dem Fundus von Edward Snowden sind auch verschlüsselte Daten nicht mehr sicher.
Wartungsvertrag und IT-Sicherheit
Bei der Wartung von IT-Anlagen durch externe Dienstleister können rechtliche Probleme auftreten, mit denen sich Auftraggeber und Dienstleister konfrontiert sehen. Wir klären über Vertragsarten, Haftung und Schadensersatz auf.
Betrug im Internet – die beliebtesten Maschen
Betrüger lassen sich immer neue Tricks einfallen, um andere Menschen im Internet übers Ohr zu hauen. Wir zeigen Ihnen die momentan am häufigsten aufgestellten Online-Fallen.
Meilen und Prämien können übertragen werden
Die Prämien des Miles-&-More-Programms müssen frei übertragbar sein. Einschränkungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Lufthansa sind unwirksam.
Keine Mietminderung wegen Verkehrslärm
Grundsätzlich gibt es nicht als zwischen Vermieter und Mieter stillschweigend vereinbart, dass eine geringe Belastung durch Verkehrslärm als vertragsgemäßer Zustand der Wohnung festgelegt wurde.
Keine Entziehung der Fahrerlaubnis – vorerst
Der betroffene Führerscheininhaber war nachmittags in stark betrunkenem Zustand zu Fuß in der Nähe einer vielbefahrenen Straße unterwegs und soll andere Autofahrer gefragt haben, wieso diese in seinem Auto säßen.