Zeit- und Selbstmanagement im Außendienst

07.06.2006 von Lorenz 
Wer seine Zeit erfolgreich nutzen will, für den ist ein professioneller Umgang damit angesagt. Karl Heinz Lorenz zeigt, wie man es richtig macht.
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Die Kosten drücken, Umsatz erhöhen, hoher Wettbewerbsdruck und noch mehr Termine - da kommt so mancher Außendienstmitarbeiter und Vertriebsleiter ins Schleudern. Randvolle Terminkalender und zugleich eine lange Liste unerledigter Arbeiten bitten um Abhilfe. Wer seine Zeit erfolgreich nutzen will, für den ist ein professioneller Umgang damit angesagt: Transparenz schaffen, Entscheidungen fällen, Prioritäten setzen, die richtigen Werkzeuge und Helfer auswählen und dann konsequent umsetzen.

Zu wenig Verkaufszeit

Bei einer aktuellen Studie von Proudfoot wurde deutlich: Verkäufer haben zu wenig Zeit für ihre Kerntätigkeiten. So fallen im Durchschnitt 20 Prozent für Reisezeiten an, 27 Prozent für Verwaltungsaufgaben, 14 Prozent für das Lösen von Problemen, 10 Prozent Zeit entfallen auf die Gewinnung von neuen Kunden, 11 Prozent auf das aktive Verkaufen selbst und 17 Prozent der Zeit wurden für sonstige Tätigkeiten ohne erkennbaren Mehrwert aufgewendet.

Dabei bewegt sich der berufliche Druck dieser Mitarbeiter ohnehin an der oberen Grenze: Während in manchen Branchen für die 38,5 Stundenwoche gekämpft wird, arbeiten viele Außendienstler zwischen 50 und 60 Stunden oder mehr. Das ist für viele Menschen, die sich mit Leidenschaft ihrer Arbeit verschreiben, durchaus o.k. aber die Zeit sollte dann auch sehr sinnvoll, effizient und gewinnbringend verwendet werden.

Hier ist für die Unternehmensstrategen und Vertriebsführungskräfte Handlungsbedarf gegeben. Und zwar eilig! Wenn Sie sich also entschließen, als Außendienstler die eigene Situation oder als Vertriebsleiter die Ihrer Mitarbeiter zu verbessern, dann stehen jetzt im Wesentlichen folgende Maßnahmen an.

Basis: Situationsanalyse

Sehen Sie sich den typischen Tages- und Wochenablauf an. Wie verteilt sich die Arbeitszeit auf die unterschiedlichen Tätigkeiten? Teilen Sie diese ein in A, B und C-Kategorien. Wie viel Zeit wird verbracht mit Dingen, die kaum oder keinen Mehrwert für die Vertriebsaufgabe bieten = C? Wie schaut es mit dem Anteil der Tätigkeiten aus, die notwendig erscheinen, aber nicht direkt mit Kundenzeit bzw. Verkaufen zu beziffern sind = B? Wie viel Zeit fällt dann noch ab für die eigentlichen Kerntätigkeiten, Kundengewinnung, Verkaufsgespräche und Verkaufsabschlussgespräche = A?

Identifizieren Sie jetzt die Zeitkiller. Das sind Vorgänge, Aufgaben, Institutionen oder auch Menschen, die Einfluss auf Ihre Zeit haben, jedoch weder direkt zum beruflichen Erfolg noch zum sonstigen Wohlbefinden oder zur positiven, persönlichen Entwicklung beitragen.

Typische, häufig genannte Zeitkiller sind: Unproduktive Telefonate, schlecht vorbereitete und unprofessionell moderierte Meetings, mangelhafte Tourenplanung bzw. ungünstige Gebietseinteilung, Sonderaufträge vom Chef und umständlicher, langwieriger Informationsaustausch (Besuchsberichte, CRM-Daten) und untaugliche Tools. Andere Zeitkiller haben direkt etwas mit dem Wesen des jeweils davon betroffenen Menschen zu tun: Häufiges Aufschieben, fehlende Ordnung, mangelhafte Disziplin, einige verzetteln sich gern und andere können schlicht und einfach nicht "Nein!" sagen.

Diese Betrachtung liefert Ergebnisse vor allem aus der beruflichen Perspektive. Doch zur vollständigen Übersicht ist eine ganzheitliche Betrachtung notwenig. Nur so wird ein stabiles Fundament für einen besseren, wirkungsvolleren Umgang mit der so wertvollen Ressource Zeit möglich.

Work-Life-Balance

Berufliche Zeit, das ist Lebenszeit. So muss der Beruf in die Gesamtzeitplanung gut eingefügt werden. Berufliche Ziele sind stets Teil der Lebensziele des Menschen. Sie werden genau dann als motivierend (und alles andere bremst Leistung!) empfunden, wenn sie sich in den natürlichen Lebensverlauf einpassen. Im Ergebnis sprechen wir dann von Work-Life-Balance. Dazu eine paar Überlegungen und methodische Arbeitshilfen

Stellen Sie sich für die Erkundung der eigenen Lebensziele und -situation beispielsweise folgende Fragen zu den einzelnen Bereichen.

BERUF: Was verstehe ich unter Karriere, welche Karriereziele habe ich und wo stehe ich heute? Ist der Beruf, den ich ausübe, die richtige Wahl für mich? Verschafft mir mein Beruf Zufriedenheit und habe ich Erfolgserlebnisse? Passt die Branche, das Unternehmen, das Team? Kann ich meine Stärken und Talente ausüben?

FAMILIE: Lebe ich mit Menschen, Familie und Freunde, zusammen, die mir gut tun und einen hohen Zufriedenheitsgrad, Sicherheit und Wärme vermitteln? Investiere ich selbst genug Zeit in diesen Bereich und nehme ich aktiv daran teil?

HOBBY: Habe ich Freizeitinteressen, die dazu geeignet sind, meine "Batterien wieder aufzuladen"? Gibt es für mich Orte und Interessen, die ohne zusätzlichen Stress Erholung und Erfrischung für Geist und Körper bieten?

ICH: Fühle ich mich in der gegenwärtigen Situation positiv herausgefordert und entwickle ich meine Persönlichkeit?

Methodisch gesehen empfiehlt sich hier das Arbeiten mit Flipchart oder noch besser mit Pinwand und Moderationskarten. Wer in einer Gemeinschaft mit anderen, Lebenspartner oder Familie lebt, der kann diese Betrachtung in vielen Fällen auch gemeinsam mit diesen Personen vornehmen. Oft bringt dies zusätzliche Klarheit und wertvolle Erkenntnisse.

Tragen Sie nun die daraus resultierenden Vorhaben und Lebensziele auf einen Zeitstrahl auf, beginnend mit dem heutigen Tag. So werden zeitliche und inhaltliche Abhängigkeiten und notwendige Handlungen, Veränderungen deutlich.

Dinge ändern, das bedeutet Entscheidungen treffen

All die Vorarbeiten dienten dazu, auf Basis einer guten Übersicht und der Visualisierung der wichtigsten Ziele die eigene Entscheidungsbereitschaft zu stärken. Optimierung des Selbstmanagements - das bedeutet vielfach ein Loslassen von alten (schlechten) Gewohnheiten, Zeitmüll muss entsorgt werden. Das eigene Verhalten und der Umgang mit seiner eigenen Zeit verändert sich und macht so den Weg frei für mehr Erfolg und mehr Zufriedenheit. Durch Konzentration auf die wirklich wichtigen Dinge im (Berufs-) Leben entsteht mehr Flexibilität um Unvorhergesehenes zu ermöglichen. Wer ständig überplant ist, steht permanent mit dem Rücken an der Wand und kann fast nicht mehr frei agieren.

Erweiterung der aktiven Verkaufszeit

Wie die eingangs erwähnte Studie gezeigt hat, steht den Mitarbeitern im Außendienst viel zu wenig Zeit für die Kerntätigkeiten - Aktive Verkaufsgespräche, Neukundengewinnung, Aufbau und Pflege von Kundenbeziehungen - zur Verfügung. Nachfolgend einige, sehr empfehlenswerte, konkrete Schritte, um die persönliche Zeitverhältnisse oder die Ihrer Mitarbeiter zu Gunsten dieser Kerntätigkeiten zu verschieben:

1. Ab sofort jeden Tag einen Besuch mehr einplanen. Dafür eine B-Tätigkeit falls möglich delegieren (z.B. an den Innendienst) und zwei C-Tätigkeiten streichen. Unbedingt die Möglichkeiten der Teamarbeit nutzen und nicht "alles selbst machen wollen".

2. Gebietseinteilung prüfen und eventuell auf die Fahrstrecken optimiert verändern. Die häufig anzutreffende Einteilung nach Postleitzahlen ist fast immer suboptimal.

3. Konzentration auf Kunden mit hoher Abschlusswahrscheinlichkeit. In zahlreichen Branchen können Erstkontakte auch aus dem Innendienst heraus deutlich kostengünstiger generiert und gestartet werden.

4. Besuche besser vor- und nachbereiten. Dies steigert vor allem die Erfolgswahrscheinlichkeit der stattfindenden Kundengespräche. Dadurch entfallen oft Nachverhandlungen und weitere Gespräche, die für einen Abschluss (und um diesen geht es in erster Linie!) notwendig werden.

5. Bei Homeoffice: Klare Regeln zuhause aufstellen, wann ist das Büro "offen", wann geschlossen. Behandeln Sie das Homeoffice wie einen Raum in der Firma. Sie arbeiten dort. Dies ist keine Familienbegegnungsstätte. Außerdem sollte dieses Büro den technischen und organisatorischen Anforderungen Ihrer Tätigkeit entsprechen und dafür ausgestattet sein.

6. Visualisieren Sie sich die wichtigsten Wochen- und Monatsziele großflächig und übersichtlich an eine Wand im Homeoffice. Sie werden so beinahe automatisch auf die einmal gesetzten Prioritäten und Ziele optisch hingewiesen. Diese Hilfe unterstützt Sie dabei, auch in turbulenten Zeiten die Übersicht zu behalten und fördert Disziplin und Durchhaltevermögen bei Belastung. Zu diesen visualisierten Zielen gehört auch der (ungestörte) Jahresurlaub!

7. Wählen Sie die für sich, die individuelle Arbeitsweise und die auf die unternehmensbezogenen Erfordernisse passenden Planungswerkzeuge aus. Wenn Sie wenige, dafür in der Regel vor- und nachbereitungsintensive Termine haben, genügt in der Regel ein übersichtlicher Kalender/Kalenderbuch aus Papier. Haben Sie jedoch viele Termine zu koordinieren, dann nutzen Sie die heutigen, hervorragenden Möglichkeiten elektronischer Terminplaner und Aktivitätenmanager.

Vertriebsinfosysteme und CRM

Ein wahres Waterloo für den Umgang mit der Arbeitszeit stellt für viele Außendienstmitarbeiter der Bereich Administration dar. Zweifelsohne sind der Informationsaustausch mit dem eigenen Unternehmen, sowie die Steuerung der Vertriebs- und auch der Marketingaktivitäten von zentraler Bedeutung. Vor-Ort-Aktivitäten sowie die Planung und Umsetzung von Absatzstrategien benötigen für einen hohen Erfolg eine sehr enge, nahtlose Bindung. Die heute zur Verfügung stehenden CRM -Tools bieten dafür durchaus gute Informationsplattformen. Hier können Vertriebsleitung, Marketingstrategen und Außendienstmitarbeiter gleichermaßen Informationen ablegen und nutzen. Die Datenpflege muss jedoch gut organisiert werden und bei geringstmöglichem Zeitaufwand realisiert werden. Oft genug werden (die gleichen) Daten doppelt oder gar mehrfach erfasst. Hier lohnt es sich allenthalben, die Arbeitsprozesse sehr genau zu betrachten, zu entflechten und zu straffen.

Gleiches gilt für Vertriebsinfosysteme. Der heute zur Verfügung stehende Standard lässt eine lückenlose Verwendung vom PDA beim Außendienstmitarbeiter, über das Netzwerk zum Innendienst (z.B. für die Terminplanung), verknüpft mit dem CRM-System im Marketing bis hin zur Unternehmenssteuerung (z.B. SAP, Oracle) zu. Wohldurchdacht eingesetzt steckt hier ein hohes Potenzial an Arbeits- und Zeitstraffung drin. Schlampig eingesetzt jedoch kann es die Zeiten für Verwaltung und Datenadministration im Außendienst auch erhöhen. Vorsicht und Klugheit ist also geboten!

Zeitgewinn durch Abschlusskompetenz

Einer der stärksten Hebel zur Optimierung der Verkaufszeit, auch das hat die Studie von Proudfoot gezeigt, liegt in der Erhöhung der Verkaufskompetenz selbst. Je professioneller die Vorbereitung, das Gespräch selbst und die Nachbereitung, desto höher die Abschlussquote. Abschluss, das bedeutet verbindliche Vereinbarungen mit dem Kunden zu treffen, die zu einem sofortigen oder zeitnahen Kauf/Verkauf führen. Jeder weitere, dafür notwendige Zusatztermin kostet Zeit, Aufwand und Geld. Ein erfolgreicher Abschluss schafft direkt Raum und Zeit für neue Kunden und neue Projekte. Abschlusskompetenz ergibt sich nicht nur aus persönlichem Talent oder grundsätzlicher Eignung. Sie kann sehr effektiv durch gezielte Fördermaßnahmen, wie Training und Coaching, erhöht werden. Dabei kommt vor allem der Optimierung der Bedarfsanalyse (wissendes, gesteuertes Einfühlungsvermögen) und der Verbindlichkeit am Ende eines Gesprächs (Abschlussdominanz) die größte Bedeutung zu. Darauf sollte in diesem Fall auch der Fokus Ihrer Fördermaßnahmen liegen.

Wo auch immer die individuellen Tücken und Lücken im eigenen Selbstmanagement oder im Zeit- und Arbeitsmanagements Ihres Teams liegen - starten Sie jetzt damit, die Tücken zu überwinden und die Lücken zu schließen. Der heutige Tag ist der erste Tag vom Rest Ihres Geschäftsjahres und: Time is Money.

Der Autor: Karl Heinz Lorenz (44), Diplom Betriebswirt (BA), Managementtrainer und Coach ist Inhaber von LORENZ-SEMINARE Personality-&Competence-Training, Weidenthal.

Kontakt und weitere Informationen unter: Telefon 0049 (0)6329.989244, Fax 0049 (0) 6329.989430, http://www.lorenz-seminare.deKontakt: khl@lorenz-seminare.de (mf)