Wie Lenovo auf die fehlende Trennung zwischen Geschäftswelt und Privatleben reagiert, und warum der Hersteller hier optimale Bedingungen für Channel mit seinem aktuellen Portfolio sieht, erzählt Bernhard Fauser, Geschäftsführer von Lenovo Deutschland, im exklusiven Interview mit ChannelPartner.
Modulare Smartphones, Notebooks ohne Tastatur und Endgeräte mit 3D-Erkennung: Mit vielen Wagnissen und einigen echten Produktinnovationen hat Lenovo in diesem Jahr das Interesse von Fachhandel und Presse auf sich gezogen.
Besonders viel Aufmerksamkeit erregte Lenovo zuletzt auf der IFA 2016 in Berlin. Hier hat der Anbeiter mit dem Yoga Book das weltweit erste Convertible-Notebook mit virtueller Tastatur vorgestellt. Partner wie Microsoft nahmen das Produkt aktuell als Vorzeigeobjekt für besonders innovative 2-in-1 Geräte mit Windows 10 mit auf. Zusätzlich erhielt das Yoga Book auch den reddot Design Award 2016.
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Wie Lenovo den Markt von allen Seiten bearbeiten möchte
Spannende Hardware reicht Lenovo aber nicht aus. Das Unternehmen will den globalen Markt für sich gewinnen, etwa auch im B2B-Umfeld mit Hyperconverged Server-Lösungen. Als anspruchsvolles Ziel sind beachtliche 30 Prozent Marktanteil für 2017 angedacht - aktuell liegt das Unternehmen bei knapp 22 Prozent.
Der entscheidende Punkt bei der Marktstrategie: Lenovo setzt will auf einen Mix aus Unternehmens- und Privatkunden. Der Fachhandel soll den Hertsteller fleißig bei der Gewinnung weiterer Marktanteile unterstützen,
ChannelPartner hat Bernhard Fauser, Geschäftsführer von Lenovo Deutschland, persönlich zum ausführlichen Interview gebeten und mit ihm dem Manager über die aktuelle Marktstrategie und das aktuelle Produktportfolio gesprochen.
Herr Fauser, wo steht Lenovo heute?
Bernhard Fauser, Geschäftsführer von Lenovo Deutschland: Wir sind aktuell die Nummer Eins auf dem weltweiten PC-Markt und weiterhin aufstrebend. Unser erklärtes Ziel ist es den globalen Marktanteil auf über 30 Prozent zu erhöhen. Dieses Ziel verfolgen wir mit dem ständigen Ausbau unseres Portfolios. Hier bieten wir von Geräten für den Endkonsumenten bis hin zu komplexen Server-Lösungen im Hyperconverged- oder x86-Bereich für sämtliche Anforderungen die richtige Ausstattung.
Wir sind aber auch ein Technikvorreiter. Das gerade angelaufene Yoga Book lässt mit seiner innovativen Halo-Tastatur, die sich per Knopfdruck von der Touch-basierten Tastatur in ein Zeichen-Tablet verwandelt, die Grenzen zwischen Tablet und Notebook noch weiter verschwimmen.
Auf dem Feld der Smartphones sind wir mit den neuen, modular erweiterbaren Premium-Geräten Moto Z und Moto Z Play vertreten. Außerdem steht gerade auch noch der Marktstart des Phab 2 Pro bevor, dem weltweit ersten Smartphone mit der innovativen Google Tango Technologie. Es wird sich also auch zukünftig auf allen Unternehmensfeldern viel tun, um weiter voran zu kommen.
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Lenovo und der Channel
Und wie ist Lenovo aktuell im Channel aufgestellt?
Bernhard Fauser, Lenovo: Wir sind mit der aktuellen Situation in Deutschland durchaus zufrieden. Unsere Partner leisten ganze Arbeit und bieten den Kunden unser gesamtes Portfolio an hochwertigen Produkten und professioneller Beratung an. Mit dem "One Channel Programm" haben wir hier außerdem ein leistungsstarkes und auf die Zielgruppe zugeschnittenes Fachhandelsprogramm etabliert, das sich durch seine Kontinuität und Berechenbarkeit auszeichnet.
Wir arbeiten natürlich ständig daran unser Programm an den sich immer verändernden Markt anzupassen. Für die Zukunft liegt unser Augenmerk in diesem Zusammenhang besonders auf den Bereichen Channel-Enablement und Training. Darüber hinaus können wir heute klar sagen, dass sich die Data-Center-Vertriebsorganisation als sehr sinnvoll erwiesen hat. Wir haben uns als verlässlicher Partner des Handels positioniert, indem wir unser gesamtes Portfolio vom Smartphone bis hin zur Daten-Center-Lösung aus einer Hand anbieten können und so gemeinsam mit unseren Partnern wachsen.
Geht die Channel-Strategie von Lenovo aktuell eher in die Breite oder in die Tiefe?
Fauser, Lenovo: Unsere Channel-Strategie zielt in beide Richtungen. Es gilt das Geschäft mit unseren aktiven Partnern über das breite Produktportfolio von Lenovo in der Tiefe und in der Breite der zu adressierenden Mittelstands- und Großkunden auszubauen. Das bedeutet also zuerst einen Fokus auf die Tiefe.
Daneben ermöglicht unser "One Channel Programm" erfolgreiche Partner für die Zusammenarbeit mit uns zu honorieren. Aber auch Programme wie das erst kürzlich eingeführte Starseller-Programm helfen erfolgreichen Partnern im PC-Bereich zusätzlich Geschäft mit uns zu generieren.
Zum anderen gilt es selbstverständlich genauso in der Breite zu wachsen. Hier spielen sowohl unsere programmatischen Ansätze eine Rolle, als auch eine breite Ansprache neuer Partner über die Distribution sowie über unsere eigenen Ressourcen.
An diesem Punkt setzt unser Partner-Netzwerk an, in dem Partner mit einem Klick über unsere aktuellen Promotion-Aktionen und Angebote informiert werden. Parallel dazu veranstalten wir gemeinsam mit unseren Distributoren wiederkehrende Trainings- und Onboarding-Events, um neuen Partnern die Zusammenarbeit mit uns so einfach wie möglich zu gestalten.
So ist es uns im letzten Jahr gelungen, in einem schrumpfenden Markt dennoch in der Händlerbreite zuzulegen.
Notebook, Convertible und weitere neue Endgeräte
Welche Ziele setzen Sie sich im Business-Umfeld, Herr Fauser?
Bernhard Fauser, Lenovo: Wir arbeiten daran, die gerade im Mittelstand tendenziell immer kleiner werdenden IT-Abteilungen in den Unternehmen zu entlasten. Hierzu bieten wir Appliances an, die beim Kunden so wenig Aufwand wie möglich bedeuten. Gleichzeitig konzentrieren wir uns aber auch auf das obere Ende des Spektrums und arbeiten vermehrt auf Hyperscale-Ebene mit Rechenzentren zusammen, welche Clouds anbieten und betreiben.
Wir wollen unseren Kunden genau die Lösungen anbieten, die sie bei allen Projekten und Prozessen so unterstützen, dass sie ihre Ziele erreichen können.
Welche anderen Zielgruppen bedient das Unternehmen mittlerweile auch noch?
Fauser, Lenovo: Wir versuchen uns nicht nur auf bestimmte Zielgruppen zu fixieren. Wir sind bei Lenovo immer darauf bedacht, wie schon bereits in der ersten Frage angesprochen, für alle Situationen und Einsatz-Szenarios die passenden Lösungen zu bieten. Es ist ganz gleich ob es sich dabei um einen Endverbraucher handelt, der für das Arbeiten unterwegs ein neues Yoga Book kauft, oder um ein international agierendes Unternehmen, das beispielsweise Clouds für andere Firmen betreibt und deswegen auf der Suche nach den passenden Server-Lösungen ist. Es ist eines unserer Bestreben immer global und nicht nur lokal zu denken.
Stichwort "Tango" Welche Chancen hat Lenovo nun mit dieser Referenz von Google?
Fauser: Wir sind weltweit der erste Hersteller, der Google Tango auf das Smartphone beziehungsweise Phablet bringt. Das Phab 2 Pro nimmt so mit seinem Verkaufsstart in diesem Jahr eine klare Technologie-Vorreiterrolle ein. Der Entwicklungsstand der Konkurrenz bei vergleichbaren Geräten liegt rund ein Jahr hinter uns.
Damit besetzen wir das Thema Smartphone in Verbindung mit Augmented Reality für den Moment alleine. Und wenn man den großen Erfolg von Pokémon Go betrachtet, welches auch bereits ganz klar mit der virtuellen Erweiterung der Realität gespielt hat, dann ist zu erkennen, dass der Markt reif ist, um hier den nächsten Schritt zu gehen.
Mit Tango ist das Gerät in der Lage, den Raum zu erkennen, seine genaue Position darin zu bestimmen und sich in ebendiesem selbst zurechtzufinden. Auf diese Weise können wir den Einsatzbereich mobiler Geräte erweitern und arbeiten auf diesem Gebiet mit Entwicklern aus der ganzen Welt zusammen, um die Chance zu nutzen, die Entwicklung von AR- und VR-Anwendungen (Augmented und Virtual Reality, Anm. d. Red.) zu beschleunigen.
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Modulare Smartphones und Notebooks ohne Tastatur - wo bewegt sich Hardware heute hin?
Fauser, Lenovo: Die Individualisierung des eigenen Geräts beziehungsweise der Zuschnitt auf Einsatzgebiete und Nutzungsgewohnheiten ist heute wichtiger denn je. Ein "One for All" funktioniert nicht mehr flächendeckend. Mobilität gilt immer mehr als Grundvoraussetzung. Dem Nutzer sollen durch die Hardware keine Grenzen gesetzt werden.
Somit ist es genauso wichtig, synchronisiertes Arbeiten über mehrere unterschiedliche Geräte hinweg, wie den stationären PC, das Notebook, Smartphone oder Tablet, zu ermöglichen. Deswegen sind Formfaktoren in Zukunft kaum noch Grenzen gesetzt.
Bleibt das ThinkPad das Business-Device von Lenovo?
Fauser: Das ThinkPad bleibt bei Lenovo definitiv einer der Grundpfeiler des Business-orientierten Arbeitens. Auf ein solides, zuverlässiges und leistungsstarkes Notebook wird branchenunabhängig auch in Zukunft Wert gelegt werden. Allerdings ist auch hier die Mobilität ein großer Faktor, der nicht aus den Augen gelassen werden darf. Arbeiten findet schon lange nicht mehr ausschließlich am Schreibtisch bzw. im Büro statt und muss deswegen von überall aus so einfach und komfortabel wie möglich gemacht werden. Auch hier gibt es spannende Entwicklungen, wie zum Beispiel schon das ThinkPad X1 Tablet gezeigt hat, das sich seit seiner Einführung im Frühjahr gut etabliert hat.
Was können wir 2016 noch erwarten?
Fauser, Lenovo: Das Jahr 2016 hat uns einige spannende Neuheiten in allen Unternehmensfeldern beschert. Allen voran und ganz aktuell das gerade gestartete Yoga Book, für das wir eine starke Nachfrage verzeichnen können. Auch der Innovationsträger Phab 2 Pro kommt gerade in den Handel. Darüber hinaus stehen auch noch die Marktstarts von weiteren in diesem Jahr angekündigten Geräten an, wie zum Beispiel das Gaming-Notebook IdeaPad Y910 oder auch das neue Premium-Convertible Yoga 910.
Mit den beiden Geräten bieten wir gegen Ende des Jahres noch einmal zwei sehr spannende Neuheiten an. Darüber hinaus bereiten wir uns natürlich auch schon auf die bevorstehende Consumer Electronics Show Anfang 2017 in Las Vegas vor. (rw)