Value Added Distribution

"Wir sind das Back-Office für den Handel"

05.07.2012
Die Value Added Distributoren sehen sich zunehmend als Consultant und Unternehmensberater in der Pflicht.
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Value Added Distributoren kämpfen derzeit mit ähnlichen Problemen wie die Reseller. Beiden machen vor allem zwei Entwicklungen zu schaffen: der Mangel an Fachkräften und die zunehmende Komplexität der Lösungen, die bereichsübergreifendes und gleichzeitig tieferes Know-how voraussetzt. Die Qualifikation der Mitarbeiter habe deshalb höchste Priorität, betonen alle VADs gleichermaßen. Das Hauen und Stechen um spezialisiertes Personal hat den gesamten Channel erfasst.

Unkalkulierbares Projektgeschäft

Hermann Ramacher, Geschäftsführer von ADN
Foto: ADN

Das Problem, dass IT-Lösungen komplexer werden, während gleichzeitig die Hardwarestückpreise sinken, ist nicht neu. Doch die heraufziehende Cloud verschärft das Problem. Das Geschäft sei weit weniger vorhersehbar als noch vor wenigen Jahren, wie ADN-Chef Hermann Ramacher berichtet: "Kunden fällt die Entscheidung "Cloud-basiert oder On-Premise" schwer, wodurch sich besonders im Mittelstand Projekte verzögern. Am Ende dieser Phase der Unsicherheit werden sich hybride IT-Architekturen durchsetzen." Diese Phase versucht ADN mit den Partnern durch eine bessere Projektsteuerung und ein intensiveres Renewal-Geschäft abzufedern.

Einig sind sich die VADs, dass ihre dringendste Aufgabe aktuell darin besteht, "Cloud-Angebote in das eigene Angebot einzubinden und Cloud-Lösungsszenarien für Fachhändler bereitzustellen", wie es Marc Müller, Geschäftsführer Vertrieb bei Tech Data / Azlan, formuliert. Außerdem gelte es, neue, serviceorientierte Business-Modelle zu entwerfen und umzusetzen, ergänzt Ramacher.

Damit sollten sich Systemhäuser befassen

  • Themenübergreifender Lösungsvertrieb

  • Cloud Computing

  • Big Data

  • Virtualisierung

  • Mobile Computing, im Hinblick auf: WLAN-Technologien als Basis mobiler Anwendungen, Mobile Device Management, Einbindung von Tablets und Smartphones in die IT-Infrastruktur, Absicherung und Identitätsmanagement

  • Bereitstellung geschäftsrelevanter Anwendungen und Daten auf beliebigen Endgeräten

  • Security-Lösungen

  • Unified Communications

  • Systemmanagement zur Verwaltung komplexer Datacenter, heterogener Endgeräte und hybrider Cloud-Umgebungen

  • Automatisierung von IT-Lösungen

Cloud: Hersteller in der Pflicht

Doch wie unterstützen VADs ihre Reseller beim Eintritt ins Cloud-Geschäft? In erster Linie mit Schulungen, die anhand konkreter Szenarien technisches Know-how vermitteln und den Partner beim Entwurf seines künftigen Cloud-Geschäftsmodells unterstützen.

So hat Avnet beispielsweise mit den "SolutionPaths" ein herstellerübergreifendes Programm aufgelegt, das Partnern komplette Referenzlösungen inklusive Schulungen und unterschiedliche Dienstleistungen bereitstellt. Azlan kündigte für Herbst den Start einer "Cloud-Initative" an.

Marc Müller, Geschäftsführer Vertrieb bei Tech Data / Azlan

Müller nimmt aber auch die Hersteller in die Pflicht: "Die aktuellen Cloud-Angebote der Hersteller berücksichtigen den Channel leider wenig - gelegentlich gar nicht. Ein langfristiges, profitables Modell für Partner ist in kaum einem Fall erkennbar."

ADN setzt auf Lizenzmodelle wie das Microsoft-SPLA-Programm (Service Provider Licence Agreement), das auf den Channel zugeschnittenen ist, und bietet Partnern ergänzend unter anderem webbasierte Reporting- und Abrechnungs-Tools für XaaS-Lösungen. Bei Avnet wie ADN stehen Resellern auch dedizierte Cloud-Teams zur Verfügung.

"Fachhändler fordern mehr Consulting, um die Trendthemen bei ihren Kunden zu positionieren." Andreas Bechtold, Geschäftsführer der Infinigate Deutschland GmbH
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Nach Ansicht von Andreas Bechtold, Geschäftsführer von Infinigate, erfordern nicht nur die Cloud, sondern alle großen Trendthemen wie Mobile Computing, Bring Your Own Device und Social Media neue Security-Strategien. Auch hier sind VADs zunehmend als Unternehmensberater gefragt: "Viele Fachhändler fordern eine stärkere aktive Unterstützung, beispielsweise mehr Consulting, um diese Themen bei ihren Kunden zu positionieren", so Bechtold.
Dienstleistungen dieser Art könnten künftig noch stärker gefragt sein, sollten Hersteller den von Marc Müller skizzierten Weg weiter einschlagen.

Tipps der VADs für Reseller

  • Nutzen Sie die Ressourcen von Herstellern und VADs noch stärker, vor allem deren Dienstleistungen, um Ihre eigenen Vorabinvestitionen zu senken.

  • Investieren Sie in die Ausbildung.

  • Prüfen Sie Ihre Vertriebs- und Vergütungsmodelle im Hinblick auf Cloud-basierte Services: Umsätze beispielsweise mit SaaS-Angeboten sind anfangs gering. Entsprechend muss auf die Abschlussquote mehr Gewicht gelegt werden als auf die Umsatzquote. Das muss sich in den Personal- und Gehaltsstrukturen widerspiegeln.

VAD als verlängerter Service-Arm

"Große Hersteller verringern in erheblichem Umfang ihre Servicemannschaften und verlagern mehr und mehr Managed Services in den Channel", beschreibt Müller das Szenario. "Die Distribution wird deshalb ihr Bildungsangebot für Reseller stark steigern müssen, um sie für die Zukunft zu qualifizieren." Dieser Trend könnte Partnern aber auch ein zusätzliches Servicegeschäft bescheren. Endkunden fördern diese Entwicklung ebenfalls, wie Ramacher berichtet: "Gerade mittelständische Kunden wünschen sich einen einzigen, zentralen Ansprechpartner für ihre IT-Landschaften."

Das Problem: Nicht jeder Partner kann das dazu nötige Know-how in allen IT-Bereichen vorhalten. Hier müssten die VADs "mit zertifizierten Mitarbeitern als Dienstleister, als Back-Office für den Handel tätig werden", erklärt Ramacher. Verstärktes Investment in Software und Services lautet deshalb auch bei Avnet die Devise.

Die Top-5-VADs

  1. ADN

  2. Arrow ECS

  3. Avnet

  4. Infinigate

  5. Azlan

Quelle: GfK, 2012

Einsatz der Hersteller gefragt

Hersteller könnten dazu beitragen, einen Teil der bestehenden Probleme zu lösen. Andreas Bechtold plädiert beispielsweise für "mehr Direkt-Touch-Aktivitäten, um Partner vor Ort zu unterstützen und mittels Training-on-the-Job in Projekten zu schulen". Und Avnet-Chef Roman Rudolf zufolge könnten VADs "weit mehr Value im Bereich Marktanalyse, Marktaufbereitung und Ausbildung für die Hersteller und Reseller bieten, wenn Hersteller diese hohen Vorabinvestitionen auch honorierten".

"Systemhäuser sollten ihren Fokus auf Integration, Automatisierung und Management von IT-Lösungen richten." Jesper Trolle, Vice President Zentral- und Osteuropa bei Arrow ECS
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"Am Ende investiert man aber oft in die Entwicklung eines Partners, um diesen dann wegen einer niedrigeren Preispolitik an die Wettbewerber, der hier kein Investment getätigt haben, zu verlieren", moniert er und fordert, die Bonuszahlungen an den Value zu knüpfen, der im Channel erbracht wird, und eine klare Trennung zwischen Value- und Broadline-Distribution zu schaffen. Andernfalls könnte die Qualität des Values, den die VADs liefern, abnehmen, da diese gezwungen sind, Kosten einzusparen", mahnt der Avnet-Chef. Hersteller riskierten damit zudem, ihren Wettbewerbsvorteil - nämlich einen höher qualifizierten Channel - einzubüßen. (rb)