Nach langem Warten hat Microsoft den Vorhang über seinem "Projekt Pink" gelüftet und mit den Modellen Kin One und Kin Two erstmals zwei eigene Handys vorgestellt. Entwicklungshilfe erhielt die Company dabei unter anderem vom Ende 2008 übernommen "Sidekick"-Hersteller Danger, der sowohl beim Hardware-Design wie auch bei der Cloud-Anwendung "Kin Studio" Anregung lieferte. Doch obwohl sich Microsoft nicht nur von Danger inspirieren ließ, ist das Konzept alles andere als fehlerfrei. Hier die größten Mängel, die letztendlich auch zum Scheitern führen könnten:
1. Microsoft kann nicht sexy
Auch wenn es Microsoft nicht gefallen mag: Die Company hat sich als Anbieter von effektiven, mitunter auch etwas komplexen Arbeitsmitteln einen Namen gemacht. Hier kennt sich Microsoft aus, wer es einfacher oder stylischer mag, lässt die Windows-Produkte links liegen und bedient sich - im Computer-, aber auch Smartphone-Bereich - bei Apple und anderen. Die meisten Versuche der Gates-Company, dieses Biedermann-Image loszuwerden, sind bislang gescheitert, der Erfolg des letzten Projekts - Windows Phone 7 - muss sich noch herausstellen.
2. Es fehlt die Nische
Zielgruppe für die neuen Geräte ist laut Aussage von Microsoft Vertreter der jüngeren Generation, die soziale Netzwerke und Multimedia nutzen - sich aber kein teures Smartphone leisten können oder wollen. Spötter behaupten sogar, das Kin-Handy wurde von 50-jährigen Entwicklern für ihre 12-jährigen Töchter entworfen. So adressiert das Gerät weniger die Wünsche der jungen Nutzer, sondern viel mehr die Probleme der älteren Generation mit sozialen Netzen und Multimedia.
3. Der Preis ist nicht heiß
Auch wenn bislang noch keine Angaben zur Kostenstruktur der Kin-Handys gibt - es wird sehr schwierig für Microsoft werden, mit seinen Feature-Phones die günstigen Einsteiger-Smartphones mit Google-Betriebssystem zu unterbieten. Diese werden bereits jetzt ab 150 Euro angeboten - ohne sich in Sachen Optik vor Microsofts Plastikbombern verstecken zu müssen. Außerdem gibt es mittlerweile unzählige Finanzierungsmöglichkeiten für hochpreisigere Mobiltelefone. Wer bereits bei der Hardware sparen muss, dürfte kaum das Geld für ständige Konnektivität oder Up- und Downloads haben.
4. Es fehlen die Apps
Bei seinen Bemühungen, das Erfolgskonzept von Apple iPhone nachzuahmen, hat Microsoft offenbar das Wichtigste vergessen: die Apps. Es gibt weder einen App Store für Spiele und Anwendungen noch ein entsprechendes Software Development Kit (SDK). Außerdem ist das Betriebssystem so abgeriegelt, dass nicht einmal Java unterstützt wird. Stattdessen kündigte Microsoft lediglich an, Spiele im Rahmen von regelmäßigen Updates für alle Kin-Handys bereitzustellen. Eine individuelle Auswahl von installierten Anwendungen ist jedoch nicht möglich.
5. Kin-Handy = Kinder-Handy?
Zumindest in Deutschland sollte sich Microsoft einen besseren Bezeichnungen für seine Handys ausdenken - wenn auch nicht unbedingt die Projektnamen "Turtle" und "Pure". Nicht zuletzt wegen des (zumindest auf den Fotos) etwas billig wirkenden Plastikgehäuses ist die Gefahr groß, dass die Telefone als Kinder-Handys bekannt und entsprechend verschmäht werden.
6. Keine Weiterbearbeitung von Fotos und Filmen möglich
Dank der 5- bzw. 8-Megapixel-Kamera kann der Nutzer mit dem Kin hoch auflösende Fotos und Filme erstellen. Leider ist es damit schon fast getan, eine Software zum Zuschneiden oder Anpassen fehlt dem Kin-Handy ebenso wie die Möglichkeit, die Resultate auf Twitter zu posten (Facebook und MySpace werden unterstützt). Außerdem werden Video-Clips beim Upload auf das Cloud-Portal Kin Studio nach einer Minute abgeschnitten. Ein weiterer Bug: Löscht man ein lokal gespeichertes Foto, wird es auch in Kin Studio gelöscht, existiert also nicht mehr.
7.Kein nativer Kalender
Auch wenn für die Web-2.0-Generation (und potenziellen Kin-Zielgruppe) vor allem das Hier und Jetzt von Bedeutung ist - ohne einen Kalender kommt auch sie nicht aus. Umso überraschender ist es deshalb, dass das Microsoft-Handy keine native Kalender-Anwendung besitzt und auch die Synchronisation eines Outlook- oder Google Kalenders nicht unterstützt.
8. Kein nativer IM-Client
Obwohl das Thema Kommunikation bei Kin im Vordergrund steht, verfügt das Gerät über keinen nativen Instant-Messaging-Client. Auch Twitter scheint Microsoft noch nicht wahrgenommen haben, beziehungsweise zu ignorieren.
9. Keine Navigation
Obwohl das Kin-Handy ein GPS-Modul besitzt und geobasierte Fotos erzeugen kann, hat Microsoft die wichtigste Funktion des Global Positioning Systems, die Navigation, vernachlässigt - zumindest beim Produkt-Launch.
10. Browser unterstützt weder Flash noch Silverlight
Auch wenn die Kin-Handys optisch nur wenig an das iPhone erinnert - beim Browser scheint sich Microsoft dann doch von Apple inspirieren lassen: Das Internet-Zugangsprogramm zeigt keine Flash-Inhalte an. Doch damit nicht genug: Kurioserweise unterstützt es nicht einmal das hauseigene Silverlight!
Weitere Lesetipps: