Vertrauen ist das A und O – das gilt für alle menschlichen Kontakte und insbesondere die Beziehung Verkäufer-Kunde. Denn vertraut ein Kunde dem Verkäufer, dann ist bei ihm die psychologische Ampel auf Grün gestellt. Er betrachtet den Verkäufer und seine Ideen prinzipiell positiv und schätzt seine (Produkt- und Lösungs-)Vorschläge. Und er folgt ihnen meist auch – bis zur finalen Entscheidung, dem Abschluss.
Doch was ist überhaupt Vertrauen? Und wovon hängt es ab, ob eine Person einer anderen Vertrauen schenkt? Rein vom Zufall? Dann wäre das Entstehen von Vertrauen nicht beeinflussbar. Oder von klaren Regeln? Dann wäre es beeinflussbar! Wir reden viel und oft über Vertrauen. Doch was es ist und wie es entsteht, das ist uns nicht klar. Höchste Zeit also, der Sache einmal auf den Grund zu gehen.
Voraussetzung: glaubwürdig und authentisch sein
Wir wissen: Vertrauen ist ein Geschenk! Und dieses muss man sich erarbeiten und positiv bestätigen – sonst wird es einem wieder entzogen. Vertrauen bewirkt oft auch wahre Wunder. Denn es stellt einen entspannten, hochemotionalen Zustand dar, der offene Gespräche erst ermöglicht und zu einem Austausch von persönlichen Informationen und Gedanken, Gefühlen und Wünschen führt. Und dies ist wiederum der Ausgangspunkt für das Erreichen gemeinsamer Ziele.
Auch das Schließen von Vereinbarungen – und nichts anderes sind Verkäufe – wird auf dieser Basis möglich. Denn die Beteiligten haben ein echtes Verständnis für- und Interesse aneinander und ihr Handeln wird von einem wechselseitigen Wohlwollen geleitet.
In diesem entspannten, hochemotionalen Zustand, den man Vertrauen nennt, stimmen unsere Sprache und Körpersprache überein. Wir sind authentisch. Und erst in diesem wertvollen Zustand erleben Verkäufer ihre Kunden wirklich echt und ohne Fassade. Und erst dann können sie mit ihnen auf allen Ebenen offen kommunizieren, sie überzeugen und für (Verkaufs-)Ziele gewinnen.
Entscheidung: Freund oder Feind?
Doch wie entsteht Vertrauen? Interessanterweise ist Vertrauen nicht die Folge eines bewussten, rationalen Abwägens, sondern einer rasend schnellen, meist unbewusst getroffenen Entscheidung unseres Gehirns. Es basiert auf einem folgenschweren Gesamturteil, das dieses bereits in den ersten Sekunden unseres Zusammenseins mit einer Person fällt, und das alles Weitere maßgeblich beeinflusst.
Vertrauen entsteht nur, wenn wir uns in der Gegenwart eines Menschen wirklich wohl und sicher fühlen und unsere instinktiven Alarm- und Abwehrsysteme ausgeschaltet sind. Dann stellt sich unser Gehirn auf den Modus "Freund" ein. Das heißt: Wir (ver-)trauen dem anderen und er genießt unsere Sympathie. Also darf er sich auch eine Menge erlauben – wie ein guter Freund.
Bei Misstrauen geschieht das Gegenteil. Dann bleiben unsere Warnsysteme aktiv. Unser Radar arbeitet auf höchster Alarmstufe und unser Gehirn hat auf "Feind" geschaltet. Das heißt, es sucht fortan nach Bestätigungen für seine negative Erwartungshaltung. Positives hingegen wird nicht mehr wahrgenommen.
Für unsere Ahnen in grauer Vorzeit war dieses Feindverhalten überlebenswichtig. Denn bei ihnen ging es nicht um (Nicht-)Sympathie, sondern die nackte Existenz. Nahmen sie Signale des Angriffs oder der Bedrohung wahr, blieb ihnen nur die Möglichkeiten anzugreifen, zu flüchten oder in Starre zu verfallen.
Auch der moderne Mensch kennt solche Reaktionen, wenn auch in einer weniger überlebenswichtigen Form. Bei Zeitgenossen, die wir nicht mögen, legen wir jedes Wort auf die Goldwaage. Das Gegenüber hat keine Chance. Befindet sich ein Kunde in diesem Modus, ist dies die schlechteste Basis für den Aufbau einer Beziehung und für ein erfolgreiches (Verkaufs-)Gespräch.
Ziel: den Glaubwürdigkeits-Check bestehen
Doch wie kommt es zu der folgenschweren Freund- oder Feind-Entscheidung in unserem Gehirn? Ganz einfach: Sie ist das Ergebnis eines unbewussten Glaubwürdigkeitschecks beim ersten Kennenlernen. Der Volksmund nennt dies den "ersten Eindruck". Er lässt sich nur schwer verändern und korrigieren.
Bei diesem Glaubwürdigkeitscheck werden in Sekundenschnelle drei Faktoren begutachtet und auf Übereinstimmung geprüft:
- Wie verhält der andere sich (Körpersprache, Mimik, Gestik)?
- Wie klingt er (Stimme)? Und:
- Was sagt er (Sprache, Worte)?
Dabei geht es nicht so sehr um "richtig oder falsch" sowie "angenehm oder unangenehm", sondern in erster Linie um Stimmigkeit. Sie entscheidet darüber, ob man auf sein Gegenüber "echt" wirkt - ob also die verbale und nonverbale Ausstrahlung und Wirkung überzeugen. Abhängig davon entscheidet das Gegenüber, ob es Vertrauen schenkt.
Die wichtigsten Prüfkriterien
Die Prioritäten sind eindeutig: An erster Stelle steht unser Verhalten – also unsere Körpersprache, Gestik und Mimik. Nichts überzeugt Menschen mehr und nachhaltiger als ein in ihren Augen eindeutiges, klar erkennbares, insgesamt positives Verhalten. Und kaum etwas sorgt für so viel Misstrauen, wie ein Verhalten, das feindselig oder nach Täuschung aussieht.
An zweiter Stelle folgt die Stimme. Schon der Volksmund weiß: Der Ton macht die Musik. Der Ton der Stimme kann Worte positiv unterstützen, eine Botschaft emotionalisieren und dramatisch steigern. Er kann deren Wirkung aber auch zunichtemachen. So nützen zum Beispiel die "schönsten" Worte nichts, wenn der Ton nicht dazu passt. Wirklich interessierte Fragen, ehrlich begeisterte Worte und motivierend gemeinte Appelle hören sich eben auch so an. Sie klingen dagegen anders, wenn man uninteressiert, unmotiviert oder geistig abwesend ist.
Besonders verräterisch: die Augen
Noch folgenschwerer ist es, wenn die Mimik und die Ausstrahlung der Augen nicht zu den Worten passen. Denn für die Sprache des Gesichts und speziell der Augen sind wir Menschen schon seit Urzeiten besonders empfänglich. Denn sie waren das eindeutigste, ehrlichste, weil kaum manipulierbare, und am schnellsten zu erkennende Signal, wer vor einem steht: Freund oder Feind? Die Mimik macht die (unbewusste) Deutung der sonstigen Körpersprache letztlich eindeutig. Sie hilft uns, die anderen nonverbalen Botschaften wie Gestik und Haltung richtig einzuordnen.
Die gesprochene Sprache hingegen folgt an letzter Stelle. Denn sie ist das jüngste Element der zwischenmenschlichen Kommunikation und spielt erst seit ein paar zehntausend Jahren eine Rolle. Ein kurzer Zeitraum, verglichen mit unserer non-verbalen Kommunikation.
Unser Verhalten, also unsere Körpersprache und hier insbesondere unsere Mimik und Augen spiegeln unser Innerstes wider. Sie verraten alles über unsere wahren Gefühle und Absichten. Hier lässt sich so leicht nichts vortäuschen. Und genau deshalb ist das Verhalten auch das A und O beim Glaubwürdigkeitscheck, der über vertrauen oder nicht vertrauen entscheidet.
Mehr Mut zu mehr Persönlichkeit
Vertrauen wird also nur Personen geschenkt, die ihrem Gegenüber offen und ehrlich begegnen und dies durch ihr Verhalten bestätigen. Nur bei ihnen schalten Kunden ihre Alarmsysteme aus und öffnen sich.
Damit dies geschieht, können Verkäufer viel tun. Sie können sich auf den Kunden freuen, ihm mit einer positiven Einstellung begegnen und sich wirklich für ihn als Menschen (und nicht nur als Umsatzbringer) interessieren. Und was mindestens ebenso wichtig ist: Sie können sich, weil sie wirklich interessiert sind, als Mensch hinter dem Verkäufer zu erkennen geben. Denn warum sollte der Mensch Kunde sich für den Verkäufer öffnen, wenn dieser ihm mit einer Maske gegenübertritt?
Verkäufer sollten also den Mut zu mehr Persönlichkeit haben. Sie sollten bereit sein, sich Kunden als Mensch mit Ecken und Kanten zu offenbaren. Denn dann sind sie authentisch und glaubwürdig und ist im Kontakt Kunde-Verkäufer fast alles möglich.
Weitere Informationen: Ingo Vogel ist Rhetorik- und Verkaufstrainer sowie Experte für emotionales Verkaufen. Er ist unter anderem Autor der Bücher "Top-Emotional Selling - Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer" und "Das Lust-Prinzip: Emotionen als Karrierefaktor". Internet: www.ingovogel.de