Die meisten Neu-Entwicklungen in der IT setzen auf bestehenden Techniken auf, sind in der Regel Erweiterungen und Ergänzungen, die Produkte und Dienstleistungsangebote effizienter machen. Solche evolutionären Entwicklungen sind das Merkmal einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung und deshalb immens wichtig. Aber sie sind Weiterentwicklung, das heißt Evolution, nicht Umwälzung, sprich Revolution. Letztere gibt es nur selten, aber dann ist sie heftig. Der PC beispielsweise löste vor 30 Jahren eine solche technische und gesellschaftliche Umwälzung aus, und heute sind es die mobilen Apps und der mobile Content auf Smartphones und Tablets, die in den nächsten Jahren unser Leben vielfältig und nachhaltig verändern werden.
Eine starke Behauptung, für die ich aber gute Gründe anführen kann. Das mobile Computing mit seinen Apps und dem darin integrierten Content eliminiert nämlich schlicht und einfach (und das bringt eine neue Qualität in unser Leben und Arbeiten) die Latenz bei menschlichen Entscheidungsprozessen, indem buchstäblich jeder und jede im Unternehmen und im Privatleben die für eine Entscheidung notwendigen Daten quasi in Echtzeit zur Verfügung hat beziehungsweise haben kann.
Im Jahr 2015 werden wir die Anfänge dieser Umwälzung erleben, die unser Leben und Arbeiten nicht nur effizienter macht, sondern von Grund auf ändert. Im Folgenden will ich das näher erläutern:
1. Finanzdienstleistungen, Einzelhandel sowie Bildung und Unterhaltung sind die Vorreiter in Sachen Mobile IT. 2015 wird sich dieser Trend auf eine ganze Reihe weiterer Wirtschaftsbereiche ausdehnen.
2. Das kommende Betriebssystem Windows 10 wird der Katalysator für die Ablösung des PC-basierten Wirtschaftsparadigmas sein, indem es die Kluft zwischen PC und den Mobilgeräten beseitigt. Der Platzhirsch der PC-Ära will zeigen, dass er die Zeichen der Zeit erkannt hat. Windows 10 wird ein Betriebssystem mit einer sicheren Sandbox-Architektur sein, wie wir sie bereits von iOS und Android kennen. Die PC-Ökonomie, wie wir sie heute kennen, mit ihren Virenschutzprogrammen, System-Images, VDI- und VPN-Lösungen wird untergehen.
3. Das Jahr 2015 wird für viele IT-Traditionsfirmen ein Jahr der Wahrheit. Neu-Aufstellung in Richtung Mobile, mit der schmerzlichen Erkenntnis, dass dadurch große Teile des alten Geschäfts preisgegeben werden müssen oder langsames Sterben, so heißt die bittere Alternative.
4. Im Jahr 2015 werden die tragbaren Digital-Teile an unserem Körper Furore machen. Dinge wie die Apple Watch werden die Aufmerksamkeit auf das vielfältige Potenzial der Wearables richten.
5. Mit mobiler Software wie dem HealthKit oder dem HomeKit, wie sie sich in iOS 8 findet, wird die Frage von Daten- und Persönlichkeitsschutz unabdingbar auf die Tagesordnung kommen. Kein Unternehmen wird es sich leisten können, consumer-orientierte Software wie Healthkit oder HomeKit dauerhaft von den mobilen Endgeräten im Unternehmen fernzuhalten. Also ist eine klare Trennung von persönlichen und betrieblichen Apps auf einem einzigen Endgerät nicht zu umgehen. Das erfordert Enterprise Mobility Management-Systeme, die Unternehmensdaten und private Daten trennen und gleichermaßen schützen können. Auf ein- und demselben Gerät!
6. Mobile Geräte werden eine immer größere Rolle auch bei der Bereitstellung von Daten für Big-Data-Analysen spielen. Indem mehr und mehr Geschäftsprozesse mobilisiert werden, wird jeder dieser Geschäftsprozesse erst vollständig sein, wenn er auch als Quelle für die Datenanalyse dienen kann.
7. CIOs werden künftig immer stärker an ihrer Fähigkeit gemessen werden, mobile Transformationsprozesse in den Unternehmen zu begleiten und auch zu gestalten.
Alle diese Prognosen haben eines gemeinsam: sie haben erhebliche Auswirkungen auf die IT-Architektur und die organisatorischen IT-Abläufe und Ablauf-Regularien, wie sie sich in den letzten 30 Jahren eingebürgert haben. Die Veränderungen werden gewaltig sein, aber es führt kein Weg daran vorbei und es gibt schon gar nicht irgendeinen Weg zurück. Wer 2015 nicht die Weichen in Richtung Mobility mit flexiblen Apps und Inhalten stellt, der wird 2020 als Unternehmen vermutlich nicht mehr existieren. (rw)