Den "richtigen" Fachhändler finden

Zehn Erfolgsfaktoren für Hersteller im Channel

11.04.2013
Fachhändler/Reseller sind keine homogene Gruppe, sondern unterscheiden sich durch Schwerpunkte und Leistungen. Aber welche sind für Hersteller die "richtigen" Fachhändler und wie kann er sie zu einer Zusammenarbeit bewegen?

Von Andreas Franken, FRANKEN-CONSULTING

Traditionsgemäß sind Fachhändler für ITK-Hersteller aufgrund ihrer Vertriebsstrukturen und Kundenbeziehungen wichtige Absatzmittler. Schließlich werden Kunden hinsichtlich ihrer Produktentscheidungen oftmals maßgeblich durch den Handel beeinflusst, sodass es für die Hersteller von erfolgsbestimmender Bedeutung ist, in den Absatzmittlern umsatzfördernde Helfer zu haben.

Aber welche sind die "richtigen" Fachhändler und wie kann ein Hersteller diese nicht nur zu einer Zusammenarbeit mit ihm bewegen, sondern die Zusammenarbeit auch so gestalten, dass die eigenen Produkte und Dienstleistungen ausdrücklich bevorzugt angeboten werden?

Wie gewinnt man die richtigen Partner?

So wie manche Hersteller ihre Marktmacht zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, gibt es auch starke Unternehmen auf Seiten des Handels, die vielen Herstellern die Bedingungen für eine Zusammenarbeit diktieren. Aber wie kann ein nicht ganz so starker Hersteller im Channel dauerhaft erfolgreich bestehen? Welche sind die für ihn wichtigen Erfolgsfaktoren und wie kreiert er nachhaltig erfolgreiche Geschäftsbeziehungen mit den für seine Zwecke richtigen Händlern?

Um diese Frage beantworten zu können, ist es unumgänglich, die passenden Händler zunächst in einem "Idealprofil" zu definieren. Hierauf folgend müssen die infrage kommenden Absatzmittler entdeckt und gelistet werden. Es ist zu ermitteln, wie deren individuellen Bedürfnisse sind und wo genau Schnittmengen für eine Zusammenarbeit existieren.

An diesen Hürden scheitern bereits die meisten Hersteller, denn die Daten sind schließlich nirgendwo katalogisiert. Im Gegenteil: Es handelt sich hierbei um sensible Informationen jenseits der üblichen Fakten wie Umsatzgröße, Mitarbeiterzahl und Themengebiete. Außerdem kommt es auf viele Details an. Es reicht ausdrücklich nicht, wenn die Geschäftsführung und der Vertrieb des Herstellers auf die Beziehungen mit den Absatzmittlern konzentriert sind, denn eine belastbare Beziehungsqualität der Vertragsparteien kommt erst dann zustande, wenn die gesamte Organisation des Händlers inklusive aller Kontakt- und Servicepunkte entsprechend ausgerichtet wird.

Warum sollte sich ein Händler für eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten Hersteller entscheiden?

Erzeugt der Hersteller bereits so viel Nachfrage im Markt, dass ein Fachhändler seine Produkte/Leistungen quasi nur noch verteilen muss, oder ist eine gezielte aktive Positionierung der Herstellerprodukte durch den Händler erforderlich? Warum soll er die Produkte eines bestimmten Händlers anbieten und nicht etwa die seines Wettbewerbs? Welche Händler sind mit welchem Aufwand überhaupt fachlich und technisch in die Lage zu versetzen, die Produkte eines bestimmten Herstellers zu vermarkten?

Um den Antworten auf diese Fragen näher zu kommen, sollte unter anderem das Leistungsvermögen, die Motivlage der einzelnen Händler und deren Anforderungen an Produkte, Lösungen und an die Hersteller berücksichtigt werden. Folgende grundsätzliche Aussagen können hierzu getroffen werden:

1. Jede(s) zu vermarktende Produkt bzw. Dienstleistung sollte mit Wettbewerbsvorteilen ausgestattet sein. Als solche gelten zum Beispiel ein besonderes Preis-Leistungs-Verhältnis, eine besondere Qualität, einzigartige Leistungsmerkmale, guter Service, etc. Ein Händler wird naturgemäß wenig Interesse an Produkten zeigen, die - für jedermann schnell nachvollziehbar – schlechter sind als andere. Schließlich möchte er mit seinen Angeboten Umsätze bzw. Margen realisieren und die Bedürfnisse seiner Kunden auf möglichst hohem Niveau befriedigen.

2. Die Angebote des Herstellers müssen definierte Märkte adressieren, welche diese auch nachfragen. Ohne eine realistische Aussicht auf Vermarktungserfolge haben Handelspartner kein Interesse an Produkten.

Auf der nächsten Seite geht es mit den Wünschen der Hersteller in Sachen Produkte, Ausbildung oder Konkurrenzvertrieb weiter .

Erfolgsfaktoren für Hersteller im Channel
Erfolgsfaktoren für Hersteller im Channel
Wie kann ein Hersteller Fachhändler zu einer Zusammenarbeit bewegen? Andreas Franken, FRANKEN-CONSULTING, hat die wichtigsten Punkte zusammengetragen.
Wettbewerbsvorteil
Jede(s) zu vermarktende Produkt bzw. Dienstleistung sollte mit Wettbewerbsvorteilen ausgestattet sein.
Zielgruppe
Die Angebote des Herstellers müssen definierte Märkte adressieren, welche diese auch nachfragen.
Produkte als "Türöffner"
Von gehobenem Interesse sind die Produkte, mit denen sich der einzelne Fachhändler bei seinen Kunden besonders qualifizieren kann, die möglicherweise sogar als "Türöffner" gelten.
Herstellerspezifische Vorteile
Der Händler nutzt gerne herstellerspezifische Vorteile für seine eigene Positionierung.
Ausbildung des eigenen Personals
Die meisten Fachhändler schätzen die solide Ausbildung ihres Vertriebs- und Technikpersonals als Grundbedingung für eine Zusammenarbeit ein.
Bedürfnisse in Segmenten
Ebenso wichtig ist für die meisten Fachhändler die Vermittlung belastbarer Kenntnisse über die Bedürfnisse einzelner Segmente in Verbindung mit möglichst konkreten Angeboten.
Wenig Konkurrenz erwünscht
Kein Händler ist interessiert an besonders starkem Wettbewerb. Deshalb besteht der Wunsch, dass der Hersteller seine Produkte mit Augenmaß distribuiert.
Direktvertrieb schadet der Partnerschaft
Eine Konkurrenzsituation mit dem Direktvertrieb eines Herstellers ist besonders beziehungsschädlich bei Produkten bzw. Leistungen mit hohem Erklärungsaufwand.
Unterstützung abseits der Produkte
Eine möglichst hochkarätige Unterstützung in den Bereichen Verkaufsförderung, Marketing, Finanzierung und Konzeptgestaltung zahlt konsequent auf ein langfristig erfolgreiches Miteinander ein.
Einbezug in künftige Strategien
Der Handel wünscht sich aufgrund seiner besonderen Marktnähe auch intensiven Einbezug in zukünftige Produkt- und Servicestrategien wichtiger Hersteller.

"Türöffner", Ausbildung, Konkurrenz

Andreas Franken: "Für Hersteller ist es leichtsinnig, wenn sie nicht wenigstens die Grundregeln beim Management ihrer Channel-Beziehungen beherzigen."

3. Von gehobenem Interesse sind die Produkte, mit denen sich der einzelne Fachhändler bei seinen Kunden besonders qualifizieren kann, die möglicherweise sogar als "Türöffner" gelten. Mit solchen Angeboten gewinnt er neue und festigt bestehende Kundenbeziehungen. So werden auch die Wege für die Vermarktung von weniger spannenden Produkten bis hin zu Commodities geebnet.

4. Der Händler nutzt gerne herstellerspezifische Vorteile für seine eigene Positionierung. Hierzu zählen der Glanz einer Marke, besondere Leistungsmerkmale und weitere Eigenschaften, die seitens der Business- bzw. Endkunden als Vorteile gewertet werden.

5. Die meisten Fachhändler schätzen die solide Ausbildung ihres Vertriebs- und Technikpersonals als Grundbedingung für eine Zusammenarbeit ein. Hierdurch gewinnt der Händler Know-how, steigert seine Beratungs- und Servicequalität, erfährt wichtige Details über die Märkte und wird bei manchen Produkten erst in die Lage versetzt, diese überhaupt vermarkten zu können.

6. Ebenso wichtig ist für die meisten Fachhändler die Vermittlung belastbarer Kenntnisse über die Bedürfnisse einzelner Segmente in Verbindung mit möglichst konkreten Angeboten, um diese Marktbedürfnisse adäquat zu befriedigen. Händler benötigen bei erklärungsbedürftigen Produkten weitgehende Unterstützung durch den Hersteller (Argumentationsketten, Lösungsbeispiele, Vertriebstools, etc.). Ebenfalls sehr geschätzt werden Hilfestellungen bei Messen, Projektgeschäften und bei der Generierung von Leads.

7. Kein Händler ist interessiert an besonders starkem Wettbewerb. Deshalb besteht der Wunsch, dass der Hersteller seine Produkte mit Augenmaß distribuiert, die einzelnen Absatzkanäle möglichst intelligent bedient und Vermarktungskonzepte kreiert, die dem einzelnen Händler Raum zum Leben lassen. Eine Konkurrenzsituation mit dem Direktvertrieb eines Herstellers ist besonders beziehungsschädlich.

8. Dies gilt speziell bei Produkten bzw. Leistungen mit hohem Erklärungsaufwand. Die Vorinvestitionen von Hersteller und Händler in eine gemeinsame Vertriebszukunft können nur dann Früchte tragen, wenn beide Vertragsparteien dauerhaft von der Partnerkonstellation profitieren. Enttäuschungen führen hier schnell zum Aus.

9. Eine möglichst hochkarätige Unterstützung in den Bereichen Verkaufsförderung, Marketing, Finanzierung und Konzeptgestaltung zahlt konsequent auf ein langfristig erfolgreiches Miteinander ein. Eine professionelle Ausrichtung der Herstellerorganisation auf die nachhaltige Steigerung der Beziehungsqualität zu den Absatzmittlern leistet das Übrige. Letztendlich muss die Organisation des Herstellers die Versprechen an den Fachhandel halten, welche durch Vertrieb und Geschäftsleitung gegeben wurden.

10. Der Handel wünscht sich aufgrund seiner besonderen Marktnähe auch intensiven Einbezug in zukünftige Produkt- und Servicestrategien wichtiger Hersteller. Institutionalisierte Abstimmungsprozesse erhöhen analog der Meinung der meisten Händler den gemeinsamen Erfolg.

Diese Listung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist als Auszug aus einem langen Katalog von bedenkenswerten Vorgaben zur Gestaltung von zukunftsfähigen Geschäftsbeziehungen zwischen Herstellern und deren Handelspartnern wie Fachhändlern, Systemhäusern, -integratoren, Resellern und weiteren Dienstleistern zu sehen. Viele Hersteller-/Händlerbeziehungen leiden oftmals völlig unnötig unter hausgemachten Problemen durch strategische wie handwerkliche Fehler bei der Kreation ihrer Geschäftsbeziehungen.

Manche Hersteller haben es im Channel im Laufe von Jahren zu zweifelhaftem Ruhm gebracht und andere sind in puncto Fairness und Berechenbarkeit vorbildlich. Zwar werden nicht alle strategischen und taktischen Fehler mit Vorsatz begangen, aber es ist schon sehr leichtsinnig, wenn Hersteller nicht wenigstens die Grundregeln beim Management ihrer Channel-Beziehungen beherzigen.

Allerdings ist es nie zu spät, sein Verhalten zu verbessern und Geschäftsbeziehungen zu kreieren, die auf der Basis der jeweiligen Motivlage und dem Leistungsvermögen der Vertragspartner zu fairen und dadurch zukunftsfähigen Wachstumskonzepten führen. (tö)

Autor dieses Beitrags ist Andreas Franken von FRANKEN-CONSULTING, einem Spezialisten für Strategie, Marketing und Vertrieb, der sich auch mit den Themen Entwicklung von Unternehmens- und Produktmarken befasst. Die Erfahrungen aus dem ITK-Sektor resultieren aus Management-Positionen und Beratungsmandaten auf Hersteller- und Fachhandelsseite.