Jahresinterview 2014 mit acmeo

Wir reden nicht mehr von der Cloud

08.01.2015 von Alexander Roth
Henning Meyer, Chef des Cloud-Distributors acmeo, berichtet, wie IT-Dienstleister mit den richtigen Argumenten von den Mittelstandssorgen profitieren und wo die deutlichen Grenzen des Teamviewers liegen.

Herr Meyer, was die Systemhauslandschaft 2015 bewegen wird, sind neue Zugangsmöglichkeiten zum Endkunden in einer sich wandelnden IT-Branche. Können Sie handfeste Antworten liefern?

Henning Meyer, acmeo: Wenn Sie gleich so direkt einsteigen wollen: Ja, die kann ich Ihnen geben. In der Tat verändert sich die Unternehmens-IT aktuell enorm, interessanterweise auch in Firmen, die schon länger nicht mehr investiert haben. IT-Bedrohungen nehmen zu, der Patchbedarf steigt, auch verändern sich die Anforderungen an das Lizenzmanagement, um nur drei Beispiele zu nennen. Wenn Systemhäuser ihre Kunden darauf aufmerksam machen, und gleich handfeste Antworten mitliefern, können sie überraschend leicht Geschäft machen.

Henning Meyer, acmeo: "Das Wort Cloud ist mir zu schwammig und zu undefiniert."

Wie sieht dieses Geschäft aus?

Henning Meyer: Um sich dem Thema Kundenbetreuung via Web anzunehmen, nutzen die meisten Systemhäuser im Markt Teamviewer. Das Tool hat sicherlich seine Daseinsberechtigung, doch wer es nackt einsetzt, verschenkt meiner Meinung nach bares Geld. Es ist schlicht und einfach nicht systemnah genug. Wir unterstützen IT-Dienstleister mit tiefergreifenden Monitoring-Tools, die den Aufwand, Analysen bei Fehlern durchzuführen, deutlich verringern. So lassen sich alle täglichen Hard- und Software-Änderungen in einer Umgebung damit loggen, was Fehler deutlich schneller auffindbar macht.

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Die meisten Systemhäuser rechnen ihren Aufwand doch nach Arbeitszeit ab, so wird doch so ein Tool das Geschäft verringern, statt es zu vergrößern?

Meyer: In der Tat, aber genau hier liegt der Knackpunkt. Es gilt, statt nach dem "Feuerwehrprinzip" Stunden abzurechnen, dank solcher Tools zum Managed Service Anbieter zu werden. Und noch mehr: Man nutzt Monitoring nur in einer ersten Phase als Einstiegstool ergänzt es später um Leistungen wie Patchmanagement, Inventarisierung oder Lizenzmanagement und eröffnet so dem Kunden ein ganz neues Spektrum an Leistungen, die er zu einem fixen und transparenten Pricing in Anspruch nehmen kann - Stichwort Flatrate. Acmeo unterstützt Systemhäuer flankierend mit Leistungsbeschreibungen, Verträgen und Konzepten für die Systemhausinterne Logistik.

Ist es Kunden überhaupt recht, so intensiv unter die Lupe genommen zu werden?

Meyer: Wer als Systemhaus hier mit Vorsicht oder Zurückhaltung agiert, der ist fehl am Platze. Das ist wie ein Doktor, der nur Symptome behandeln will, ohne den Körper genau zu betrachten. Wer selbstbewusst auftritt, Kunden mit Feingefühl auf Themen eine mögliche Überlizenzierung oder Gefahren durch fehlendes Patchmanagement aufmerksam macht, der wird viele offenen Türen einrennen.

Haben Sie konkrete Tipps?

Meyer: Dienstleister sollten so mutig sein, für solche Audits, für die wir die Tools liefern, sogar Geld zu verlangen, das macht die eigene Arbeit auch wertiger. Flankierend dazu gibt es am Markt so viele neutral verfasste Materialien, etwa den "Lagebericht zur IT-Sicherheit in Deutschland" vom BSI oder den Cybersecurity-Report der Telekom Deutschland. Kunden werden nach guter Kommunikation seitens des Channels bereit sein, zu handeln und Audits durchführen zu lassen. Das ist die Realität, die ich unter Acmeo-Partnern wahrnehme.

Und wenn ein Kunde auf diesem Ohr taub ist?

Meyer: Der Klassiker den ich kenne, heißt: "Wir haben bereits ein Patchmanagement-Tool von Microsoft im Einsatz, etwa WSUS oder Systemcenter. Danke, aber wir sind safe." Und ich sage: Es gab bislang noch keinen Audit, den wir durchgeführt haben, der, nachdem wir so einen Satz zuvor hörten, nicht eine Menge Missstände aufgezeigt hätte.

Sprechen Sie von kleineren Unternehmen?

Meyer: Ja, aber die Realität ist das auch viele größere Unternehmen mit bis zu 1.000 Arbeitsplätzen diese Sicherheitslücken und Fehllizensierungen aufweisen. Nur ist inzwischen auch für kleinere Häuser möglich, diese Klientel anzugehen. Entsprechend wir unser Portfolio auch entsprechend erweitert, wir arbeiten hier nun mit dem Anbieter Secunia, für skalierbares Patchmanagement. Wie stark insgesamt die Nachfrage zunimmt, sieht man auch an unserer eigenen Entwicklung als Cloud-Distributor.

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Cloud-Treiber Backup, Monitoring und VoIP

Wie lief das Jahr 2014 acmeo?

Meyer: Unser Umsatz stieg laufenden Jahr um 45 Prozent, nach einem Plus von rund 50 Prozent im Vorjahr. Die Zahl unserer Mitarbeiter stieg ebenfalls, aktuell sind es 35, wie die Zahl unserer Systemhauskunden auf über 1.200. Insgesamt nutzen 130.000 Clients aktuell die Dienste von acmeo. Besonders gut liefen in diesem Jahr die Bereiche Backup - die Nutzerzahl hat sich hier im Jahr verdreifacht, sowie Web Security, das den meisten Erstumsatz für uns jemand brachte und VoIP auf Centrix-Basis.

Bleibt also grundlegende Cloud-Themen wie Backup, Monitoring und VoIP der große Treiber im Markt und damit auch für Sie?

Meyer: Um ehrlich zu sein: Wir benutzen das Wort "Cloud" immer seltener. Es ist mir zu schwammig, zu undefiniert. Vieles rund um diesen Begriff ist meiner Wahrnehmung nach, gerade wie in die Distribution verwendet, ein Marketinghype. Ich sehe eher "Managed Services", also das Geschäftsmodell, im Fokus. Die von Ihnen genannten Themen sind aber oft nur der Einstieg.

Wie geht es weiter?

Meyer: Natürlich sind es nach wie vor grundlegende Cloud Themen, die den gesamten Channel auch in 2015 weiter pushen werden. Der deutsche Mittelstand hinkt diesbezüglich hinterher, das ist bekannt. Nur sollten es Systemhäuser nicht bei solchen Einstiegsthemen gegenüber dem Kunden belassen, sondern die Services als das betreiben, was sie im Kern sind: Als Auslagerung von IT-Leistungen ins Rechenzentrum über den gesamten Stack. Wir bieten unseren Systemhauspartnern, und das ist neu, künftig sogar die Freiheit, bei ihren Geschäftsmodellen nicht mehr nur auf Partnerumgebungen zu setzen, sondern nach Belieben auch eigene oder Kunden-Rechenzentren. Wir nennen das Hosted System Services.

Private Cloud sticht Public Cloud?

Meyer: Ja. Wir gehen sogar so weit zu sagen: Office 365 als Beispiel ist die "Fragezeichen-Variante" für den Kunden, alleine wegen des Patriot Acts, gegenüber Systemhäusern, die die gleichen Leistungen sicherer und besser gewartet und anbieten können. Und dass ohne ein eigenes Rechenzentrum betreiben zu müssen. Hosted Exchange plus Sharepoint plus schnittstellenstarke Groupware liefert mindestens den identischen Leistungsumfang wie Office 365, nur eben mit mehr Sicherheit und Marge-

Was sagen Sie zu Amazons Rechenzentrum in Deutschland?

Meyer: Ich bin überzeugt, dass das Thema IaaS in Deutschland immer stärker im Kommen ist. Amazon wird mit seinem deutschen Rechenzentrum die Nachfrage hierzulande weiter steigern, was dem gesamten Markt gut tut. Gleichzeitig unterstreicht der Konzern damit den Stellenwert des hiesigen Markts im internationalen Vergleich. Nur: Ohne handfesten Partneransatz wird es auch Amazon schwer haben. (rw)

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