Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des Telemediengesetzes, der als Portalbetreiber eine neutrale Rolle einnimmt, für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers ist eingeschränkt, es sei denn, er hat besondere Prüfungspflichten verletzt.
Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG oder § 3 Abs. 1 UWG auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet. Darauf verweist der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Jan Felix Isele von der Kanzlei Danckelmann und Kerst, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.0.2015 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. I ZR 94/13 - Hotelbewertungsportal.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen" erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin.
Durchschnittswerte und Empfehlungsrate
Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.
Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.
Keine "eigene Behauptung"
Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene "Behauptung" der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht "verbreitet". Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG, der - wie die Beklagte - eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.
Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.
Rechtsanwalt Isele empfiehlt, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. - www.mittelstands-anwaelte.de - verweist.
Weitere Informationen und Kontakt: Jan Felix Isele, Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, c/o Danckelmann und Kerst, Rechtsanwälte, Notare, Mainzer Landstraße 18, 60325 Frankfurt am Main, Tel.: 069 920727-0, E-Mail: ra.dr.isele@danckelmann-kerst.de, Internet: www.danckelmann-kerst.de
Gerichtsurteile (und Analysen) – Folge 11
Wann ist eine Stellenanzeige diskriminierend? Ein abgelehnter Bewerber erhielt Entschädigung, weil er nicht Mitarbeiter eines "junges Team" wurde – ein vergleichbarer Fall endete anders.<br>
Rechtliches am Gartenzaun Wer ein Privat- oder Geschäftshaus nutzt, muss auf die Belange der benachbarten Grundstückseigentümer Rücksicht nehmen. Dazu gehören auch die Rechte und Pflichten aus einem Garten.
Geschäftliche Nutzung der Wohnung Geschäftliche Tätigkeiten in der eigenen Wohnung sind oftmals nur für eine Übergangszeit ratsam. Ein Überblick über die Rechtslage.
Mieter haftet für farbigen Anstrich Ein Mieter ist zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt.
Bundesgerichtshof stärkt Anonymität im Netz Bei unfairen Behauptungen im Internet haben Betroffene keinen Anspruch, die Daten des Verfassers zu verlangen. Mit diesem Grundsatzurteil sorgt der BGH für Klarheit im Umgang mit Online-Foren aller Art.<br>
Haftung bei Fahrgemeinschaften Fahrgemeinschaften werden immer beliebter, weil sie Kosten sparen. Aber wie sieht es bei einem Unfall aus, wer haftet wofür? Die Arag-Experten zeigen die versicherungsrechtlichen Vorschriften auf. <br>
Mobilfunkrechnung per Post darf nichts kosten Die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen Drillisch Telecom war erfolgreich. Auch ein Pfand für SIM-Karten zu verlangen ist unzulässig.<br>
Wann der Mieter ein Vorkaufsrecht hat Wird ein ungeteiltes Mietshaus verkauft, hat der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht.<br>
Private Nutzung der Firmenkreditkarte Ein leitender Angestellter hat in einem Nachtclub mit der Firmenkreditkarte bezahlt und die Abrechnung gefälscht. Eine Analyse des Urteils vom Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm.<br>
Wenn der Mieter untervermietet Mit dem Kündigungsrecht des Vermieters bei unerlaubter Untervermietung hat sich der Bundesgerichtshof befasst. <br>
Handyverbot am Arbeitsplatz – ist das rechtens? Eine Frage, die sich viele stellen, die im Angestelltenverhältnis arbeiten: Darf die private Nutzung von Mobiltelefonen am Arbeitsplatz verboten werden? Und wenn ja, wann?<br>
Mitarbeiter-Posting – Chef muss für Fehler haften Die Internetnutzung im Arbeitsverhältnis kann zu erheblichen Problemen führen, Deshalb sollten Firmen Social Media Guidelines (SMG) erstellen und zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses machen.<br>
Keine Leiharbeit bei dauerndem Beschäftigungsbedarf Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken sollen.<br>
Steuerhinterziehung kann den Job kosten Wer sein Nettoeinkommen durch eine rechtswidrige Abrechnungspraxis steigert, kann mit einer ordentlichen Kündigung rechnen. Dies gilt auch, wenn er in Kenntnis oder sogar mit Zustimmung des Vorgesetzten handelt.<br>
Betriebsausflug – Nachzügler muss auf sich selber aufpassen Betriebsausflüge haben im Sommer Hochkonjunktur. Die Organisatoren einer als Gruppenfahrt veranstalteten Fahrradtour sind jedoch nicht verpflichtet, die für die Gruppe im Straßenverkehr ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auch für einzeln fahrende Nachzügler aufrechterhalten.<br>
Unzulässige Befristung von Arbeitsverhältnissen Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, sagt Armin Rudolf.<br>
Kostenloser Eintrag ins Telefonbuch Gewerbetreibende haben einen Anspruch darauf, kostenlos unter ihrer Geschäftsbezeichnung im Telefonbuch eingetragen zu werden. Dies wurde in drei Urteilen entschieden.<br>
Wann darf eine Betriebsratswahl gestoppt werden? Eine Wahl zum Betriebsrat kann nur bei ganz offensichtlichen und besonders groben Fehlern gestoppt werden. "Normale" Fehler reichen nicht aus.
Kein Audi A4 2.0 TDI für 7,10 Euro bei eBay Wird eine eBay-Aution abgebrochen, weil die Mindestpreisangabe fehlt, so kommt kein wirksamer Kaufvertrag zustande.
Wann gilt das "faktische Überholverbot"? Verursacht ein Verkehrsteilnehmer beim Überholen einen Unfall, haftet er nicht automatisch für Schäden. Auch das Einhalten der Höchstgeschwindigkeit spielt eine Rolle.
Wann Niedrigstlöhne erlaubt sind Stundenlöhne von nur 1,54 Euro oder 1,65 Euro sind normalerweise sittenwidrig. Aber in bestimmten Fallkonstellationen darf der Arbeitgeber sie zahlen.<br>
Crash nach Ausfahrt aus Grundstück Die Ausfahrt aus einem Grundstück mit anschließendem Linksabbiegen kann unter bestimmten Umständen ein besonders gefährliches Fahrmanöver sein. Die Versicherung muss den Schaden voll übernehmen.<br>