Während Electronic Partner (EP) stagniert und Euronics sogar Umsatzeinbußen hinnehmen muss, meldete Expert für 2012 ein stolzes Umsatzplus von 6,9 Prozent. Im Exklusivinterview mit ChannelPartner erklärt Expert-Chef Volker Müller, mit welchen Strategien die Verbundgruppe den Wachstumskurs fortsetzen will und warum das Online-Geschäft dabei nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Herr Müller, was macht Expert besser als EP und Euronics?
Müller: Es geht mir nicht um den Vergleich des Wettbewerbs. Wir haben innerhalb der vergangenen acht Jahre ein sehr vernünftiges Wachstum erzielt. Neben der nötigen Portion Glück steckt dahinter viel Arbeit, die unser gesamtes Team leistet. Wir machen uns kontinuierlich intensiv Gedanken darüber, wie wir unsere Gesellschafter bestmöglich unterstützen können, damit sie in der Lage sind, ihre Möglichkeiten optimal auszuschöpfen. Zudem investieren wir auf vielfältige Art und Weise in die Menschen und damit in die Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeiter.
Expert treibt aber auch aktiver als andere seine Expansion voran. Nach zwölf neuen Fachmärkten 2011/12 haben Sie für das laufende Geschäftsjahr die Eröffnung von weiteren 22 Flächenmärkten angekündigt. Wie weit sind Sie bei der Umsetzung dieses Wachstumsziels?
Müller: Wir sind on track. Wir sind vom stationären Handel überzeugt und treiben deshalb den Ausbau unserer Standorte selbstbewusst voran.
Handelt es sich dabei nicht um ein mit zusätzlichen Flächen teuer erkauftes Wachstum?
Müller: Nein, unser Wachstum ist überhaupt nicht erkauft. Rund die Hälfte kommt organisch zustande, die anderen 50 Prozent sind flächenbedingt. Das Entscheidende ist, dass es uns in beiden Fällen gelingt, gute Renditebedingungen zu erzielen - und das nun schon seit vielen Jahren.
Die vergleichsweise große Rolle der von der Expert-Zentrale betriebenen Regiebetriebe - sie waren 2011/12 für acht Prozent des Umsatzes verantwortlich - legt nahe, dass Sie sich aktiver als Ihre Wettbewerber im Kooperationsumfeld für die Weiterentwicklung der Verbundgruppe engagieren . . .
Müller: Da wäre ich mir nicht so sicher: Die Medimax-Märkte sind doch auch Regiebetriebe von EP. Aber es stimmt, dass Euronics bisher keine Regiebetriebe hat und erst jetzt angekündigt hat, auch Standorte von der Zentrale aus zu führen. Diese Entscheidung finde ich vollkommen richtig.
Was uns betrifft, so haben wir im Jahr 2000 entschieden, dass wir selbst den Einzelhandel lernen wollen. Es gibt in Deutschland insgesamt 765 Verbundgruppen, und viele haben es nie geschafft, sich von der Rolle eines reinen Bonus-Clubs zu entfernen. Wir dagegen haben früh angefangen, unsere Mitglieder mit Leistungen zu unterstützen - und dazu gehört auch der Betrieb von Regiebetrieben. Uns geht es dabei aber nicht um das Wachstum der Gruppe. Regiebetriebe entstehen an Standorten, wo sich entweder kein Gesellschafter finden lässt oder wo die Aufgabe eines bisherigen Gesellschafters die Weiterführung des Betriebs durch die Zentrale notwendig macht.
Das Resultat ist dennoch eine gewachsene Rolle der Zentrale, zu der auch der im vergangenen Jahr vollzogene Einstieg in den Online-Handel beiträgt.
Müller: Mit unserer Multi-Channel-Strategie verbinden wir eine ganz andere Zielsetzung. Das wichtigste Ziel für jeden Händler heißt Umsatz. Und das E-Commerce-Geschäft ist für uns ein Faktor, der unseren Gesellschaftern zusätzliche Umsätze in seinem stationären Geschäft ermöglichen soll.
Um beim Aufbau des Online-Geschäfts die Zustimmung der Partner zu gewährleisten, setzen Sie auf eine ausgesprochen vorsichtige Vorgehensweise. Auch ein Jahr nach dem Start in den E-Commerce bieten Sie im Internet erst rund zwei Dutzend Artikel an. Wann wird es denn einen "richtigen" Expert-Online-Store geben?
Müller: Unsere Perspektive ist nicht der Ausbau des Online-Shops zu einem Vollsortiment. Sie dürfen die Ausbaustufen unseres Online-Angebots nicht nur auf der Shop-Ebene betrachten, sondern vielmehr im Hinblick darauf, Fertigkeit im Internet zu entwickeln. Unser Ziel ist es, im Netz Anreize zu schaffen und mit den E-Commerce-Modulen die Endkunden in die stationären Fachmärkte zu ziehen.
"Expert braucht keine Online-Umsätze im großen Stil"
Wie sieht Ihr Zwischenfazit nach einem Jahr Multi-Channel-Geschäft aus? Können Sie mit dem Online-Shop nennenswerte Umsätze erzielen?
Müller: Der Online-Shop ist für uns eher ein Marketinginstrument. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir haben über den Online-Store zuletzt pro Tag 500 Exemplare von Windows 8 verkauft. Das ist grundsätzlich schön, doch für unseren Umsatz spielt dies nur eine ganz untergeordnete Rolle. Angesichts des Gesamtumsatzes haben wir weder die Not noch den Ehrgeiz, mit unserem Online-Shop Umsätze im großen Stil zu erzielen.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die Online-Umsätze bereits in naher Zukunft ein Volumen erreichen, das für das stationäre Geschäft von Expert eine ernsthafte Bedrohung darstellt?
Müller: Nein. Sehen Sie: Das Versandhandelsgeschäft hatte immer einen Umsatzanteil von 25 Prozent. Diesen Anteil muss die Internetbranche nach dem Wegbrechen der Katalogversender erst einmal erreichen. Natürlich muss man einen neuen Vertriebskanal immer ernst nehmen, wie zum Beispiel in den 1980er-Jahren, als mit Media-Saturn ein neuer Wettbewerber auf den Markt kam, der den Handel unter Druck setzte. Unsere Aufgabe ist es daher, das eigene Profil zu schärfen und uns jeden Tag neu zu erfinden. Wettbewerb darf man nie leicht nehmen, man sollte aber nicht Gefahr laufen, den jeweiligen Trend einfach nur nachzuahmen.
Ihr Wettbewerber EP hält sich mit einem eigenen Online-Geschäft ebenfalls zurück, signalisiert mit der Beteiligung an Notebooksbilliger.de aber, dass man auf die Option E-Commerce nicht verzichten will. Könnten Sie sich auch für Expert den Einstieg bei einem etablierten Online-Händler vorstellen?
Müller: Das ergibt für unsere Gesellschafter und unsere Struktur keinen Sinn. Die großen Angebote dieser Art sind auch alle über meinen Schreibtisch gewandert. Doch für uns ist es vernünftiger, an der Struktur des stationären Modells zu arbeiten und jeden Tag noch ein bisschen besser zu werden. Eine Firma wie Notebooksbilliger.de ist für uns keine sinnvolle Erweiterung.
Als Alternative zum Hardwareverkauf im Internet scheint sich im Verbundgruppenumfeld derzeit das Online-Angebot von Dienstleistungen herauszukristallisieren. Gibt es auch bei Expert vergleichbare Pläne?
Müller: Ja, im Rahmen unseres Online-Aktivitäten bieten wir unseren Kunden ganz unterschiedliche Module an. In Kürze können die Kunden beispielsweise auf unserer Internetseite direkt einen individuellen Termin mit einem Fachberater vereinbaren
.
Das Online-Angebot von Dienstleistungsprodukten planen Sie aber nicht?
Müller: Für Serviceprodukte sehen wir nach heutigem Stand keinen Bedarf.
Für das zurückliegende Kalenderjahr haben Sie gerade ein Wachstum von 6,9 gemeldet. Wie sehen Sie mittelfristig die Zukunftschancen von Expert?
Müller: Wir erwarten auch für die Zukunft ein deutliches Plus. Mit dem Anspruch, uns jeden Tag neu zu verbessern, sehen wir noch viel Platz, um auch künftig weiter erfolgreich wachsen zu können. (mh)