Volker Oschkinat hat keinen leichten Job: Gerade erst hat er seine Stelle als Geschäftsführer der von Conrad für die Übernahme von Getgoods.de und Home of Hardware (HOH) gegründeten Get-it Quick GmbH angetreten, nun muss der erfahrene Unternehmensberater bereits gegen Insolvenzmeldungen ankämpfen. Grund dafür ist nicht etwa eine wirtschaftliche Schieflage der Onlineshops, sondern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen deren ehemalige Konzernmutter, die Getgoods.de AG. "Aber für viele Kunden sieht es so aus, als sei Getgoods schon wieder insolvent. Deshalb ist es wichtig, ganz klar zu machen, dass wir mit der Getgoods.de AG nichts mehr zu tun haben, sondern eine Tochtergesellschaft des erfolgreichen Online-Händlers Conrad Electronic sind."
Schließlich habe Get-it Quick nicht den insolventen Mutterkonzern aufgekauft, sondern nur im Rahmen eines Asset-Deals die beiden Onlineshops inklusive Markenrechten übernommen. Laut Oschkinat ist deshalb auch die Aufregung in der Stadt Frankfurt/Oder über die Schließung des dortigen Getgoods-Standorts und die Entlassung von rund zwei Dritteln der Belegschaft fehl am Platz: "Da es sich gemäß BGB um einen Betriebsübergang handelte, waren wir rechtlich gebunden und mussten sämtliche Mitarbeiter automatisch übernehmen. Doch gab es keine Zusagen und war klar, dass wir prüfen mussten, wie tragfähig die bestehenden Strukturen sind." Dabei habe sich schnell herausgestellt, dass die Getgoods-Logistik vergleichsweise ineffizient aufgestellt gewesen sei und Frankfurt/Oder nun einmal kein Logistik-Hotspot sei.
Eigenständiges Auftreten innerhalb der Conrad-Gruppe
Deutlich positiver habe sich dagegen die Lage am Standort Berlin-Schönefeld dargestellt, wo u.a. Einkauf, Shop-Management und Marketing von Getgoods angesiedelt gewesen seien. "Das ist eine sehr gute Truppe und wir haben fast alle Mitarbeiter in sämtlichen Bereichen übernommen", erklärt Oschkinat. Da sei schon deshalb nötig, weil Get-it Quick unabhängig von Conrad agiere. "Wir werden zwar Synergien zu Conrad nutzen, doch wir sind autark hinsichtlich der Sortimentgestaltung sowie Geschäfts- und Preispolitik – sonst würden wir auch nicht 65 Leute am Standort Schönefeld beschäftigen." Damit unterscheide sich Get-it Quick deutlich von Tochter-Shops der Conrad-Gruppe wie Voelkner und Digitalo. Oschkinat spricht stattdessen von einer Beziehung zu Conrad ähnlich dem Verhältnis zwischen Media-Saturn und Redcoon bzw. Electronic Partner und Notebooksbilliger.de.
In der Tat hat Conrad mit Volker Oschkinat explizit keine Marionette an die Spitze von Get-it Quick gestellt. Der 59-jährige verdiente sich seine Sporen in der Musik- und Textilindustrie und unterhält bereits seit mehreren Jahren geschäftliche Beziehungen mit dem heutigen Conrad-CEO Jörn Werner. Zuletzt beriet Oschkinat Conrad Electronics bei verschiedenen Firmenübernahmen, darunter auch im Fall der Onlineshops der Getgoods AG.
Oschkinat kann deshalb gut einstufen, was es wirklich mit dem oft hinterfragten explosiven Umsatzwachstum von Getgoods auf sich hatte. "Die Umsätze waren schon da", erklärt der Get-it-Quick-Chef, "nur bestand Getgoods im Prinzip aus zwei Geschäften: Den Endkunden-Shops Getgoods.de und HOH auf der einen Seite und einem großen B2B-Geschäft im Handy-Bereich auf der anderen Seite." Von den 500 Millionen Euro Umsatz, die Getgoods für 2013 anstrebte, wären wohl rund 125 Millionen Euro auf das Endkundengeschäft entfallen, schätzt Oschkinat. Auf diesem Niveau will Get-it Quick nun weiter ansetzen.
So sieht die Neuausrichtung von Getgoods und HOH aus
Um weiter zu wachsen, muss Get-it Quick zunächst die Folgen der Getgoods-Pleite aus dem Weg räumen. "Natürlich gibt es eine große Zäsur, die durch die Insolvenz bedingt ist", erklärt Oschkinat: "Die Versicherungen, die Verkäufer-Accounts bei Amazon und eBay, die Einträge bei den Preissuchmaschinen – das alles war erst einmal weg und wir sind nun dabei, das langsam wieder zu aktivieren." Auch bei den Kunden gilt es, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Durch die Kulanz von Conrad sei es durchwegs gelungen, Vorkasse-Bestellern den insolvenzbedingten Totalausfall zu ersparen. "Und wir freuen uns, dass es bei den HOH-Kunden eine große Treue gibt." Bei Getgoods.de mit seiner wesentlich kürzeren Tradition sei das allerdings eher weniger der Fall, räumt Oschkinat ein.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Get-it-Quick-Chefs gehört nun die strategische Neuaufstellung von Getgoods.de und HOH. Sehr klar ist der Fokus dabei bei HOH: "Hier sind die Gamer und 'Nerds' zuhause. Das wollen wir beibehalten und künftig noch mehr um Innovationen wie die Themen 'Design Yourself' oder das 'Internet of Makers' erweitern." Bei Getgoods will man dagegen gar so stark von der vorherigen Ausrichtung als "Vollsortimenter" abweichen. "Wir werden hier durchaus auch Ware anbieten, die nicht nur aus dem Elektronikbereich stammt." Auch Artikel wie z.B. "große Weiße Ware" oder aktuelle TV-Highlights würden gut in das Profil des Shops passen. Keine Heimat – weder bei Getgoods.de noch bei HOH – habe dagegen künftig das zuvor munter betriebene Subdistributionsgeschäft. Zum einen sei dieses Thema mit der Insolvenz ohnehin erledigt gewesen. "Zum anderen haben wir kein strategisches Interesse daran, Paletten zu verschieben." Lediglich das gewöhnliche, auch von anderen Elektronikversendern betriebene B2B-Geschäft wolle man durch entsprechende Key Accounts unterstützen.
Getgoods-Vorstand verstärkt Get-it Quick
Das Gespräch mit Oschkinat unterstreicht den Eindruck, dass Conrad die Übernahme der Getgoods-Shops nicht nur als Gelegenheitskauf betrachtet, sondern darin durchaus strategisches Potenzial sieht. Dazu passt, das Get-it Quick neben den Getgoods-Mitarbeitern in Schönefeld nun auch noch den zuvor im Vorstand der Getgoods-AG vertretenen Markus Dubon an Bord holt. Der ehemalige Promarkt.de-Chef soll bei Get-it Quick die Bereiche Marketing und Sales verantworten. Zu den Assets von Getgoods, an denen Conrad dagegen nicht interessiert gewesen sei, habe die wenig reichweitenstarke Vertriebsmarke Handyshop.de gezählt, berichtet Oschkinat. So auskunftsfreudig der Get-it-Quick-Chef sonst ist, den Kaufpreis, den Conrad für Getgoods.de und HOH zahlte, will er nicht nennen, erklärt aber "Conrad hat einen Preis bezahlt, welcher den Markenrechten der Shops Getgoods.de und HOH entspricht."