Get-it Quick zur Zukunft der Getgoods-Shops

"Wir haben kein Interesse daran, Paletten zu verschieben"

06.02.2014 von Matthias Hell
Nach der Blitzübernahme von Getgoods.de und HOH war zunächst unklar, was die Conrad-Tochter Get-it Quick mit den Onlineshops vorhat. Gegenüber ChannelPartner setzt sich Firmenchef Volker Oschkinat nun deutlich von alten Getgoods-Praktiken ab und erklärt, warum sein Unternehmen mehr ist, als nur eine Marionette von Conrad Electronic.
Volker Oschkinat ist seit Ende Januar Geschäftsführer der Conrad-Tochter Get-it Quick

Volker Oschkinat hat keinen leichten Job: Gerade erst hat er seine Stelle als Geschäftsführer der von Conrad für die Übernahme von Getgoods.de und Home of Hardware (HOH) gegründeten Get-it Quick GmbH angetreten, nun muss der erfahrene Unternehmensberater bereits gegen Insolvenzmeldungen ankämpfen. Grund dafür ist nicht etwa eine wirtschaftliche Schieflage der Onlineshops, sondern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen deren ehemalige Konzernmutter, die Getgoods.de AG. "Aber für viele Kunden sieht es so aus, als sei Getgoods schon wieder insolvent. Deshalb ist es wichtig, ganz klar zu machen, dass wir mit der Getgoods.de AG nichts mehr zu tun haben, sondern eine Tochtergesellschaft des erfolgreichen Online-Händlers Conrad Electronic sind."

Schließlich habe Get-it Quick nicht den insolventen Mutterkonzern aufgekauft, sondern nur im Rahmen eines Asset-Deals die beiden Onlineshops inklusive Markenrechten übernommen. Laut Oschkinat ist deshalb auch die Aufregung in der Stadt Frankfurt/Oder über die Schließung des dortigen Getgoods-Standorts und die Entlassung von rund zwei Dritteln der Belegschaft fehl am Platz: "Da es sich gemäß BGB um einen Betriebsübergang handelte, waren wir rechtlich gebunden und mussten sämtliche Mitarbeiter automatisch übernehmen. Doch gab es keine Zusagen und war klar, dass wir prüfen mussten, wie tragfähig die bestehenden Strukturen sind." Dabei habe sich schnell herausgestellt, dass die Getgoods-Logistik vergleichsweise ineffizient aufgestellt gewesen sei und Frankfurt/Oder nun einmal kein Logistik-Hotspot sei.

Eigenständiges Auftreten innerhalb der Conrad-Gruppe

Deutlich positiver habe sich dagegen die Lage am Standort Berlin-Schönefeld dargestellt, wo u.a. Einkauf, Shop-Management und Marketing von Getgoods angesiedelt gewesen seien. "Das ist eine sehr gute Truppe und wir haben fast alle Mitarbeiter in sämtlichen Bereichen übernommen", erklärt Oschkinat. Da sei schon deshalb nötig, weil Get-it Quick unabhängig von Conrad agiere. "Wir werden zwar Synergien zu Conrad nutzen, doch wir sind autark hinsichtlich der Sortimentgestaltung sowie Geschäfts- und Preispolitik – sonst würden wir auch nicht 65 Leute am Standort Schönefeld beschäftigen." Damit unterscheide sich Get-it Quick deutlich von Tochter-Shops der Conrad-Gruppe wie Voelkner und Digitalo. Oschkinat spricht stattdessen von einer Beziehung zu Conrad ähnlich dem Verhältnis zwischen Media-Saturn und Redcoon bzw. Electronic Partner und Notebooksbilliger.de.

Kundenbefragung Elektromärkte 2013 -
Kundenbefragung Elektromärkte 2015
Ein insgesamt gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, aber ein vergleichsweise mäßiger Service – in den Augen der Kunden besteht in Elektromärkten einiges Verbesserungspotenzial. Auf den nächsten Bildern gibt es Details zu den Ergebnissen der acht bewerteten Retailern und Kooperationen (Quelle: DISQ).
Conrad Electronic
Service: gut<br> Beratungskompetenz: gut<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: gut (77,0 Punkte, Rang 1)<br>
Medimax
Service: gut<br> Beratungskompetenz: gut<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: gut (70,2 Punkte, Rang 2)<br>
Expert
Service: gut<br> Beratungskompetenz: befriedigend<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (68,5 Punkte, Rang 3)<br>
Saturn
Service: befriedigend<br> Beratungskompetenz: befriedigend<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (67,4 Punkte, Rang 4)<br>
Media Markt
Service: befriedigend<br> Beratungskompetenz: befriedigend<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (66,9 Punkte, Rang 5)<br>
Euronics XXL
Service: befriedigend<br> Beratungskompetenz: gut<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (65,9 Punkte, Rang 6)<br>
Euronics
Service: befriedigend<br> Beratungskompetenz: gut<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (64,1 Punkte, Rang 7)<br>
EP ElectronicPartner
Service: befriedigend<br> Beratungskompetenz: befriedigend<br> Gesamturteil Kundenzufriedenheit: befriedigend (63,3 Punkte, Rang 8)<br>

In der Tat hat Conrad mit Volker Oschkinat explizit keine Marionette an die Spitze von Get-it Quick gestellt. Der 59-jährige verdiente sich seine Sporen in der Musik- und Textilindustrie und unterhält bereits seit mehreren Jahren geschäftliche Beziehungen mit dem heutigen Conrad-CEO Jörn Werner. Zuletzt beriet Oschkinat Conrad Electronics bei verschiedenen Firmenübernahmen, darunter auch im Fall der Onlineshops der Getgoods AG.

Oschkinat kann deshalb gut einstufen, was es wirklich mit dem oft hinterfragten explosiven Umsatzwachstum von Getgoods auf sich hatte. "Die Umsätze waren schon da", erklärt der Get-it-Quick-Chef, "nur bestand Getgoods im Prinzip aus zwei Geschäften: Den Endkunden-Shops Getgoods.de und HOH auf der einen Seite und einem großen B2B-Geschäft im Handy-Bereich auf der anderen Seite." Von den 500 Millionen Euro Umsatz, die Getgoods für 2013 anstrebte, wären wohl rund 125 Millionen Euro auf das Endkundengeschäft entfallen, schätzt Oschkinat. Auf diesem Niveau will Get-it Quick nun weiter ansetzen.

So sieht die Neuausrichtung von Getgoods und HOH aus

Während HOH vor allem IT-Fans anspricht, bemüht sich auch das neue Getgoods um eine breitere Ausrichtung

Um weiter zu wachsen, muss Get-it Quick zunächst die Folgen der Getgoods-Pleite aus dem Weg räumen. "Natürlich gibt es eine große Zäsur, die durch die Insolvenz bedingt ist", erklärt Oschkinat: "Die Versicherungen, die Verkäufer-Accounts bei Amazon und eBay, die Einträge bei den Preissuchmaschinen – das alles war erst einmal weg und wir sind nun dabei, das langsam wieder zu aktivieren." Auch bei den Kunden gilt es, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Durch die Kulanz von Conrad sei es durchwegs gelungen, Vorkasse-Bestellern den insolvenzbedingten Totalausfall zu ersparen. "Und wir freuen uns, dass es bei den HOH-Kunden eine große Treue gibt." Bei Getgoods.de mit seiner wesentlich kürzeren Tradition sei das allerdings eher weniger der Fall, räumt Oschkinat ein.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Get-it-Quick-Chefs gehört nun die strategische Neuaufstellung von Getgoods.de und HOH. Sehr klar ist der Fokus dabei bei HOH: "Hier sind die Gamer und 'Nerds' zuhause. Das wollen wir beibehalten und künftig noch mehr um Innovationen wie die Themen 'Design Yourself' oder das 'Internet of Makers' erweitern." Bei Getgoods will man dagegen gar so stark von der vorherigen Ausrichtung als "Vollsortimenter" abweichen. "Wir werden hier durchaus auch Ware anbieten, die nicht nur aus dem Elektronikbereich stammt." Auch Artikel wie z.B. "große Weiße Ware" oder aktuelle TV-Highlights würden gut in das Profil des Shops passen. Keine Heimat – weder bei Getgoods.de noch bei HOH – habe dagegen künftig das zuvor munter betriebene Subdistributionsgeschäft. Zum einen sei dieses Thema mit der Insolvenz ohnehin erledigt gewesen. "Zum anderen haben wir kein strategisches Interesse daran, Paletten zu verschieben." Lediglich das gewöhnliche, auch von anderen Elektronikversendern betriebene B2B-Geschäft wolle man durch entsprechende Key Accounts unterstützen.

Getgoods-Vorstand verstärkt Get-it Quick

Meldungen über Retailer (Media Markt, Saturn, ProMarkt) -
Mobilcom-Debitel startet neue Verkaufskonzepte
Mobilcom-Debitel will beim Verkauf von Wearables und Smart-Home-Anwendungen eine Führungsrolle einnehmen. Dazu startet die Mobilfunkkette nun mit neuen, auf Anwendungsszenarien basierenden Verkaufskonzepten.
Familien können sich Mobilfunktarif teilen
"Sharing" ist ein Zauberwort der Internet-Ökonomie. Künftig sollen Anwender nicht nur Werkzeuge oder Zimmer teilen können, sondern auch das Datenvolumen ihrer Mobilfunkverträge. Nach Vodafone steigen nun Media-Saturn und Telefónica auf den "Sharing"-Zug auf.
Conrad bestellt myToys-Managerin in Geschäftsführung
Conrad Electronic hat die Nachfolge für den in Ruhestand gehenden Geschäftsführer Bernhard Bach bekanntgegeben: Mit der ehemaligen myToys-Geschäftsführerin Virpy Richter setzt Conrad auf eine Managerin mit ausgewiesener Multichannel-Erfahrung.
Atelco erzielt im Überlebenskampf erste Erfolge
Wer dachte, dass die Insolvenzanmeldung von Atelco bereits das Aus für die Elektronikkette bedeutete, könnte sich geirrt haben: Nach Schließung und Verkauf einiger Filialen sieht der PC-Händler gute Chancen auf ein Überstehen der Insolvenz.
Conrad weitet Zusammenarbeit mit Seeed Studio aus
Conrad Electronic setzt seine Strategie fort, sich als bevorzugte Anlaufstelle für Technik-Fans und Elektronikbastler ("Maker") zu positionieren. Auf der "Maker Faire" in Berlin gibt es einen koordinierten Auftritt mit der Hardwareplattform Seeed Studio.
Media-Saturn-Chef soll gehen
Keine Ende des Gesellschafterstreits bei Media-Satur: Wie das manager magazin in seiner Oktober-Ausgabe berichtet, hat Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals die Abberufung des amtierenden Unternehmenschefs Pieter Haas beantragt.
Wohin steuert die Online-Sparte von Media-Saturn?
Die ganz großen Impulse sind bisher ausgeblieben, dennoch lassen sich Eckpunkte der Strategie der Ende 2014 gegründeten Electronics Online Group von Media-Saturn ausmachen: Neben Onlineshops zählt dazu das neue Start-up-Programm "Spacelab".
Bewegung im Dauerkonflikt
Wie die "Wirtschaftswoche" meldet, sondiert die Beteiligungsgesellschaft Advent einen Einstieg bei Media-Saturn. Das geschieht auf Wunsch des Media-Saturn-Minderheitsgesellschafters Erich Kellerhals, der den Elektronikkonzern aus der Metro AG loseisen will.
EP auf der IFA 2015
Statt der traditionellen Herbstmesse setzte Electronic Partner 2015 auf eine deutlich aufgestockte IFA-Präsenz. Die Partner wurden dort auf neue Initiativen beim Ladenbau, bei der Warenwirtschaft und beim eCommerce vorbereitet.
Euronics auf der IFA 2015
Bei Euronics wachsen die Umsätze und auch das eCommerce-Geschäft zieht an. Der Bereich Smart Home steht dagegen noch in den Startlöchern. Deshalb setzt die Verbundgruppe auf die Anziehungskraft konkreter Anwendungsszenarios.
Expert auf der IFA 2015
Wie auf der IFA 2015 zu erfahren war, will Expert sein eCommerce-Angebot zum Weihnachtsgeschäft 2015 weiter ausbauen. Zudem plant die Verbundgruppe die Eröffnung eines "Labor-Marktes" in Schwerin.
Neuer Streit bei Media-Saturn
Sie liegen seit Jahren miteinander im Clinch – jetzt sorgt die Übernahme des Wartungsdienstleisters RTS bei den beiden Media-Saturn-Holding-Eigentümern Erich Kellerhals und der Metro für neuen Zündstoff. Wieder mal müssen Gerichte entscheiden.
Media-Saturn übernimmt After-Sales-Dienstleister RTS
In der Vergangenheit war die angebliche Service-Kompetenz von Media-Saturn oft ein Streitthema. Nun macht das Unternehmen ernst und übernimmt den After-Sales-Dienstleister RTS, der über ein Netz an Tochterfirmen europaweit Elektronik-Services anbietet.
So kommt der Pilot-Saturn bei den Kunden an
Im Pilotmarkt in Ingolstadt will Saturn sein Verkaufskonzept der Zukunft erproben. Doch welche Praxiserfahrungen macht der Retailer mit dem Markt? Neun Monate nach der Eröffnung unterhielten wir uns darüber mit Markt-Ingolstadt-Geschäftsführer Carsten Geilert.

Das Gespräch mit Oschkinat unterstreicht den Eindruck, dass Conrad die Übernahme der Getgoods-Shops nicht nur als Gelegenheitskauf betrachtet, sondern darin durchaus strategisches Potenzial sieht. Dazu passt, das Get-it Quick neben den Getgoods-Mitarbeitern in Schönefeld nun auch noch den zuvor im Vorstand der Getgoods-AG vertretenen Markus Dubon an Bord holt. Der ehemalige Promarkt.de-Chef soll bei Get-it Quick die Bereiche Marketing und Sales verantworten. Zu den Assets von Getgoods, an denen Conrad dagegen nicht interessiert gewesen sei, habe die wenig reichweitenstarke Vertriebsmarke Handyshop.de gezählt, berichtet Oschkinat. So auskunftsfreudig der Get-it-Quick-Chef sonst ist, den Kaufpreis, den Conrad für Getgoods.de und HOH zahlte, will er nicht nennen, erklärt aber "Conrad hat einen Preis bezahlt, welcher den Markenrechten der Shops Getgoods.de und HOH entspricht."