Zukünftige Speichertechnologien - Teil 5

21.06.2005 von Hermann Strass
10 GB auf einer Rolle Tesafilm und 5 GB in Kreditkartengröße versprechen die Forscher für die Zukunft. Mit BMR soll es beispielsweise möglich sein, Daten bis zu einer Speicherdichte von 1 Terabit pro Quadratzoll auszulesen. - Teil 5.

Von Hermann Strass, tecChannel.de

BMR

Mit Unterstützung durch die amerikanische National Science Foundation (NSF, www.nsf.gov) haben zwei Forscher an der Staatsuniversität von New York in Buffalo eine besonders empfindliche magneto-resistive Sensortechnik entwickelt.

Das so genannte BMR-Verfahren (Ballistic Magneto-Resistance) erzeugt einen Widerstandsunterschied von 3.000 Prozent im Sensor beim Auslesen extrem kleiner Magnetzellen. Zum Vergleich: Die heute in Festplatten eingesetzte GMR-Technik kommt auf einen Widerstandsunterschied von etwas weniger als 100 Prozent. Bei der GMR-Technik macht man sich zu Nutze, dass sich der Widerstand von bestimmten Materialien wie Nickel-Eisen-Verbindungen im Magnetfeld ändert. Bei dem genannten BMR-Versuch kam gleichfalls Nickel zum Einsatz. Das bei Raumtemperatur durchgeführte Ergebnis des Experiments ist erheblich besser als alle bisher bekannten Verfahren. Dabei ist das BMR-Element nur einige Atomdurchmesser lang und breit. Mit BMR soll es möglich sein, Daten bis zu einer Speicherdichte von 1 Terabit pro Quadratzoll auszulesen.

Moleküle an Kreuzungen

Stanley Williams und andere Forscher bei Hewlett-Packard arbeiten mit Molekülen zwischen gekreuzten Platindrähten als Speicherelemente. Ihnen ist es gelungen, in einem Raster von einem Mikrometer 64 Speicherzellen unterzubringen. Etwa tausend solcher 64-Bit-Elemente würden auf die Spitze eines menschlichen Haares passen. Beim Lesen wird nur ein schwacher Strom durch die gekreuzten Leitungen geschickt, damit der Speicherzustand ohne Refresh erhalten bleibt.

Die zur Speicherung genutzten Moleküle an den Kreuzungspunkten haben eine Widerstandsänderung mit dem Faktor 10.000 zwischen dem Null- und dem Eins-Zustand. Das ist um Größenordnungen mehr als bei MRAMs. Die Silizium-Strukturen werden nicht in tage- oder wochenlangen Prozessschritten herausgeätzt, sondern in ein paar Minuten eingestanzt, ähnlich wie beim Pressen von CDs oder DVDs. In die eingepressten Gräben werden dann die Platindrähte eingelegt. Williams sieht noch mindestens fünf Jahre Forschungsarbeit vor sich, bevor kommerzielle Produkte denkbar sind.

StorCard

Die StorCard der amerikanischen Firma (www.storcard.com) mit gleichem Namen ist ein Informations-Server auf einer Kreditkarte. Technisch gesehen ist es ein rotierender flexibler Datenspeicher mit den äußeren Maßen einer Kreditkarte (86 x 54 x 0,75 Millimeter). Als mögliche Hauptanwendung werden die Speicherung von (biologischen) Identitätsdaten und Krankenpassinformationen sowie als Sicherheitsausweis gesehen.

Eine StorCard soll mit einer Speicherkapazität von heute 100 MB schon bald auf 5 GB anwachsen. Im Vergleich dazu haben heute Kreditkarten einige hundert Byte und SmardCards etwa 64 KB Speicherkapazität. Als Schnittstelle zum Lese-/Schreibgerät dient das übliche Kontaktfeld auf einer SmartCard mit einem Protokoll nach ISO 7816-1. Die Verschlüsselung nach AES (Advanced Encryption Standard) kann mit einer Schlüssellänge von 1024 Bit durchgeführt werden. PKI-Authentifizierung dient zur Identifizierung der Person mit der Speicherkarte. Das Lesegerät kann als PC-Karte (5 Millimeter dick, Typ II) oder als USB-Gerät ausgeführt sein.

Die flexible Speicherscheibe rotiert mit 3.600 Umdrehungen pro Minute. Sie ist 0,038 Millimeter dick, aus Stahl oder Titan. Das Innere des Laufwerks ist gegenüber der Außenwelt nicht komplett hermetisch abgedichtet. Auf Grund geometrischer Anordnung von Kopf, Scheibe und aerodynamischer Strömungskanäle im Kopf werden kleinste Verunreinigungen am Lese-/Schreib-Element des Kopfes vorbeigeleitet. Gibt es doch einen direkten Kontakt, dann weicht die harte, aber flexible Scheibe aus, ohne einen Head-Crash zu verursachen. Im Betrieb kann das Gerät Stöße bis zu 150 g aushalten. Vier Patente schützen die StorCard-Technik gegen Nachbau.

Seit Januar 2003 wird die StorCard von der kanadischen Firma Xwave (www.xwave.com) für den Einsatz in öffentlichen Sicherheitsbereichen vermarktet. Chairman of the Board ist Finis Conner, Mitgründer von Shugart und Gründer von Conner Peripherals.

Flächenoptimierung

Am Fraunhofer-Institut (www. iws.fraunhofer.de) für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden wurde für IBM eine neue Methode für die Beschichtung von Festplattenoberflächen entwickelt. Nach dem Verkauf der Festplattensparte von IBM an Hitachi Data Systems ruht dieses Vorhaben derzeit aus Geldmangel. Wesentlich an der neuen ultradünnen Beschichtung ist der damit geringere Abstand zwischen Kopf und Plattenoberfläche. Die bis-herige Grenze liegt bei 10 Nanometer Abstand. Für höhere Speicherdichten wird aber eine Verringerung des Abstands auf 3 Nanometer benötigt.

Für die extrem dünne Oberflächen-Schutzschicht wird im Lichtbogen ein diamant-ähnliches Graphitplasma erzeugt. Magnetfelder sorgen dafür, dass dieses so dünn (bis 1,2 Nanometer) und glatt aufgetragen wird, damit noch Platz für ein Luftpolster bleibt, auf dem der Kopf gleitet. Bei der Bogenentladung entstehen kleinste Partikel, die per Magnetfeld ausgesondert werden, da sie ansonsten die Glattheit der Schicht beeinträchtigen würden. Von Vorteil ist auch die ungewöhnliche Härte dieser Oberflächenbeschichtung als Schutz gegen Oxidation und mechanische Beschädigungen.

Ausblick

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft bei einigen der vorgestellten Projekte eine deutliche Kluft. Insbesondere wenn es um den Zeitraum zwischen der Präsentation von Prototypen und Visionen bis hin zur Einführung von marktreifen Produkten geht. Darüber hinaus stammen einige Entwicklungen aus der gegenüber Start-up-Firmen freundlicheren Zeit Ende der 90er Jahre. Solange es wirtschaftlich noch vertretbar ist, wird häufig bestehende Technologie ausgereizt.

Ob und wann es von welcher Technologie wirkliche Endprodukte geben wird, lässt sich daher oft nur schwer sagen. Von den beschriebenen Technologien werden insbesondere in MRAM große Hoffnungen gesetzt. Das verdeutlichen nicht nur die oben genannten Investitionen von IBM und Infineon. Im Juni 2003 haben beide Unternehmen einen 128-Kbit-MRAM-Core präsentiert. Der Chip wurde laut Infineon in einem 0,18-*m-Logikprozess gefertigt. Dank diesem konnten die Hersteller eine MRAM-Zelle von nur 1,4 Quadrat-Mikrometer erzeugen.

Nach Einschätzung von IBM und Infineon könnten die nicht flüchtigen MRAMs demnächts einige bekannte Speichertechnologien ersetzen. Vorstellbar sind dann auch PCs und mobile Rechner, die dank MRAM auf Knopfdruck betriebsbereit sind.

Dieser Artikel stammt von tec-Channel.de, dem Webzine für tech- nik-orientierte Computer- und Kommunikationsprofis. Unter www.tecChannel.de finden Sie weitere Beiträge zu diesem Thema.