Bei Fujitsu beginnt wie bei vielen japanischen Konzernen das Geschäftsjahr traditionell am 1. April. Zu diesem Termin 2019 gab es einen für die Channel-Partner im deutschsprachigen Raum wichtigen Wechsel im Management: Louis Dreher, seit 2016 als Senior Director Channel Managed Accounts Deutschland für die Betreuung der Partner zuständig, rückte zum Head of Products Sales in Central Europe auf. Die Betreuung des indirekten Vertriebs übernahm Santosh Wadwa als neuer Senior Director Channel Sales. Die Gesamtverantwortung für die Region Zentraleuropa trägt nun Rupert Lehner. Er verantwortet seitdem zugleich auch EMEA-weit das Produktportfolio von Fujitsu.
Die Umbesetzungen deutet Santosh Wadwa auf einem Presse-Roundtable Ende April in mehrfacher Hinsicht als gute Zeichen. Erstens sei zu begrüßen, dass Personen mit Channel-Erfahrung nun für das Produktportfolio verantwortlich sind. Zweitens zeuge es von Kontinuität, dass Manager, die sich kennen, in neuer Konstellation auch künftig zusammenarbeiten. Drittens sei die Umbesetzung ein deutliches Zeichen an den Markt, dass die Weiterentwicklung des Produktportfolios für Fujitsu auch weiterhin hohe Priorität habe. Damit trete man Gerüchten im Markt entgegen, dass sich der Konzern stärker Service-Aufgaben zuwenden und Produktentwicklung und -design lieber anderen überlassen wolle.
Nahrung erhielten diese Gerüchte und Mutmaßungen durch die Ankündigung, dass Fujitsu sein lange Zeit als wichtiges Aushängeschild und Differenzierungsmerkmal dienendes Werk in Augsburg im Herbst 2020 schließen wird ebenso wie durch das Joint Venture mit Lenovo, das am 2. Mai 2018 als Fujitsu Client Computing Limited (FCCL) seine Tätigkeit offiziell aufgenommen hat.
Fujitsus Spagat zwischen Service- und Produktlieferant
Außerdem trugen Aussagen hochrangiger britischer Firmenvertreter auf dem Fujitsu Forum im vergangenen Jahr dazu bei, diesen Eindruck zu erwecken. Sie seien aber vor dem Hintergrund der Sprecher zu sehen. So trägt zum Beispiel Großbritannien und Irland lediglich 5 Prozent zum Produktumsatz der gesamten Fujitsu-Region Europa, Indien und Afrika (EMEIA) bei. Das ist nur halb so viel wie Skandinavien und entspricht bei weitem nicht der Wirtschaftsstärke, lässt sich aber durch die stark auf das Service-Geschäft ausgerichtete Historie von Fujitsu im Vereinigten Königreich erklären.
Auf den deutschsprachigen Raum entfällt dagegen ein Anteil von 51 Prozent am gesamten Produktumsatz in der Region EMEIA. Der Wert untermauert die Bedeutung des Produktgeschäfts für Fujitsu in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er wird zwar durch Services unterstützt, soll aber nicht durch sie ersetzt werden. "Wir wollen auch künftig von der Maus bis zum Outsourcing alles anbieten", bekräftigt Wadwa.
Firmenvertreter hatten bereits im vergangenen Jahr erklärt, dass viele der bisher vom Werk in Augsburg erledigten Aufgaben in nächster Zeit auf den Channel - insbesondere die Distributoren - übertragen werden sollen. Daran hält auch Wadwa fest. Dennoch betont er noch einmal, dass die in Japan getroffene Schließung des Werkes Augsburg in der Region Zentraleuropa alle überrascht habe und nach wie vor "ein sehr sehr großer Schmerz ist."
Allerdings weist er auch darauf hin, dass die Produktion in Deutschland nur ein vermeintlicher Vorteil sei. Einer Befragung zufolge sei nur ein Prozent der Partner bereit, für Produkte "Made in Germany" mehr zu bezahlen. Das sei eben nicht genug. Und für Angebote wie "Made for you", "Assembly for you" oder Built-to-order sei kein eigenes Werk mehr erforderlich, sie könnten auch von den großen Distributoren erbracht werden.
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Im Wettbewerb um die Gunst des Channels punkten will Wadwa mit anderen, bereits etablierten Services. Dazu zählt er etwa die im Vergleich zum Wettbewerb höhere Betreuungsdichte durch die Regional Sales Manager von Fujitsu sowie die Möglichkeit der Service-Partnerschaft mit dem Hersteller, bei der entsprechende qualifizierte Partner selbst Reparaturen durchführen können. Außerdem verweist Wadwa auf das bereits seit Herbst 2017 verfügbare Fujitsu Select Connect, über das sich Projektpreise auch bei BTO binnen 24 Stunden erfragen lassen. Bei Mitbewerbern könne dies bis zu 14 Tage dauern, was Fujitsu-Partnern einen erheblichen Geschwindigkeitsvorteil im Markt verschaffe.
Grundsätzlich kommen die Angebote beim Channel offenbar gut an. Im Geschäftsjahr 2018 konnte Fujitsu die Zahl der Select Expert Partner um 12 Prozent erhöhen. Die meisten Neuzugänge in dieser Partnerstufe waren zuvor lediglich registrierte Partner. Insgesamt sind nun rund 6.000 der insgesamt etwa 10.000 Fujitsu-Partner im deutschsprachigen Raum qualifizierte und zertifizierte Select Expert Partner. Den Anteil will Wadwa 2019 weiter erhöhen. Dazu investiert Fujitsu vor allem in Neukunden-Leadgenerierung, gemeinsame Lead-Generierung mit Partnern, führt Kickback-Zahlungen für die Gewinnung von Neukunden mit einem Projektvolumen ab 30.000 beziehungsweise 50.000 Euro ein (Client-Computing respektive Datacenter-Lösungen) und hat ein neues Tool bereitgestellt, über das sich Partner-Marketing-Maßnahmen beantragen und abwickeln lassen.
Erfolgreiches Geschäftsjahr 2018 für Fujitsu
Auch in Bezug auf die Umsatzentwicklung kann Santosh Wadwa auf eine gute Ausgangsbasis zurückgreifen. Das Partner-Business, das in der Region über 80 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, legte im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent zu. Besonders stark war die Zunahme im Bereich der Primergy-Server und bei Notebooks. Der Umsatz im zukunftsträchtigen Segment Integrated Systems konnte - insbesondere dank einer deutlichen Steigerung im Mittelstand - mehr als verdreifacht werden. Gut lief es hier vor allem für Primeflex für vSAN, Primeflex für Nutanix und Primeflex für SAP. Weniger gut kam dagegen Primeflex für Hadoop am Markt an, das Angebot wurde inzwischen eingestellt.
Bei Workstations legte Fujitsu in Zentraleuropa im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zu, der Verkauf von Primergy-Servern konnte um 18 Prozent gesteigert werden. Auch bei x86-Servern, die nicht für den Einbau in ein Server-Rack ausgelegt sind - also etwa kleinen Tower Servern - kann Fujitsu zufrieden sein. Hier reklamiert es inzwischen einen Marktanteil von rund 50 Prozent für sich.