Ein Posting bei Facebook des B2B-Online-Versenders Böttcher hat hohe Wellen geschlagen. Das E-Commerce-Unternehmen aus dem thüringischen Jena hatte eine Umfrage unter seiner Belegschaft durchgeführt. Darin wurde unter anderem die Wahlpräferenzen, die Zufriedenheit mit der aktuellen Regierung, der Wunsch nach Neuwahlen, die Meinung zum Bürgergeld sowie zur Unterstützung der Ukraine abgefragt.
Die Ergebnisse der Umfrage hatte das Unternehmen auf Facebook veröffentlicht. Offenbar hatte man bei Böttcher die Reaktionen, die das Posting ausgelöst hat, unterschätzt, denn mittlerweile ist es gelöscht. "Wir sind von der Reaktion auf den Post völlig überrascht worden. Wir haben mit medialer Erregung keine Erfahrung und haben ihn gelöscht, um die Situation zu beruhigen", schreibt dazu Böttcher in einem Statement auf Anfrage von ChannelPartner.
34,4 Prozent würden AfD wählen
ChannelPartner liegt ein Screenshot vor, auf dem einige Ergebnisse zu sehen sind: Demnach geben 83 Prozent der Befragten der aktuellen Regierung die Schulnoten vier und schlechter. Knapp ein Drittel bewertet die Zufriedenheit gar mit der Note sechs. Über 70 Prozent würden demnach Neuwahlen befürworten.
Bei der Frage, welche Partei man wählen würde, wenn heute Neuwahlen wären, kommt die AfD auf 34,4 Prozent bei den Böttcher-Mitarbeitern. Damit liegt die Belegschaft des Onliners aber in dem von renommierten Meinungsforschern erhobenen Trend für Thüringen, die derzeit bei der sogenannten Sonntagsfrage etwa 34 bis 36 Prozent Zustimmung für die AfD ermitteln.
Auf eine kritische Frage eines Kunden antwortete Böttcher auf LinkedIn: "Wir, die Böttcher AG, hat mit der anonymen Mitarbeiter-Befragung und Veröffentlichung kundgeben wollen, dass die Böttcher AG mit den Entscheidungen der Ampel-Regierung unzufrieden ist." Auf genauere Nachfrage von ChannelPartner, ob so nicht der Eindruck entstehen könnte, dass die Mitarbeiter für eine politische Meinungsäußerung der Geschäftsführung oder des Vorstands instrumentalisiert werden, schreibt Böttcher: "Nein, der Eindruck kann nicht entstehen, da nicht die Geschäftsführung ihre Meinung geäußert hat, sondern die Mitarbeiter gesagt haben, was sie denken".
Keiner wurde gezwungen
Trotz der kontroversen Reaktionen, die die Umfrage ausgelöst hat, hält man es aber für legitim, das Wahlverhalten der Mitarbeiter zu erfragen, "denn die Mitarbeiter konnten selbst entscheiden, ob sie komplett anonym und freiwillig an der Umfrage zu ganz verschiedenen Themen teilnehmen möchten", so die Böttcher AG. Niemand habe die Mitarbeiter gezwungen, niemand wisse, wer abgestimmt hat und natürlich wisse auch niemand, wie die Teilnehmer abgestimmt haben. Zudem sei technisch sichergestellt worden, dass keinerlei Rückschlüsse auf die antwortenden Personen gezogen werden können.
Bei Böttcher schließt man aus dem Ergebnis der Umfrage, "dass es unter unseren Mitarbeitern eine große Unzufriedenheit mit der Politik der Ampel gibt", eine Meinung, die die Verantwortlichen offensichtlich mit der Belegschaft teilen. Auf Nachfrage, mit welchen der auf LinkedIn erwähnten "Entscheidungen der Ampel-Regierung" man konkret unzufrieden sei, antwortet die Böttcher AG: "Die erhöhten Energie- und Mautkosten machen unserem Unternehmen sehr zu schaffen."
Risiko für das Image
In der bereits erwähnten LinkedIn-Antwort an den Kunden stellt das Unternehmen zudem klar: "Dies heißt jedoch nicht, dass alle Mitarbeiter der Böttcher AG in die rechte Ecke zu stellen sind! Die Böttcher AG und ihre Mitarbeiter distanzieren sich entschieden von Rechtsextremismus!"
Rechte Strömungen und das damit verbundene schlechte Image erachten Wirtschaftsvertreter mittlerweile als Standortrisiko. So sieht der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, dass Deutschland wie kaum ein anderes Land von Weltoffenheit, internationaler Zusammenarbeit , Handel und der europäischen Einigung profitiere. "Dass in diesem Land eine starke politische Partei Raum gewinnt, die all dieses infrage stellt, das ist wirtschaftlich gefährlich", so Russwurm. Auch für Böttcher könnte der Schuss nach hinten losgehen, denn auf LinkedIn haben Kunden bereits angekündigt, Bestellungen beim thüringischen Onliner zu überdenken. Damit riskiert man in Jena das Image, dass man sich mit gutem Kundenservice, sozialem Engagement in der Region sowie mit umfangreichen Leistungen für die Belegschaft aufgebaut hat (ChannelPartner berichtete).
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