Seit Vista installiert jedes Windows-Setup eigentlich zwei Windows-Systeme: Das normale Betriebssystem und ein Notfallsystem WinRE (Windows Recovery Environment), das sich im Ordner "Recovery" der Bootpartition befindet. Seit Windows 8 gibt es außerdem die Reparaturoptionen "Refresh" und "Reset". In harmlosen Fällen genügt oft der "abgesicherte Modus" oder die Rückkehr zu älteren Wiederherstellungspunkten. Für Benutzerdateien gibt es unter Windows 7 die "Vorgängerversionen" und unter Windows 8.x und 10 den (allerdings optionalen) Dateiversionsverlauf. Der folgende Überblick führt von harmloseren Dateipannen zu Antworten auf ernste Systemkatastrophen.
1. Verlorene Benutzerdateien retten
Windows 7 kommt mit einer stillen Backup-Funktion für Benutzerdateien: Mit den "Vorgängerversionen" stellen Sie verlorene Benutzerdateien (Text, Musik, Bilder) wieder her oder ersetzen defekte durch ältere Dateiversionen. Das Zurückschreiben funktioniert nach einem Rechtsklick auf Ordner und Dateien mit der Option "Vorgängerversionen wiederherstellen". Das Fenster zeigt Ihnen die verfügbaren Kopien mit Datumsangabe, die sich mit "Kopieren" (beliebiges Ziel) oder "Wiederherstellen" (ursprünglicher Ort) restaurieren lassen. Diese Funktion berücksichtigt nur Änderungen: Wenn es keine älteren Versionen gibt, wurde die Datei offenbar nie geändert. Der Umfang der gesicherten Daten richtet sich nach den Werten, die unter "Systemsteuerung -> System -> Computerschutz" für die Partitionen eingestellt sind.
Windows 8 und 10 haben die "Vorgängerversionen" gestrichen und dafür den "Dateiversionsverlauf" eingeführt. Dieser muss in der Systemsteuerung mit Angabe eines externen Datenträgers (USB oder Netzwerk) aktiviert werden. Gesichert werden nur Dateien innerhalb der Windows-"Bibliotheken" sowie Desktop, Favoriten und Kontakte. Das Wiederherstellen geht am einfachsten über "Systemsteuerung -> Dateiversionsverlauf" vonstatten, funktioniert jedoch notfalls auch ohne laufendes Windows 8/10, weil sämtliche Dateien auf dem Sicherungsdatenträger unter "FileHistory" zugänglich sind (mit einem UTC-Datumsstempel im Namen).
2. Reparaturen mit dem Hauptsystem
Bei Software-, Treiber-und Systemfehlern, die Windows nicht am Start hindern, verwenden Sie die eingebaute Systemwiederherstellung ("Systemsteuerung -> System -> Computerschutz -> Systemwiederherstellung"). Windows bietet Ihnen den letzten Wiederherstellungspunkt an, Sie können sich jedoch auch ältere anzeigen lassen und diese danach auswählen. Durch das Markieren des Eintrags und "Weiter" setzen Sie das System auf diesen früheren Zustand und beseitigen so akute Probleme. Die Maßnahme berücksichtigt den Systemordner, den Ordner "Programme" sowie die Registry. Speicherort der Wiederherstellungspunkte ist der versteckte und unzugängliche Ordner "System Volume Information" auf jeder Partition.
Wenn Windows 7, 8.x und 10 nicht mehr starten, hilft Ihnen in erster Instanz der "Abgesicherte Modus" und anschließend mit "Computer reparieren" das eingebaute Notfallsystem sowie schlimmstenfalls mit "Diesen PC zurücksetzen" (plus "Eigene Dateien behalten") eine Reparaturinstallation. Im Prinzip kommen Sie beim Systemstart mit der Taste F8 an alle diese Reparaturoptionen.
Wenn jedoch auf Ihrem PC nur ein Windows-System vorhanden ist und folglich kein Bootmanager-Auswahlmenü erscheint, so ist es auf schnellen SSDs ein Glücksspiel, den richtigen Moment für F8 abzupassen: Während der Bios-Initialisierungen ist es zu früh, und sobald der Windows-Kernel lädt, zu spät. Wir empfehlen deshalb einen leicht verzögerten Systemstart sowie ein Pseudo-Multiboot. Sie erzeugen auf der Kommandozeile (cmd.exe) mit Admin-Rechten und den Befehlen
bcdedit /copy {current} /d „Dummy“ |
bcdedit /timeout 3 |
einen zweiten Eintrag im Bootmanager (der dasselbe System startet). Somit bleibt immer etwas Zeit, um notfalls an die Reparaturoptionen zu kommen. Diese Prophylaxe sollten Sie rechtzeitig einbauen: Wenn Windows nicht mehr läuft, ist es dafür zu spät.
Während sich unter Windows 7 nach dem Drücken der F8-Taste der "Abgesicherte Modus" sofort finden lässt, ist dazu unter dem neueren Windows 8 und 10 ein verschachtelter Klickpfad über "Standardeinstellungen ändern oder andere Option auswählen -> Weitere Optionen -> Problembehandlung - Erweiterte Optionen -> Starteinstellungen" erforderlich.
Ein Start im "Abgesicherten Modus" ist immer noch ein Start des Windows-Hauptsystems, allerdings mit wenigen Standardtreibern und ohne Software-Autostarts. Äußerlich erkennen Sie ein abgesichertes Windows sofort an der ungewohnten Bildschirmauflösung. Der Modus ist das ideale Instrument, um Treiber und Software durch Deinstallation vom System zu schaffen. Sie erreichen im "Abgesicherten Modus" jedoch auch wie im normalen System die Systemwiederherstellung und haben die Möglichkeit, es hier auf einen früheren Wiederherstellungspunkt zurückzusetzen.
3. WinRE-Notstart und Reparatur unter Windows
Auf jeder Windows-Setup-DVD, aber auch auf jeder Festplatte mit installiertem Windows (unter \Recovery) befindet sich das Zweitsystem "Windows Recovery Environment", kurz WinRE, das ein kaputtes Windows von außen reparieren kann. Sie starten WinRE unter Windows 7, indem Sie per Druck auf die Taste F8 (siehe Punkt 2) unter "Erweiterte Startoptionen" den Eintrag "Computer reparieren" wählen. Unter Windows 8 und 10 müssen Sie sich wieder (siehe Punkt 2) zur Übersicht "Erweiterte Optionen" durchklicken, um an die verschiedenen Optionen des WinRE-Systems zu kommen:
* "System wiederherstellen" erlaubt Ihnen die Rückkehr zu einem älteren Wiederherstellungspunkt - hier aber über das externe, unabhängige Reparatursystem. Unter Windows 7 lautet der Punkt "Systemwiederherstellung".
* "Starthilfe" kann die Windows-Bootumgebung reparieren, sofern WinRE ein Windows auf der Festplatte vorfindet. Unter Windows 7 lautet der Punkt "Systemstartreparatur". Wenn die "Starthilfe" scheitert, nutzen Sie die "Eingabeaufforderung" (siehe unten) und geben dort diese drei Befehle ein:
bootrec /fixmbr |
bootrec /fixboot |
bootrec /rebuildbcd |
* "Eingabeaufforderung" bringt Sie zwar zunächst nur auf die Kommandozeile von Win RE, dort können Sie jedoch jegliche internen und externen Programme laden, sei es der Registrierungs-Editor, ein Dateimanager, ein AV-Programm oder ein Undelete-Tool. Aber Achtung: WinRE besitzt immer die Betriebssystemarchitektur Ihres Hauptsystemes (32 oder 64 Bit) und kann lediglich dazu passende Programme laden. Das 64-Bit-WinRE hat kein 32-Bit-Subsystem und lädt aus diesem Grund nur 64-Bit-Programme.
* Die "Systemimage-Wiederherstellung" kommt nur dann in Betracht, wenn Sie früher mittels "Systemsteuerung -> Sichern und Wiederherstellen" die Sicherungsfunktion "Systemabbild erstellen" genutzt haben und dieses Image auch parat liegt. Je nach dem Alter des Images kommt diese Reparaturoption allerdings beinahe einer Reparaturinstallation gleich (siehe dazu Punkt 4).
4. Windows-10-Reparaturinstallation
Unter Windows 8.x und 10 gibt es wieder eine Reparaturinstallation, die Windows XP früher anbot, Windows 7 jedoch vermissen lässt. Die Option erscheint in der umständlichen Menüfolge (siehe hierzu Punkt 2) unter "Problembehandlung" mit dem Eintrag "Diesen PC zurücksetzen -> Eigene Dateien behalten" (so der Eintrag unter Windows 10. Unter Windows 8 heißt es "PC auffrischen"). Das Zweitsystem überschreibt dabei alle systemrelevanten Dateien durch die originalen der Setup-Dateien. Benutzerdateien bleiben in jedem Fall unbehelligt und vollständig erhalten. Dennoch handelt es sich um eine zeitaufwendige und radikale Reparatur: Alle klassischen Windows-Programme werden beseitigt. Die Apps aus dem Windows Store werden re-installiert und diverse Windows-Einstellungen restauriert, allerdings nur dann, wenn ein Microsoft-Konto genutzt wurde und unter den PC-Einstellungen die Synchronisierung aktiviert war. (PC-Welt)